»Geh ein paar Schritte mit mir«, sagte er zu Durus und strebte eilig an ihm vorbei, wodurch der Kapitän gezwungen wurde, in Laufschritt zu fallen, um mit ihm mithalten zu können. Julius ging schnell zum Hafen zurück, wo sich die drei Schiffe sanft auf dem Wasser auf und ab wiegten. Als er näher kam, salutierten die Wachen. Julius erwiderte den Gruß und blieb plötzlich an der Kaimauer stehen, wo die Galeeren über ihnen aufragten.
»Ich will nicht, dass du nach Hause segelst«, sagte er knapp.
Durus wurde rot vor Überraschung. »Du hast mir dein Wort gegeben, ich könne verschwinden, wenn du Celsus’ Schiff erobert hast«, stieß er hervor.
»Daran brauchst du mich nicht zu erinnern, Kapitän. Ich werde dich nicht aufhalten. Aber Rom braucht diese Schiffe.« Er dachte lange nach, während er mit finsterem Blick die Schiffe betrachtete, die sich in dem schmutzigen Wasser hoben und senkten.
»Ich möchte, dass du mit ihnen so schnell wie möglich die Küste entlangsegelst und den Hafen findest, den Rom benutzt, um die Legionen im Westen an Land zu bringen. Übergib ihnen in meinem Namen das Silber der Legion… und im Namen von Kapitän Gaditicus von der Accipiter. Ich vermute, sie werden dich nach Rom zurückschicken, um weitere Soldaten zu holen. Dabei wirst du keinen Gewinn machen, aber beide Schiffe sind schnell, und sie werden alles brauchen können, was schwimmt.«
Durus trat überrascht von einem Fuß auf den anderen.
»Ich bin schon seit Monaten überfällig. Meine Familie und meine Geldgeber denken bestimmt jetzt schon, ich sei tot«, sagte er, um Zeit zu gewinnen.
»Hier sind tatsächlich Römer gestorben, hast du die Leichen nicht gesehen? Bei den Göttern, ich bitte dich um einen Dienst für die Stadt, die dich geboren und großgezogen hat. Du hast nie für sie gekämpft oder für sie geblutet. Ich biete dir die Chance, ein wenig von dem zurückzuzahlen, was du ihr schuldig bist.«
Bei diesen Worten musste Durus fast lächeln, doch er riss sich zusammen, als ihm bewusst wurde, dass der junge Mann es vollkommen ernst meinte. Er fragte sich, was wohl seine Freunde in der Stadt von diesem Soldaten halten würden. Er schien ein Bild Roms im Kopf zu haben, in dem weder Bettler noch Ratten noch Krankheiten vorkamen. Julius betrachtete die Stadt als etwas, das größer und erhabener war als er selbst, das wurde Durus klar, und einen Augenblick lang schämte er sich im Angesicht dieses Glaubens.
»Und wenn ich das Geld nicht abliefere und direkt nach Norditalien steuere, nach Hause?«, fragte er.
Julius runzelte leicht die Stirn und schaute den Kaufmann mit kalten Augen an.
»Wenn du das tust, machst du mich zu deinem Feind, und du weißt nur zu gut, dass ich dich früher oder später aufspüren und vernichten werde.« Die Worte wurden leichthin gesprochen, doch nachdem er die Hinrichtungen gesehen und davon gehört hatte, wie Celsus von seinem eigenen Schiff über Bord geworfen worden war, hüllte sich Durus fester in seinen Umhang, um sich vor dem eisigen Wind zu schützen.
»In Ordnung. Ich tue, was du sagst, auch wenn ich den Tag verfluchen werde, an dem du deinen Fuß auf die Ventulus gesetzt hast«, antwortete er zähneknirschend.
Julius rief den Wachen am Bug von Durus’ Schiffen einen knappen Befehl zu.
»Meine Männer von Bord!«
Die Soldaten, die zu sehen waren, salutierten und gingen, um die anderen zu holen. Durus empfand eine Erleichterung, die ihn schwindeln ließ.
»Vielen Dank«, sagte er.
Julius wollte zu den Lagerhäusern zurückgehen, blieb aber noch einmal stehen.
Hinter ihm, dort, wo das Pflaster der Kais in gestampfte Erde überging, hingen fünf Gestalten an Kreuzen.
»Vergiss das nicht«, sagte er, wandte dem Kapitän den Rücken zu und ging davon.
Durus bezweifelte, dass das überhaupt möglich war.
Bei Einbruch der Nacht versammelten sich die Männer in dem am besten erhaltenen Lagerhaus. Eine der Wände war von Ruß geschwärzt, doch das Feuer hatte sich nicht ausgebreitet, obwohl immer noch ein beißender Geruch in der Luft lag. Immerhin war es warm und trocken, und als es zu regnen anfing, trommelten die Tropfen leise auf das dünne Holzdach.
Die Öllampen stammten von Celsus’ Schiff. Wenn sie erst einmal leer waren, mussten die Männer in den verlassenen Häusern der Hafenstadt nach Vorräten suchen. Als wollten die Lampen die Soldaten schon darauf vorbereiten, flackerten nur kleine Flammen, die das leere Lagerhaus nur spärlich erleuchteten. Überall lagen Getreidekörner verstreut, die die Plünderer verschüttet hatten, und die Soldaten saßen auf zerrissenen Säcken und machten es sich so bequem wie möglich.
Gaditicus erhob sich, um zu den zusammengekauerten Männern zu sprechen. Die meisten von ihnen hatten den ganzen Tag gearbeitet, hatten entweder bei der Reparatur des Dachs geholfen oder Vorräte auf die Schiffe geschleppt, die mit der Morgenflut in See stechen würden.
»Es wird Zeit, dass wir uns Gedanken über die Zukunft machen, meine Herren. Ich hatte eigentlich vorgehabt, mich eine Weile in einem anständigen römischen Hafen auszuruhen und dann die Heimat zu benachrichtigen. Stattdessen hat ein griechischer König unsere Soldaten ermordet. Das darf nicht ungesühnt bleiben.«
Gemurmel erhob sich unter den Männern, aber ob es Zustimmung oder Enttäuschung ausdrückte, ließ sich nicht feststellen. Julius, der neben Gaditicus saß, sah sie der Reihe nach an. Es waren seine Männer. Er hatte so viel Zeit mit dem einfachen Ziel verbracht, Celsus aufzuspüren und zu töten, dass er sich nie große Gedanken darüber gemacht hatte, was danach kommen würde, den entfernten Traum, eines Tages dem Diktator von Rom gegenüberzutreten, einmal ausgenommen. Wenn er eine neue Zenturie in eine Legion mitbrachte, würde der Senat seine Autorität mit einem offiziellen Posten anerkennen müssen.
Unbemerkt verzog er im Halbdunkel sein Gesicht. Oder auch nicht. Sie konnten Gaditicus das Kommando geben und Julius wieder auf den Befehl über zwanzig Mann zurückstufen. Die Senatoren waren nicht unbedingt die Richtigen, um seine außergewöhnliche Autorität bei dem zusammengewürfelten Haufen zu erkennen, auch wenn ihm sein neuer Reichtum, wenn er ihn richtig einsetzte, Einfluss verschaffen konnte. Er fragte sich, ob er wohl mit einer solchen Position zufrieden sein könnte, und lächelte vor sich hin, was die Männer, die Gaditicus beobachteten, nicht sahen. Darauf gab es eine einfache Antwort. Es gab nichts Schöneres, als andere anzuführen, das hatte er erfahren, und keine größere Herausforderung, als ganz auf sich allein gestellt zu sein. In den schlimmsten Augenblicken hatten sie sich an ihn gewandt, damit er ihnen den Weg nach vorne wies, den nächsten Schritt. Die Götter wussten, dass es einfacher war, zu folgen, ohne nachdenken zu müssen, aber keinesfalls so befriedigend. Ein Teil von ihm sehnte sich nach dieser Sicherheit, nach dem einfachen Vergnügen, Teil einer Einheit zu sein. In seinem Herzen jedoch sehnte er sich nach der berauschenden Mischung aus Angst und Gefahr, die einem nur das Befehlen bieten konnte.
Wie konnte es sein, dass Sulla tot war? Der Gedanke tauchte immer wieder auf und quälte ihn. Der verwundete Mann an Bord von Celsus’ Schiff hatte nichts weiter gewusst, sondern hatte nur von dem Befehl an die Soldaten gehört, ein ganzes Jahr lang Schwarz zu tragen. Als der Mann das Bewusstsein verlor, hatte ihn Julius in Caberas Händen zurückgelassen. Er starb, als die Sonne unterging und sein Herz endlich versagte. Julius hatte befohlen, ihn neben den anderen römischen Toten zu begraben, und ein Gefühl der Scham überkam ihn, weil er den Mann nie nach seinem Namen gefragt hatte.
»Julius? Möchtest du ihnen etwas sagen?«, unterbrach Gaditicus seine Grübeleien. Erschrocken und schuldbewusst merkte er, dass er nichts von dem, was der ältere Offizier gesagt hatte, gehört hatte. Er stand langsam auf und sammelte seine Gedanken.