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Er wollte nach ihrem Handgelenk greifen, überlegte es sich dann jedoch anders und ließ sie zuschlagen. Er lächelte immer noch.

»Wofür das auch immer gewesen sein mag, ich hoffe, die Sache ist damit erledigt. Ich…«

»Julius hat mir erzählt, du hättest mit mir angegeben«, unterbrach sie ihn. Es lief alles so schrecklich verkehrt. Sie hätte sich am liebsten mit dem jungen Wolf von einem Mann, den sie früher gekannt hatte, hingesetzt und gemeinsam mit ihm gelacht, aber alles, was er sagte, schien sie nur noch wütender zu machen.

Brutus’ Gesicht hellte sich auf, als er jäh begriff.

»Er hat gesagt, ich hätte angegeben…? Oh. Dieser raffinierte Halunke. Er denkt voraus, unser Julius. Wenn wir ihn wiedersehen, erzähle ich ihm gleich, wie wunderbar sein Plan funktioniert hat. Das wird ihm gefallen. Eine Ohrfeige vor Renius’ Augen. Einfach großartig!«

Renius räusperte sich.

»Bis du mit Spielen fertig bist, bringe ich schon mal dein Pferd in den Stall«, knurrte er und führte die Stuten in die herabsinkende Dämmerung hinein.

Alexandria schaute ihm mit gerunzelter Stirn nach und sah, wie er die beiden Zügel geschickt um sein Handgelenk wickelte. Er hatte sie nicht willkommen geheißen.

Ohne Vorwarnung traten ihr die Tränen in die Augen. Bis auf die Anwesenheit Octavians schien sich seit der Nacht des Angriffs auf dem Gutshof nichts verändert zu haben. Alle waren noch da, und sie war die Einzige, die die Jahre, die hinter ihnen lagen, zu spüren schien.

Tubruk trat von einem Fuß auf den anderen und betrachtete den kleinen Octavian, der Alexandria fasziniert anstarrte.

»Mach den Mund zu, Junge. Vor dem Schlafengehen gibt es heute noch eine Menge Arbeit.« Er nickte Alexandria zu. »Ich lasse euch beide in Ruhe reden und weise Octavian in seine Aufgaben ein.« Er schüttelte den Kopf über Brutus und führte Octavian dann mit festem Griff davon.

Brutus und Alexandria standen alleine in dem immer dunkler werdenden Hof. Dann setzten sie beide gleichzeitig zum Reden an, hielten inne und versuchten es erneut.

»Es tut mir Leid«, sagte Brutus.

»Nein, ich habe mich wie eine Idiotin benommen. Es ist so lange her, seit ich zum letzten Mal hier war, und als ich Tubruk und dich… und Renius gesehen habe, ist mir alles wieder eingefallen.«

»Ich habe Julius nie erzählt, wir hätten miteinander geschlafen«, fuhr er fort und trat näher an sie heran. Ihm fiel auf, wie schön sie war, eine jener Frauen, die im Zwielicht am besten aussahen. Ihre Augen waren groß und dunkel, und als er sah, wie sie den Kopf hielt, hätte er sie am liebsten geküsst. Er erinnerte sich, dass sie sich einmal geküsst hatten, ehe ihm Marius die Papiere für die Legion in Griechenland gegeben hatte.

»Tubruk hat gar nicht gesagt, ob Julius hier ist«, sagte sie.

Er schüttelte den Kopf. »Wir warten immer noch auf Nachrichten. Er wurde in Afrika gefangen gehalten, aber das Lösegeld ist bezahlt worden, und er müsste inzwischen längst auf dem Rückweg sein. Eigentlich ist nichts mehr so wie früher, weißt du. Du bist eine freie Frau, ich bin Zenturio gewesen, und Renius kann nicht mehr jonglieren.«

Bei der Vorstellung musste sie kichern, und er nutzte den Augenblick, um sie in die Arme zu nehmen. Dieses Mal erwiderte sie seine Umarmung, doch als er sie küssen wollte, drehte sie den Kopf zur Seite.

»Darf ich dich denn nicht einmal anständig willkommen heißen?«, fragte er überrascht.

»Du bist schrecklich, Marcus Brutus. Ich habe mich nicht gerade vor Sehnsucht nach dir verzehrt, weißt du«, sagte sie.

»Ich schon. Ich bin nur noch ein Schatten meiner selbst«, erwiderte er und schüttelte traurig den Kopf. »Ich möchte dich gerne besuchen kommen, und wenn ich das nicht darf, kann es sein, dass ich vollends vergehe.«

Er seufzte wie ein beschädigter Blasebalg, und sie lachten beide, offen und ohne Verlegenheit.

Ehe sie antworten konnte, ertönte ein Ruf von dem Wachposten auf dem Tor, der Alexandria aufschrecken ließ.

»Da kommen Reiter und ein Karren!«, rief der Sklave hinunter.

»Wie viele sind es?«, antwortete Brutus und löste sich von Alexandria. Alle Schäkerlaune war von ihm gewichen, und eigentlich gefiel er ihr so viel besser.

»Drei Männer zu Pferde, und ein Karren, der von einem Ochsen gezogen wird. Die Männer sind bewaffnet.«

»Tubruk! Renius! Primigenia zum Tor«, befahl Brutus. Soldaten kamen aus den Wohngebäuden des Gutes, eine Reihe von zwanzig Männern in Rüstung, die Alexandria den Atem verschlug.

»Marius’ alte Legion ist jetzt also bei dir«, sagte sie erstaunt.

Brutus sah sie kurz an. »Die, die überlebt haben. Julius wird einen Truppenführer brauchen, wenn er zurückkehrt«, sagte er. »Am besten gehst du nicht zu nah ans Tor, bis wir wissen, was los ist, in Ordnung?«

Sie nickte, und er ließ sie einfach stehen. Ohne seine Nähe fühlte sie sich plötzlich einsam. Erinnerungen an Kampf und Blut brachen über sie herein. Sie schauderte und ging auf die Lichter der Gebäude zu.

Tubruk kam aus den Stallungen. Octavian schien er völlig vergessen zu haben, er ließ den Jungen auf dem Pflaster im Hof stehen, stieg die Treppe neben dem Tor hinauf und blickte auf die Soldaten hinunter, die scheppernd Halt machten.

»Es ist ein bisschen spät für einen Besuch, oder?«, rief er hinunter. »Was ist euer Begehr?«

»Cato schickt uns, um mit Marcus Brutus und dem Gladiator Renius zu sprechen«, antwortete eine tiefe Stimme knurrend.

Tubruk blickte in den Hof hinunter und nickte zufrieden, als er die Bogenschützen sah, die rings um den Hof Aufstellung genommen hatten. Sie waren gut ausgebildet, und jeder, der es wagte, das Haus anzugreifen, würde in Sekundenschnelle niedergestreckt werden. Hinter dem Tor hatte Brutus seine Soldaten in einem Verteidigungsring aufgestellt, und Tubruk gab ihm das Zeichen zum Öffnen.

»Keine hastigen Bewegungen, wenn euch euer Leben und eure Gesundheit lieb sind«, warnte er Catos Männer.

Das Tor ging auf und wurde schnell wieder geschlossen, nachdem Karren und Reiter es passiert hatten. Vor den gespannten Bogen stiegen die Reiter langsam und sichtlich nervös ab. Renius und Brutus traten auf sie zu, und ihr Anführer nickte, als er Renius erkannte.

»Mein Herr Cato ist der Ansicht, dass ein Irrtum geschehen ist. Sein Sohn wurde fälschlicherweise bei der Primigenia vereidigt, obwohl er bereits einer anderen Legion versprochen war. Mein Herr versteht durchaus, dass seine jugendliche Begeisterung auf dem Campus Martius mit ihm durchgegangen ist, aber zu seinem größten Bedauern kann sein Sohn nicht bei euch dienen. Als Entschädigung für den Verlust schickt er diesen Karren voller Gold.«

Brutus ging um den schwitzenden Ochsen herum und warf die Plane zur Seite, unter der zwei schwere Kisten zum Vorschein kamen. Er öffnete eine davon und stieß beim Anblick der Goldmünzen einen leisen Pfiff aus.

»Dein Herr schätzt den Wert seines Sohnes für die Primigenia hoch ein«, bemerkte er.

Der Soldat betrachtete das Vermögen gleichgültig.

»Das Blut eines Cato ist unbezahlbar. Das da ist nur ein Zeichen der Anerkennung. Ist Germinius hier?«

»Du weißt doch genau, dass er hier ist«, erwiderte Brutus und riss seinen Blick von dem Gold los. In Anbetracht der Schulden, die er bei Crassus hatte, war das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, doch es war trotzdem eine zu große Summe, um sie einfach zurückzuweisen. Er sah Renius an, der mit den Achseln zuckte; er wusste, dass die Entscheidung alleine bei Brutus lag. Es wäre ein Leichtes, die Tür von Germinius’ Kammer aufzuschließen und ihn auszuliefern. In Rom würde man Brutus für einen solchen Schachzug schätzen und ob seines Verhandlungsgeschicks achten, mit dem er Cato in diese Lage gebracht hatte. Er seufzte. Legionäre waren nicht das Eigentum ihrer Befehlshaber. Man konnte sie nicht kaufen und verkaufen.