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Das Lager am Fuß der Hügel wurde von den gleichen, auf Stangen aufgesetzten Fackeln beleuchtet, die auch die Wachen benutzt hatten. Aus der Ferne betrachtet, wurde die dunkle Winternacht von einem Meer goldener Punkte durchbrochen, die die Römer wie starre Augen anblickten, während sie auf Julius’ Signal warteten. Für den jungen Feldherrn schien die ganze Welt von seinem Wort abzuhängen. Er trat an den am nächsten Stehenden seiner falschen Wachposten heran und nickte Cabera zu, der einen in Öl getränkten Pfeil an der Fackel entzündete und sofort abschoss, ehe die Flammen seine Finger erreichten.

Gaditicus sah den flammenden Splitter in den Himmel steigen und zeigte mit ausgestrecktem Schwert auf das vor ihnen liegende Lager. Die Männer gingen von ihren gestaffelten Positionen aus ohne einen einzigen Schrei oder Schlachtruf vor. Sie rannten in gespenstischer Stille auf die Lichtflecken zu, die das Lager markierten, und bildeten mit der Ventulus von zwei Seiten her eine Zange, um größtmögliche Panik und Verwirrung zu verbreiten.

Die griechische Armee hatte sich im Vertrauen auf ihre weit gestaffelten Ringe von Wachposten, die sie bei einem Angriff rechtzeitig warnen würden, bei Einbruch der Nacht zur Ruhe gelegt. Viele bemerkten die Gefahr erst, als ihre Lederzelte aufgerissen wurden und unsichtbare Schwerter in ihre schlafenden Leiber fuhren. Auf diese Weise wurden in den ersten Sekunden viele Dutzende niedergemacht. Rufe mischten sich mit Schreien. Das schlafende Lager begann zu erwachen und nach den Waffen zu greifen.

»Wölfe!«, brüllte Julius, der fand, dass die Zeit des Schweigens vorbei war. Die Begeisterung übermannte ihn wie ein Rausch, während er und seine Männer durch das Lager rannten und jeden töteten, der aus den Zelten gestolpert kam. Er hatte seinen Männern aufgetragen, jeweils zwei Feinde zu töten und sich dann den Rückweg freizukämpfen, doch er selbst hatte schon drei mit dem Schwert niedergestreckt, ehe der erste Rausch vorüber war. Er konnte die Panik unter Mithridates’ Männern spüren. Ihre Offiziere reagierten nur langsam auf den Angriff, und ohne Befehle waren es Hunderte von Einzelkämpfern, die sich den dunklen Angreifern stellten und in Massen durch die Schwerter der Veteranen starben. Julius’ Schrei wurde von Gaditicus’ Kohorte beantwortet, die mit Hunderten von Stimmen noch mehr Verwirrung und Angst unter den Feinden stifteten. Cabera feuerte seine restlichen Pfeile in die dunklen Zelte, und Julius streckte einen nackten Mann nieder, der gerade sein Schwert heben wollte. Es herrschte allgemeines Chaos, und in dem Durcheinander hätte Julius fast den Augenblick verpasst, den nicht zu missachten er geschworen hatte.

Er kam nach ein paar Minuten, als Hörner erklangen und die durcheinander rennenden Griechen sich zu Einheiten zusammenzuschließen begannen. In den Zelten, die die Römer übersehen hatten, hatte sich der Feind bewaffnet und begann nun Widerstand zu leisten. Befehle auf Griechisch gellten durch den Lärm der Schwerter.

Julius wirbelte herum und schlug einem Mann, der sich gerade auf ihn stürzte, die Hand am Gelenk ab. Jeder Streich seiner schweren Klinge richtete schreckliche Verwüstungen an, doch sein nächster Schlag wurde geschickt abgewehrt. Er sah sich zwei Männern gegenüber, und von allen Seiten kamen weitere angerannt. Sie hatten die Überraschung überwunden, und es wurde Zeit, sich zurückzuziehen, ehe seine Wölfe niedergemetzelt wurden.

»Absetzen!«, schrie er, während er mit einem tiefen Hieb dem ihm am nächsten stehenden Mann einen schweren Treffer am Fußgelenk versetzte. Der Zweite stürzte im Herbeistürmen über den zusammenknickenden Körper, und Julius drehte sich um und rannte davon, wobei seine Sandalen im blutigen Staub rutschten. Seine Männer folgten seinem Beispiel, drehten sich um und flohen, sobald sie sich vom Feind lösen konnten.

Abseits der Fackeln des Lagers bot die Nacht ein dunkles Versteck. Bei Julius’ Befehl zum Rückzug waren alle Fackeln der Wachen gelöscht worden, und sobald die Römer den Außenbezirk des Lagers, in dem sie Trümmer und Leichen zurückließen, hinter sich hatten, zerstreuten sie sich und wurden unsichtbar.

Die griechischen Einheiten hielten am Rand des Lichtkreises an, weil sie sich nicht in die Dunkelheit hinauswagten, in der der Feind zu Tausenden zu lauern schien – ein Feind, der angeblich noch mehr als eine Woche entfernt war und sich aus einer anderen Richtung nähern sollte. Überall ertönten konfuse Befehle, während die Griechen noch zögerten und die Wölfe entkamen.

Mithridates tobte vor Wut. Schreie am anderen Ende des Lagers hatten ihn aus dem Schlaf gerissen. Sein eigenes Zelt stand in der Mitte der schmalen Senke, und als der Schlummer langsam aus seinem Kopf wich, wurde ihm klar, dass sie von der sicheren Seite her angegriffen wurden, auf der seine Männer alle römischen Siedlungen zwischen dem Lager und den verängstigten Städten an der Ostküste ausgelöscht hatten.

Seine zehntausend Mann waren weit über das Tal verteilt, und bis er mit seinen Offizieren zum Schauplatz des Angriffs gelangt war und die Ordnung wiederhergestellt hatte, waren die Römer schon wieder verschwunden.

Grimmig überschlugen sie die Zahl der Toten. Nach Meinung der überlebenden Offiziere waren sie von mindestens fünftausend Mann überfallen worden, die mehr als tausend Griechen tot am Boden zurückgelassen hatten. Mithridates brüllte vor Kummer, als er die Haufen der Toten in den Zelten sah, die gestorben waren, ehe sie sich dem Feind hatten stellen können. Es war ein Blutbad, und ihn überkam dasselbe Gefühl der Ohnmacht, das er verspürt hatte, als Sulla vor Jahren Jagd auf ihn gemacht hatte.

Wie konnten sie in seinen Rücken gelangt sein?, fragte er sich schweigend, während er zwischen den verdreht daliegenden Toten umherlief. Die Wut überkam ihn, als er in das dunkle Gestrüpp blickte, und er schleuderte sein Schwert in die Nacht, das sofort von der Dunkelheit verschluckt wurde.

»Die Wachen sind tot, Herr«, meldete ein Offizier.

Mithridates starrte ihn an. Seine Augen waren rot vom Rauch und vom unterbrochenen Schlaf.

»Stellt noch mehr Posten auf und brecht das Lager ab, damit wir bei Tagesanbruch losmarschieren können. Ich will, dass sie zur Strecke gebracht werden.« Nachdem der Offizier losgerannt war, um seine Befehle auszuführen, betrachtete Mithridates die Verwüstung um sich herum. Er hatte tausend Mann verloren und dazwischen nur wenige tote Römer entdecken können. Warum hatten sie sich zurückgezogen? Welche Legion es auch immer gewesen sein mochte, es sah so aus, als hätten sie das gesamte Lager noch vor Tagesanbruch überrennen können, so groß war die Panik und Unordnung unter seinen Männern gewesen. Wo waren sie sicher, wenn nicht mitten in ihrem eigenen Land, in ihrem eigenen Lager?

Als er an diesem Abend schlafen gegangen war, hatte er es in dem Gefühl getan, über die größte Armee zu gebieten, die er jemals versammelt, jemals gesehen hatte. Jetzt würde er nicht mehr ohne die Angst einschlafen können, dass man sich über ihre Stärke lustig machen und ihnen mit verwegener Leichtigkeit das Leben rauben konnte, das wusste er. Er sah in die Gesichter um sich herum, aus denen Angst und Entsetzen nur langsam wichen. Zweifel stiegen in ihm auf. Er hatte geglaubt, von Löwen umgeben zu sein, doch jetzt musste er feststellen, dass es nur Lämmer waren.

Er versuchte die Verzweiflung abzuschütteln, aber sie lastete schwer auf ihm. Wie konnte er hoffen, es mit Rom aufzunehmen? Diese Männer hatten sich nach ein paar schnellen Siegen gegen die verhassten Römer seiner Fahne angeschlossen, doch es waren junge Männer, erfüllt von Träumen von Sparta, Theben und Athen. Träumen von Alexander, die er vielleicht nicht erfüllen konnte. Er senkte den Kopf und ballte die schweren Fäuste, während die Männer um ihn herumrannten und nicht wagten, den wütenden König anzusprechen.

»Wir sollten noch einmal umkehren«, sagte Suetonius. »Ein schneller Angriff, während sie das Lager abbrechen. Damit rechnen sie niemals.«