Выбрать главу

An jedem Tag des Abwartens war Julius von Unentschlossenheit gequält worden. Gefangen genommene Deserteure hatten von sinkender Moral und schlechter Organisation berichtet. Er wusste alles über ihre Offiziere, ihre Ausrüstung und ihre Kampfeslust. Zu Anfang hatte er sich mit den nächtlichen Angriffen zufrieden gegeben, mit denen er Stücke aus Mithridates’ Armee reißen wollte, bis dieser die Nerven verlor und den Legionen, die von der Küste kamen, in die Arme lief. Aber die Wochen vergingen, und die Griechen machten keinerlei Anstalten, das Lager abzubrechen, während von der römischen Verstärkung weiterhin nichts zu sehen war.

Gegen Anfang der dritten Woche erwog Julius die Möglichkeit, dass die Legionen nicht kommen würden, ehe Mithridates aus seiner passiven Lethargie erwachte und anfing, wie ein richtiger Heerführer zu denken. In dieser Nacht, als griechische Wachposten zu Dutzenden desertierten und, ohne es zu ahnen, nur wenige Fuß entfernt an seinen eigenen Männern vorbeikamen, fing Julius an, Pläne für einen offenen Angriff zu schmieden.

Jetzt bildete der Hauptteil der griechischen Armee zehn Mann tiefe Blöcke, und Julius nickte grimmig, als ihm die Lektionen seines alten Tutors einfielen. So würden sie nicht so viele Schwerter einsetzen können wie seine breit gestaffelte Linie, aber die zehn Reihen würden eine planlose Flucht verhindern, jetzt, da ihnen der Feind, der sie seit Ewigkeiten in der Dunkelheit umgebracht hatte, auf der Ebene gegenüberstand. Das Schlucken tat ihm weh, während er das Gelände genau betrachtete und auf den richtigen Augenblick wartete, um den Befehl zum Angriff zu geben. Er sah, wie ein hoch gewachsener Mann auf ein Pferd sprang und davongaloppierte und sich danach Hunderte von Bogenschützen zu Einheiten formierten. Ihre Pfeile würden die Morgenluft schon bald verdunkeln.

»Das sind tausend Mann«, flüsterte er vor sich hin. Seine Männer hatten jetzt alle Schilde; viele stammten von den Griechen, die sie Nacht für Nacht getötet hatten. Trotzdem würde jede erfolgreiche Salve einige das Leben kosten, selbst wenn sie die Schilde zusammenhielten und darunter Schutz suchten.

»Blas zum Vorrücken – schnell!«, fuhr er den Cornicen an, der ein verbeultes Horn ansetzte und die Doppelnote blies. Die beiden Kohorten setzten sich wie ein Mann in Bewegung, und die griechische Erde dröhnte unter ihrem Gleichschritt. Julius schaute kurz nach rechts und grinste wild, als er sah, wie die Veteranen mitten in der Bewegung die Linie begradigten, beinahe ohne es selbst zu merken. Keiner blieb zurück. Die alten Männer hatten sehnsüchtig auf einen solchen Angriff gewartet, dessen Notwendigkeit sie beinahe ebenso begriffen wie Julius, und jetzt hatte ihre Ungeduld ein Ende.

Zuerst kamen sie nur langsam näher. Julius wartete darauf, dass die Bogenschützen feuerten, und erstarrte fast, als er Tausende langer, schwarzer Pfeile durch die Luft auf sich zukommen sah. Sie waren gut gezielt, aber diese Veteranen hatten schon in allen Ländern Roms gegen Bogenschützen gekämpft. Sie bewegten sich ohne Hast, kauerten sich nieder und zogen Arme und Beine ein, während ihre Schilde die ihrer Waffenbrüder neben sich berührten. So bildeten sie eine undurchdringliche Mauer, und die Pfeile prasselten wirkungslos gegen Holz und Messing.

Einen Augenblick lang war alles still, dann erhoben sich die Veteranen wie auf ein Zeichen unter wildem Geschrei. Ihre Schilde steckten voller Pfeilschäfte, doch sie hatten keinen einzigen Mann verloren. Sie rückten erneut zwanzig schnelle Schritte vor, ehe erneut lautes Sirren die Luft erfüllte und sie sich wieder unter ihre Schilde duckten. Irgendwo schrie ein Römer vor Schmerz auf, aber sie rückten weitere drei Mal vor und ließen dabei nur wenige Tote hinter sich auf dem Feld zurück.

Jetzt waren sie nah genug für einen Sturmangriff. Julius gab den Befehl, und die drei Töne des Signals hallten durch die Reihen. Die Wölfe rannten los. Plötzlich waren sie nur noch wenige hundert Fuß von den Bogenschützen entfernt, und die schwarze Wolke flog über sie hinweg.

Die griechischen Bogenschützen hielten ihre Stellung zu lange, weil sie verbissen diejenigen zu töten versuchten, die ihnen so schwer zugesetzt hatten. Ihre erste Reihe wollte vor den heranstürmenden Römern fliehen, doch es geschah planlos. Die Wölfe stürzten sich auf sie, als sie in ihrer Verwirrung, die zu Entsetzen wurde, zu entkommen versuchten.

Julius jubelte, als die Linie der Römer geradezu durch sie hindurchraste und sich mit blutiger Gewandtheit eine Bresche durch die Quadrate schlug. Die Reihen der Griechen lösten sich schon nach Sekunden in schreiendes Chaos auf. Julius befahl der Accipiter, sie weiter unter Druck zu setzen, und Gaditicus hielt sich mit seinen Männern etwas nach links, um den Winkel des vernichtenden Angriffs zu erweitern.

Panik fegte wie ein Sturm durch die griechischen Linien. Als sie ihre eigenen Männer vor Entsetzen brüllen hörten und sie aus der vordersten Linie davonrennen sahen, als die Luft von den Schreien der Sterbenden widerhallte, begannen die Griechen vor den Linien der Wölfe zurückzuweichen. Sie lösten sich von ihren Einheiten und warfen ihre Waffen von sich, während die Offiziere sie hilflos anschrieen.

Immer mehr begannen wegzulaufen, und irgendwann flohen so viele, dass selbst die Tapfersten kehrtmachten und sich der davonjagenden Menge anschlossen.

Die Wölfe griffen an wie im Rausch. Die Veteranen droschen mit der Erfahrung und Geschicklichkeit aus hundert Schlachten auf die Feinde ein, und die jüngeren Männer streckten die Griechen mit jener rohen Energie und der Freude an der Jagd nieder, die ihre Hände beben und ihre Augen wild leuchten ließ, während sie, schrecklich anzuschauen, mit roten Gliedern ihrem tödlichen Handwerk nachgingen.

Der Feind stürzte in alle Richtungen davon. Zwei Mal versuchten die Offiziere ihre Soldaten zu sammeln, und Julius sah sich gezwungen, die Accipiter beim Angriff auf die größte Gruppe zu unterstützen. Die verängstigten Haufen leisteten nicht einmal eine Minute Widerstand und stoben dann wieder auseinander.

Das Lager wurde zu einer blutigen Walstatt aus zertrampelten Leichen und geborstenen Rüstungsteilen. Allmählich wurden die Veteranen müde, ihre Arme schmerzten nach Hunderten von Streichen.

Julius befahl Ventulus, die Säge-Formation einzunehmen, bei der sich die mittlere Reihe zu den anderen versetzt nach links und rechts bewegte, um Lücken zu schließen und die schwächsten Stellen zu unterstützen. Seine Kohorte fegte durch das Lager, und es kam ihnen vor, als hätten sie schon den ganzen Tag getötet.

Gaditicus war schon weiter vorgerückt, und es waren seine Männer, die auf Mithridates und seine Söhne stießen, die von fast tausend Mann umgeben waren. Sie schienen als Anker für die Deserteure zu wirken, die um sie herumrannten, langsamer wurden und dann endlich kehrtmachten, um sich dem letzten Gefecht anzuschließen. Julius gab den Befehl zum Keil, um die feindliche Linie zu durchbrechen. Seine Männer schüttelten ein letztes Mal ihre Müdigkeit ab; Julius selbst lief in der zweiten Reihe, hinter Cornix, der an der Spitze ging. Jetzt mussten sie den letzten Widerstand schnell brechen. Diese Männer waren nicht davongelaufen, sondern standen ausgeruht unter den Augen ihres Königs da und warteten.

Die Soldaten der Ventulus-Kohorte bildeten den Keil, als hätten sie schon ihr ganzes Leben lang zusammen gekämpft. Sie hielten die Schilde hoch, um die Seiten der vielköpfigen Pfeilspitze zu schützen, und als sie in die griechischen Reihen einbrachen, schoben sie sie mit unbändiger Wucht ineinander. Nur der Mann an der Spitze war ungeschützt, und Cornix fiel unter den ersten Hieben. Blutüberströmt erhob er sich wieder und hielt sich mit einer Hand den Bauch zu, während er mit der anderen wieder und immer wieder zuschlug, bis er erneut zu Boden stürzte. Dieses Mal stand er nicht wieder auf. Julius übernahm die Spitze, und der Riese Ciro rückte an seine Seite. Jetzt konnte Julius Mithridates sehen, der mit manischem Blick durch die eigenen Reihen auf die Römer zukam. Julius spürte, wie die Vorwärtsbewegung ins Stocken geriet, und er hätte vor Freude aufschreien können, als er sah, wie der König seine Männer beiseite schob, um sich auf seine Feinde zu stürzen. Er wusste, dass sie den griechischen König niemals hätten erreichen können, wenn er sich im Hintergrund gehalten hätte. Stattdessen brüllte Mithridates Befehle, und die Soldaten in seiner Nähe machten ihm Platz, um ihn an den Feind heranzulassen.