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Gereizt wartete Julius auf die letzten drei Männer. Sie waren im richtigen Gebiet, das wusste er, seit sie fünf Meilen östlich auf eine niedergemetzelte römische Zenturie gestoßen waren, die man ihrer Waffen und Rüstungen beraubt hatte, nachdem sie in ihrem abgelegenen Fort überrascht worden war. Die Leichname hatten erbärmlich ausgesehen, und kein Wort von Julius hätte die Entschlossenheit der Männer mehr anstacheln können.

Die Späher kehrten zusammen zurück und kamen in dem üblichen langsamen Trab, in dem sie viele Meilen ohne Pause zurücklegen konnten, durch das nasse Laub gelaufen. Sie ließen den kalten Eintopf, der auf sie wartete, links liegen und kamen direkt auf Julius zu. Die Männer waren müde, aber gleichzeitig sichtbar erregt. Sie waren vier Tage unterwegs gewesen, und Julius wusste sofort, dass sie den Feind endlich gefunden hatten.

»Wo sind sie?«, fragte er und stand schnell auf.

»Dreißig Meilen in Richtung Westen«, erwiderte einer, der es kaum erwarten konnte, die Nachricht zu überbringen. »Ein befestigtes Lager. Es sieht aus, als wollten sie sich dort gegen die Legionen verteidigen, die aus Oricum anrücken. Sie haben sich an einer schmalen Stelle zwischen zwei steilen Hängen verschanzt.« Er hielt inne, um Atem zu holen, und einer der anderen berichtete weiter.

»Die Hänge und das Gebiet nach Westen haben sie mit spitzen Pfählen gesichert. Sie hatten eine Kette von Spähern und Wachen aufgestellt, deshalb konnten wir nicht sehr nahe heran, aber die Befestigungen sahen stabil genug aus, um Kavallerie aufzuhalten. Wir haben Bogenschützen üben sehen, und ich glaube, wir haben auch Mithridates selbst gesehen. Da war ein großer Mann, der seinen Einheiten Befehle gab. Er sah aus, als wäre er der Feldherr.«

»Wie viele waren es?«, fragte Julius knapp, denn das interessierte ihn mehr als alle anderen.

Die Späher schauten sich gegenseitig an, dann ergriff wieder der erste das Wort.

»Wir denken, ungefähr zehntausend, grob geschätzt. Keiner von uns ist nahe genug herangekommen, um ganz sicher zu sein, aber das ganze Tal zwischen den Hügeln ist mit Lederzelten übersät. Wir sind von ungefähr acht bis zehn Mann je Zelt ausgegangen…« Die anderen beiden nickten und sahen Julius gespannt an. Julius versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, obwohl er enttäuscht war. Kein Wunder, dass sich Mithridates sicher genug fühlte, sich den Legionären zu stellen, die auf ihn zumarschierten. Das letzte Mal hatte der Senat nur Sulla entsandt, um gegen einen kleineren Aufstand vorzugehen. Wenn sie dieses Mal wieder nur eine Legion schickten, konnte Mithridates sie durchaus besiegen und damit ein weiteres Jahr Zeit gewinnen, ehe der Senat davon erfuhr und jeden verfügbaren Mann aus den anderen Gebieten zusammenzog. Selbst dann würden sie es vielleicht nicht wagen, die restlichen römischen Gebiete ohne Schutz zu lassen. Aber gewiss würden sie doch nicht das Risiko eingehen wollen, Griechenland zu verlieren? Jede von den Römern gehaltene Stadt, die sich hinter hohen Mauern gegen den König verschanzt hatte, könnte zerstört werden, ehe der Senat endlich eine vernichtende Streitmacht zusammengestellt hatte. Die Flüsse würden sich rot färben, ehe der letzte Römer im Land des Mithridates tot war, und wenn es ihm gelang, die Städte zu vereinen, konnte das auf einen langen Krieg hinauslaufen.

Julius ließ die Späher wegtreten, damit sie sich etwas zu essen holen und ihre wohlverdiente Ruhe genießen konnten. Viel Zeit würde dafür sowieso nicht bleiben, das wusste er.

Gaditicus kam näher, die Augenbrauen fragend erhoben, nachdem er die Späher gesehen hatte.

»Wir haben ihn gefunden«, bestätigte Julius. »Es sind höchstens zehntausend. Ich denke, wir werden heute Nacht zehn Meilen weit marschieren und die restlichen zwanzig dann morgen, wenn es dunkel wird. Unsere Bogenschützen schalten die Wachen aus, dann greifen wir die Hauptstreitmacht vor Tagesanbruch an.«

Gaditicus sah besorgt aus.

»Die Veteranen werden erschöpft ankommen, wenn du sie im Dunkeln so weit marschieren lässt. Wir könnten abgeschlachtet werden.«

»Sie sind jetzt viel besser in Form als beim Abmarsch aus der Stadt. Es wird nicht leicht werden; wir verlieren sicherlich den einen oder anderen Mann, aber wir haben den Überraschungsvorteil auf unserer Seite. Und sie sind ihr ganzes Leben lang marschiert. Sie sollen nicht über einen Kampf auf Leben und Tod gegen so viele nachdenken. Wir werden ihnen einen schnellen Schlag versetzen… rein, so viele töten wie möglich, und dann wieder raus. Wir ziehen uns so weit wie möglich zurück, ehe es hell wird, und dann werden wir ja sehen, wie gut wir in Form sind.« Er blickte durch die mit Moos bewachsenen Baumstämme zum Himmel.

»Es wird bald dunkel, Gadi. Deine Männer sollen sich marschbereit machen. Ich führe sie so dicht wie möglich heran, damit es morgen Nacht nicht so weit ist, aber wir dürfen auf keinen Fall entdeckt werden. Die richtige Taktik arbeiten wir aus, wenn wir nahe genug am Feind stehen. Es hat keinen Sinn, Einzelheiten zu planen, ehe ich ihre Stellungen gesehen habe. Wir müssen sie nicht schlagen, sondern nur dazu zwingen, ihr Lager abzubrechen und Richtung Westen in die Arme der Legionen zu ziehen, die von der Küste herankommen.«

»Falls sie kommen«, erwiderte Gaditicus leise.

»Sie werden kommen. Ganz gleich, was in Rom nach Sullas Tod passiert ist, der Senat kann Griechenland nicht kampflos aufgeben. Lass sie antreten, Gadi.«

Gaditicus salutierte, und seine Züge glätteten sich. Jeder Angriff gegen eine solche Übermacht war riskant, das wusste er, aber er hielt den nächtlichen Überfall, den Julius vorgeschlagen hatte, in Anbetracht der Männer, die ihnen zur Verfügung standen, für die beste Wahl. Außerdem hatte Mithridates eine Armee aus nicht ausgebildeten Aufständischen aufgestellt, die auf eine Streitmacht treffen würde, zu der einige der erfahrensten Schwertkämpfer gehörten. Gegen zehntausend Mann war das kein großer Vorteil, doch es konnte den Ausschlag geben.

Nachdem er der Accipiter den Befehl gegeben hatte, das Lager abzubrechen, sah er zu, wie die Veteranen und die jungen Männer zusammenarbeiteten und schnell und leise eine lockere Formation bildeten, bis sie den Wald hinter sich gelassen hatten. Einige von ihnen waren wirklich zu Wölfen geworden.

24

Mithridates hatte keine Wachposten rings um sein Lager mehr, aber er wusste es noch nicht. Julius hatte seine äußere Postenkette fast eine Stunde lang beobachtet, ehe er lächelnd erkannt hatte, was für ein einfaches System der griechische König verwendete. Jede der Wachen stand neben einer brennenden Fackel, die auf einer hölzernen Stange steckte. In unregelmäßigen Zeitabständen nahmen sie sie ab und winkten mit der Flamme über ihren Köpfen, was von dem inneren Ring und den anderen Posten um sie herum erwidert wurde.

Mithridates mochte ein König sein, von Taktik jedoch verstand er nicht viel, wie Julius inzwischen wusste. Die Wölfe hatten den Verteidigungsring mit Bogenschützenpaaren überwunden: Einer hatte den Wächter ausgeschaltet, nachdem er sein Signal gegeben hatte, und der andere hatte seinen Posten eingenommen. Das war schnell erledigt gewesen, und danach hatten sie sich den inneren Ring vornehmen können. Hier standen die Posten dichter beieinander. Sie durch ihre eigenen Männer zu ersetzen, hatte fast eine Stunde gedauert. Julius hatte die anderen zur Vorsicht gemahnt, doch selbst er wurde nervös, als sie auf das Zeichen des Letzten warteten, der nicht ahnte, dass ihm nur noch Römer antworten konnten.

Cabera schoss den letzten Pfeil ab, und der feindliche Soldat sank lautlos zu einem dunklen Haufen zusammen. Wenige Augenblicke später fiel das Licht auf eine andere dunkle Gestalt, die ruhig dastand, als sei nichts geschehen. Als kein Alarm ertönte, ballte Julius triumphierend die Faust.