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Nachdem beide Schiffe für die Nacht gesichert waren, gesellte sich Julius zu den anderen Offizieren der Accipiter, um auf Pelitas zu trinken, der den Weg nicht bis zu Ende mitgehen konnte.

Vor dem Einschlafen schritt Gaditicus mit Julius auf dem mondbeschienenen Deck der Ventulus auf und ab. Lange schwiegen sie und hingen ihren Erinnerungen nach, aber als sie vor den Stufen standen, die nach unten führten, ergriff Gaditicus seinen Arm.

»Das Kommando gehört dir.«

Julius sah ihn an, und der ältere Mann spürte die Kraft seiner Persönlichkeit. »Ich weiß«, sagte er nur.

Gaditicus lächelte gequält. »Das ist mir klar geworden, als du gefallen bist. Alle Männer sind hinter dir hergestürmt, ohne auf irgendwelche Befehle zu warten. Ich glaube, sie werden dir überallhin folgen.«

»Ich wollte, ich wüsste, wohin ich sie führe«, sagte Julius leise. »Vielleicht weiß einer der Männer, die wir gefangen genommen haben, wo Celsus steckt. Aber das finden wir morgen früh heraus.« Er blickte zu der Stelle auf dem Deck, wo Pelitas gefallen war. »Peli hätte sich köstlich amüsiert, als ich so ausgerutscht bin. Es wäre eine lächerliche Art gewesen, zu sterben.«

Während er sprach, schmunzelte er ohne Heiterkeit. Sein kühner Angriff bis direkt vor die Füße des Feindes. Gaditicus lachte nicht. Er klopfte ihm fest auf die Schulter, doch der junge Mann schien es nicht zu spüren.

»Er wäre nicht gestorben, wenn ich nicht nach Celsus gesucht hätte. Ihr wärt jetzt alle wieder in Rom, und auf euren Namen würde keine Schande lasten.«

Gaditicus packte seine Schulter und drehte ihn sanft um, bis Julius ihn ansah.

»Warst du nicht derjenige, der gesagt hat, wir sollten uns nicht die Köpfe darüber zerbrechen, was hätte sein können? Wir alle würden gern kehrtmachen und bessere Entscheidungen treffen, aber so funktioniert das nun einmal nicht. Wir haben nur eine Chance, selbst wenn alles davon abhängt. Ich hätte mit der Accipiter nicht diesen Küstenabschnitt entlangsegeln dürfen, aber wer weiß, was dann passiert wäre? Vielleicht wäre ich krank geworden oder man hätte mich in einem Gasthaus erstochen, oder ich wäre eine Treppe hinuntergefallen und hätte mir den Schädel eingeschlagen. Es hat einfach keinen Zweck, sich deswegen Gedanken zu machen. Wir müssen jeden Tag so nehmen, wie er kommt, und die bestmöglichen Entscheidungen treffen.«

»Und wenn sie sich als falsch erweisen?«

Gaditicus zuckte die Achseln. »Normalerweise schiebe ich es dann auf die Götter.«

»Glaubst du an sie?«, wollte Julius wissen.

»Man kann kein Schiff segeln, ohne zu wissen, dass es da noch etwas anderes gibt außer Menschen und Steinen. Was die Tempel der Götter betrifft, so bin ich mit meinen Opfern immer auf Nummer sicher gegangen. Es schadet niemandem, und man kann ja nie wissen.«

Julius musste über diese praktische Philosophie lächeln.

»Ich hoffe… ich sehe Pelitas irgendwann wieder«, sagte er.

Gaditicus nickte. »Wir sehen ihn alle wieder, aber es wird noch eine Weile dauern«, erwiderte er. Dann klopfte er Julius noch einmal auf die Schulter, ging nach unten und ließ ihn dort stehen, das Gesicht der Meeresbrise zugewandt.

Als er allein war, schloss Julius die Augen und stand lange bewegungslos da.

Am nächsten Morgen teilte Julius seine Männer in zwei Mannschaften auf. Er war in Versuchung, den Posten als Kapitän des schnelleren Piratenschiffs selbst zu übernehmen, folgte dann aber doch seinem Instinkt und gab Durus das Kommando, dem Kapitän und Besitzer der Ventulus. Dieser hatte nichts von dem Kampf mitbekommen, weil er in seiner Kajüte eingeschlossen gewesen war, doch sobald er die Lage erfasst hatte, hatte er aufgehört, wegen der über Bord geworfenen Ladung herumzubrüllen. Er hasste die Piraten ebenso sehr wie seine Besatzung und empfand großes Vergnügen, sie gefesselt unter seinem Deck zu sehen, dort, wo er selbst nur wenige Stunden zuvor gefangen gewesen war.

Als ihm Julius das Angebot machte, ergriff Durus seine Hand, um das Geschäft zu besiegeln.

»Beide Schiffe gehören mir, wenn du den Mann gefunden hast, den du suchst?«

»Falls nicht eines von ihnen versenkt wird, wenn wir Celsus angreifen. Außerdem brauchen meine Männer ein Schiff, mit dem sie römisches Festland erreichen können. Ich würde gerne seines dafür nehmen, aber er versteht sein Handwerk und es wird nicht leicht sein, es zu erobern – falls wir ihn überhaupt finden«, erwiderte Julius und fragte sich, wie weit er dem Kapitän trauen konnte. Um sich seiner Loyalität zu versichern, würde er ihm nur ein paar Männer von der Ventulus mit auf das andere Schiff geben. Seine Legionäre würden schon dafür sorgen, dass der Kapitän die Nerven behielt, wenn der Mut ihn zu verlassen drohte.

Durus sah verständlicherweise sehr zufrieden aus. Der Verkauf des gekaperten Schiffs würde ihm weit mehr einbringen als die verlorene Fracht, obwohl er entsetzt aufgestöhnt hatte, als er gehört hatte, dass auch das Elfenbein ins Meer geworfen worden war.

Das Hauptproblem war, was sie mit den überlebenden Piraten anfangen sollten. Die Verwundeten hatte man auf Julius’ Befehl hin ins Jenseits befördert und zusammen mit den Toten über Bord geworfen. Sie hatten ihr Leben selbst gewählt, und ihre Schreie ließen ihn kalt. Es blieben immer noch siebzehn Mann übrig, die Tag und Nacht bewacht werden mussten. Julius knirschte mit den Zähnen. Ihr Schicksal lastete auf seinen Schultern.

Er ließ die Piraten einzeln in die Kapitänskajüte bringen, wo er gelassen an dem schweren Tisch saß. Jeder war gefesselt und wurde von zwei seiner Männer festgehalten. Julius wollte, dass sie sich hilflos fühlten, und setzte eine möglichst harte und grausame Miene auf. Sie hatten behauptet, ihr Kapitän wäre bei dem Gefecht getötet worden, was Julius jedoch nicht unbedingt glaubte. Falls er unter ihnen war, würde er es zweifellos vorziehen, nicht erkannt zu werden.

»Zwei Fragen«, sagte er zu dem ersten der Männer. »Wenn du sie beantworten kannst, bleibst du am Leben. Wenn nicht, verfüttern wir dich an die Haie. Wer ist euer Kapitän?«

Der Mann spuckte Julius vor die Füße und wandte den Blick ab, als interessiere ihn das Ganze nicht. Julius ignorierte es, auch wenn er unter dem Tisch die warmen, nassen Tropfen auf seinem Knöchel spürte.

»Wo steckt Celsus?«, fuhr er fort.

Er erhielt keine Antwort, obwohl Julius bemerkte, wie der Gefangene zu schwitzen begann.

»Na gut«, sagte er leise. »Werft ihn den Haien vor und bringt mir den Nächsten.«

»Jawohl, Herr«, erwiderten die Soldaten gleichzeitig.

Nun schien der Mann zum Leben zu erwachen. Den ganzen Weg bis zur Reling schrie er und wehrte sich verzweifelt. Dort hielten sie ihn ein paar Augenblicke lang fest, während einer der Rekruten ein Messer aus dem Gürtel zog. Der andere schaute ihn fragend an. Er zuckte die Achseln und schnitt die Riemen durch, die die Hände des Piraten zusammenhielten, ehe er ihn über das Geländer hob, wo er schreiend mit einem lauten Platschen ins Meer stürzte.

Der Soldat steckte seinen Dolch weg und trat dann zu dem anderen, um den wild strampelnden Piraten im Wasser unter ihnen zu beobachten.

»Ich dachte nur, er sollte eine Chance haben«, sagte er.

Sie beobachteten, wie drei dunkle Schatten auf den zappelnden Mann zuglitten. Die Haie folgten dem Schiff, seit sie die ersten Leichen über Bord geworfen hatten. Der Pirat sah sie kommen und fing an, im Wasser zu toben und um sich zu schlagen. Dann wurde er unter die Oberfläche gezogen, und die beiden Soldaten gingen los, um den nächsten Mann zum Verhör zu holen.

Der zweite konnte nicht schwimmen und ging einfach unter. Der dritte verfluchte sie die ganze Zeit über, während der Fragen und auf dem Weg über die Reling, bis auch er unter Wasser gezerrt wurde. Weitere Haie hatten sich im Wasser versammelt und glitten in dem blutigen Schaum übereinander hinweg, während sie um das Fleisch kämpften.