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»Zweifellos stattet er dem Festland hin und wieder Besuche ab, aber wie du siehst, ist es hier am sichersten für ihn. Dieser See dort am Fuße des Berges besteht wahrscheinlich aus Süßwasser, und vermutlich gibt es hier genügend Vögel und Fische, um hin und wieder ein Festmahl zu veranstalten. Und wem wollte er während seiner Abwesenheit sein Schiff anvertrauen? Seine Männer bräuchten nur den Anker zu lichten, und schon hätte er alles verloren.«

Julius sah Gaditicus an und hob die Augenbrauen. »Der arme Mann«, meinte er und rollte seine Karte zusammen.

Gaditicus grinste und blinzelte in die Sonne. »Ihr Götter. Es wird noch Stunden dauern, bis wir über den Kamm zurückkönnen, und meine Kehle ist jetzt schon voller Staub.«

Julius streckte sich aus, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.

»Mit Flößen könnten wir nah genug herankommen, und die Schiffe könnten folgen, um ihm den Fluchtweg abzuschneiden. In der nächsten mondlosen Nacht haben wir genügend Zeit, um ein paar zu bauen und zu planen. Aber jetzt werde ich erst mal ein bisschen schlafen, bis es dunkel genug für den Rückweg ist«, murmelte er und schloss die Augen. Nach wenigen Minuten schnarchte er leise vor sich hin, und Gaditicus betrachtete ihn amüsiert.

Der Ältere war zu angespannt, um schlafen zu können, deshalb beobachtete er weiter die Männer auf dem Schiff tief unter ihm in der Bucht. Er fragte sich, wie viele wohl sterben würden, wenn Celsus so schlau war, jede Nacht gute Wachposten aufzustellen, und er wünschte sich, er hätte das gleiche Vertrauen in die Zukunft wie der junge Mann.

19

Das schwarze Wasser war bitterkalt und spülte immer wieder über die Römer, die flach auf den Flößen lagen und langsam auf den dunklen Rumpf von Celsus’ Schiff zupaddelten. Obwohl sich alle gerne beeilt hätten, hielt sich jeder Mann zurück und bewegte die tauben Hände nur mit kleinen Bewegungen im ruhigen Wasser. Julius’ Mannschaften hatten fieberhaft gearbeitet und Bretter und Seile von den beiden Schiffen gerissen, die außerhalb der Bucht an der Küste verborgen vor Anker lagen. Als sie fertig waren, glitten fünf Plattformen langsam durch die tiefen Rinnen auf den Strand zu, an dem Celsus festgemacht hatte, die Schwerter mit Stoff zusammengebündelt, um das Gleichgewicht zu halten. Sie hatten keine Rüstungen dabei. Auch wenn diese ihnen einen Vorteil hätten verschaffen können, ging Julius davon aus, dass sie keine Zeit haben würden, sie anzulegen. Stattdessen zitterten seine Männer in Tuniken und Beinlingen, die sie kaum vor dem nächtlichen Wind schützten.

Celsus erwachte in seiner Kajüte und lauschte. Was war das für ein Geräusch gewesen, das ihn soeben geweckt hatte? Hatte der Wind gedreht? Die Bucht bot vollkommenen Schutz, aber ein Sturm konnte eine Flutwelle durch die Kanäle treiben, die den Halt der Anker in dem schlammigen Meeresgrund lockern konnte. Zuerst wollte er sich einfach wieder umdrehen und weiterschlafen. Er hatte am Abend zuvor mit den anderen zu viel getrunken, und das schmierige Fett des gebratenen Fleisches hatte sich auf seiner Haut zu wachsartigen Spritzern verhärtet. Behäbig rieb er an einer Stelle und kratzte mit dem Fingernagel die Reste des Festmahls ab. Seine Offiziere schliefen ohne Zweifel ihren Rausch aus, und jemand musste jede Stunde auf dem Schiff nach dem Rechten sehen. Er seufzte, griff in der Dunkelheit nach seinen Kleidern und verzog das Gesicht bei dem muffigen Geruch nach Wein und Essen, der aus ihnen aufstieg.

»Ich sollte es besser wissen«, murmelte er vor sich hin und zuckte zusammen, als der bittere Geschmack von Säure in seiner Kehle hochstieg. Er fragte sich, ob er Cabera wecken sollte, damit ihm dieser etwas von der kreidigen Mixtur zusammenrührte, die anscheinend recht gut half.

Plötzlich hörte er ein Handgemenge vor seiner Tür und das Geräusch eines auf dem Deck aufschlagenden Körpers. Celsus runzelte die Stirn und nahm mehr aus Gewohnheit denn aus Furcht den Dolch vom Haken, als er die Tür öffnete und hinausblickte.

Dort hob sich ein dunkler, nicht näher zu erkennender Schatten gegen das Sternenlicht hoch über ihnen ab.

»Wo ist mein Geld?«, flüsterte Julius.

Celsus schrie erschrocken auf, stürzte vorwärts und drosch auf die Gestalt ein. Er spürte, wie ihn jemand an den Haaren packte, kaum dass er das Deck betreten hatte, und sein Kopf wurde zurückgerissen, ehe die Hand abrutschte. Er duckte sich schnell und brüllte aus Furcht vor der Klinge, die in seiner Vorstellung auf seinen ungeschützten Rücken niedersauste.

Auf dem Hauptdeck wogte eine unentwirrbare Masse aus zappelnden Gestalten, aber niemand antwortete ihm. Celsus sah seine Männer am Boden liegen, zu benommen von Alkohol und Schlaf, um sich wirklich zur Wehr setzen zu können. Er wich den Knäueln der Männer aus und rannte nach achtern zur Waffenkammer. Dort würden sie sich den Angreifern stellen. Noch war nicht alles verloren.

Etwas Schweres traf ihn im Genick, und er strauchelte. Seine Füße stolperten über eine gefesselte Gestalt, und er stürzte krachend zu Boden. Die Stille war gespenstisch. Im Dunkeln waren weder Rufe noch Befehle zu hören, nur das Stöhnen und Atmen von Männern, die ohne Erbarmen und mit allem, was sie in die Hände bekamen, um ihr Leben kämpften. Celsus sah, wie einer seiner Männer mit einem dicken Tau um den Hals kämpfte, sich mit den Fingern darankrallte, dann sprang er wieder auf und tastete sich weiter durch die Dunkelheit. Er schüttelte den Kopf, um das Gefühl von Panik loszuwerden, und sein Herz raste hemmungslos.

Die Waffenkammer war von Fremden umstellt. Ihre nasse Haut glänzte im Licht der Sterne, als sie sich zu ihm umdrehten. Er konnte ihre Augen nicht erkennen und hob den Dolch, um auf sie einzustechen, als sie auf ihn zukamen.

Ein Arm legte sich ihm von hinten um den Hals, und Celsus hieb wie wild darauf ein, worauf er mit einem Stöhnen weggezogen wurde. Er wirbelte herum und fuchtelte mit dem Dolch vor sich herum, als die Schatten auseinander glitten und ein Funke die Szenerie wie ein Blitz erleuchtete. Einen Augenblick lang sah er ihre leuchtenden Augen, ehe alles noch dunkler wurde als zuvor.

Julius schlug einen weiteren Funken und entzündete die Öllampe, die er aus Celsus’ Kajüte mitgebracht hatte. Celsus schrie vor Entsetzen auf, als er den jungen Römer erkannte.

»Gerechtigkeit für die Toten, Celsus«, sagte Julius, während er das Licht über das entsetzte Gesicht des Mannes wandern ließ. »Wir haben fast alle deine Männer, ein kleiner Rest hat sich unter Deck verbarrikadiert. Aber die laufen uns nicht weg.«

Seine Augen funkelten im Licht der Lampe, und Celsus spürte, wie seine Arme mit einer grauenvollen Endgültigkeit gepackt wurden, als die anderen ihn umringten und ihm den Dolch aus den Fingern rissen. Julius beugte sich so weit vor, dass ihre Gesichter sich fast berührten.

»Die Ruderer werden an ihre Bänke gekettet. Deine Mannschaft wird gekreuzigt, so wie ich es dir versprochen habe. Ich nehme dieses Schiff für Rom und das Haus Cäsar in Besitz.«

Verblüfft und fasziniert starrte Celsus ihn an. Sein Mund stand offen, während er zu verstehen versuchte, was geschehen war, aber es wollte ihm nicht gelingen.

Ohne Vorwarnung schlug ihm Julius hart in den Bauch. Celsus spürte, wie ihm die Säure aus dem Magen hochschoss und er würgte einen Augenblick, als sich seine Kehle mit Bitterkeit füllte. Er sackte in den Armen der Männer zusammen, die ihn festhielten, und Julius trat einen Schritt zurück. Plötzlich entwand sich Celsus dem nun gelockerten Griff der Männer hinter ihm und stürzte sich auf seinen Gegner. Er krachte gegen Julius, und beide stürzten zu Boden. Die Lampe verströmte ihr Öl über das Deck. In der Verwirrung machten sich die Römer mit der instinktiven Angst von Männern, die auf hölzernen Schiffen segelten, daran, die Flammen zu löschen. Celsus landete einen Treffer auf der sich windenden Gestalt unter ihm und sprang dann in einem verzweifelten Fluchtversuch auf die Reling des Schiffs zu.