»Tubruk hat Land verkauft?«, fragte Julius überrascht. »Ich hatte gehofft… nein, es spielt keine Rolle. Ich werde es zurückkaufen. Ich will alles hören, was in der Stadt passiert ist, seit ich weg war, aber das wird warten müssen, bis ich ein langes Bad genommen und mir frische Sachen angezogen habe. Wir sind direkt von der Küste hierher marschiert, ohne die Stadt zu betreten.« Er strich ihr über das Haar, und sie erzitterte bei der Berührung leicht. »Ich habe eine Überraschung für dich«, sagte er und rief seine Männer herein.
Cornelia wartete geduldig mit Clodia und ihrer Tochter, während Julius’ Männer ihre Tornister hereinbrachten und sie in der Mitte des Zimmers aufstapelten. Ihr Gemahl war immer noch dasselbe Energiebündel, das sie in ihrer Erinnerung bewahrt hatte. Er rief nach den Dienern, damit sie den Männern den Weg zum Weinlager zeigten, wo diese sich so viel Wein holen sollten, wie sie brauchten. Andere wurden auf verschiedene Botengänge geschickt, und das ganze Haus erwachte um ihn herum zu geschäftigem Leben. Endlich schloss er die Tür und winkte Cornelia zu den Lederrucksäcken herüber.
Ihr und Clodia stockte hörbar der Atem, als er die Verschlüsse öffnete und sie die Goldmünzen darin glänzen sahen. Er lachte vor Vergnügen und zeigte ihnen immer mehr und mehr Reichtümer, Barren und Münzen aus Silber und Gold.
»Das ganze Lösegeld, und noch viermal so viel«, sagte er fröhlich, während er die Tornister wieder schloss. »Wir werden unser Land zurückkaufen.«
Cornelia wollte ihn fragen, wo er diesen Reichtum her hatte, doch als ihr Blick über die weißen Narben auf seinen braunen Armen und die tiefe Kerbe an seiner Stirn glitt, schwieg sie. Er hatte teuer dafür bezahlen müssen.
»Tata?«, ließ sich eine zarte Stimme vernehmen, und Julius lachte, als er hinunterblickte und die kleine Gestalt sah, die die Arme ausstreckte, um hochgehoben zu werden.
»Ja, mein kleiner Liebling. Ich bin dein Vater, der von den Schiffen heimgekehrt ist. Und jetzt brauche ich vor dem Schlafen ein schönes Bad und eine gute Mahlzeit. Der Gedanke an mein eigenes Bett bereitet mir ein Vergnügen, das ich kaum beschreiben kann.«
Seine Tochter lachte über seine Worte, und er drückte sie an sich.
»Vorsichtig! Sie ist keiner von deinen Soldaten, weißt du«, sagte Clodia und nahm sie ihm ab.
Julius verspürte einen Stich im Herzen, als das Kind seine Arme verließ, und er stieß einen zufriedenen Seufzer aus, als er sie alle betrachtete.
»Es gibt so viel zu tun, mein Liebling«, sagte er zu seiner Frau.
Schließlich war Julius doch zu ungeduldig gewesen, um zu warten und hatte nach Tubruk rufen lassen, damit dieser ihm Bericht erstattete, während er sich im Bad den Staub und Dreck der langen Reise vom Körper wusch. Das heiße Wasser hatte schon nach Augenblicken des Schrubbens eine dunkelgraue Farbe angenommen, und die Wärme vertrieb die Müdigkeit aus seinen Knochen.
Tubruk stand am Ende des schmalen Beckens und berichtete über die Geschäfte des Landgutes während der letzten drei Jahre, so wie er es früher auch vor Julius’ Vater getan hatte. Als Julius endlich sauber war, sah er jünger aus als der dunkle Krieger, der an der Spitze einer Marschkolonne aufgetaucht war. Das Blau seiner Augen wirkte wie ausgewaschen, und als der Energieschub des warmen Wassers verging, schaffte er es kaum noch, wach zu bleiben und zuzuhören.
Ehe der junge Mann in dem Becken einschlief, reichte ihm Tubruk ein paar Handtücher und ein weiches Gewand und verließ ihn. Er ging leichten Schrittes durch die Gänge des Gutshauses und lauschte den Gesängen der betrunkenen Soldaten draußen. Zum ersten Mal seit der Tat verließen ihn die Schuldgefühle, die ihn wegen seiner Rolle bei Sullas Tod geplagt hatten, als hätte es sie nie gegeben. Er hatte sich überlegt, Julius davon zu erzählen, wenn dieser richtig in Rom angekommen war und die Dinge wieder ihren normalen Gang gingen. Der Mord war schließlich in seinem Namen geschehen, und wenn Julius Bescheid wusste, konnte Tubruk den Familien von Casaverius, Fercus und den Eltern des jungen Soldaten, der ihn am Tor hatte aufhalten wollen, anonym etwas zukommen lassen. Vor allem der Familie von Fercus, die ohne ihn fast völlig mittellos war. Tubruk stand wegen des Mutes ihres Vaters tief in ihrer Schuld, und er wusste, dass Julius daselbe empfinden würde.
Als er an Aurelias Tür vorbeikam, hörte er von drinnen leises Wehklagen. Tubruk zögerte. Julius war zu müde, um noch einmal geweckt zu werden, und er hatte sich noch nicht nach seiner Mutter erkundigt. Tubruk wünschte sich nichts sehnlicher, als selbst nach einem langen Tag in sein Bett zu steigen, doch dann seufzte er und ging hinein.
28
Der Bote aus dem Senat traf am Anbruch des folgenden Tages ein. Tubruk brauchte eine Weile, bis er Julius geweckt hatte, und als der den Läufer endlich empfing, war er immer noch nicht richtig wach. Nach den vielen Monaten der Anspannung hatte diese eine Nacht im eigenen Haus nicht ausgereicht, um die Erschöpfung zu vertreiben, die tief in seinen Knochen steckte.
Julius fuhr sich mit der Hand durchs Haar, gähnte und lächelte den jungen Mann aus der Stadt verschlafen an.
»Ich bin Julius Cäsar. Welche Botschaft bringst du mir?«
»Der Senat wünscht deine Teilnahme an einer Vollversammlung heute Mittag, Herr«, antwortete der Bote eilig.
Julius blinzelte. »Das ist alles?«
Der Bote trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
»So lautet die offizielle Nachricht, Herr. Allerdings weiß ich aus dem, was unter den Laufburschen so geredet wird, noch etwas mehr.«
»Tubruk?«, sagte Julius und sah zu, wie der Gutsverwalter dem Mann eine Silbermünze reichte.
»Nun?«, erkundigte sich Julius, nachdem die Münze in einem verborgenen Beutel verschwunden war.
Der Bote lächelte.
»Es heißt, dir soll für deine Arbeit in Griechenland das Amt eines Tribuns verliehen werden.«
»Tribun?« Julius sah Tubruk an, der beim Antworten die Achseln zuckte.
»Das wäre eine Stufe weiter auf der Leiter«, bemerkte der Gutsverwalter betont gelassen und sah den Boten viel sagend an. Julius verstand und schickte den Mann in die Stadt zurück.
Sobald sie allein waren, schlug Tubruk seinem Schützling auf den Rücken.
»Herzlichen Glückwunsch! Erzählst du mir jetzt auch, wie du zu dieser Ehre kommst? Im Gegensatz zum Senat habe ich keine Boten, die ich ständig durch die Gegend schicken kann. Mir ist lediglich zu Ohren gekommen, dass du Mithridates geschlagen und eine ums Zwanzigfache überlegene Armee überrannt hast.«
Julius lachte überrascht auf.
»Nächste Woche, wenn die Gerüchte erst einmal in Rom kursieren, wird sie ums Dreißigfache überlegen gewesen sein. Vielleicht sollte ich die Gerüchte gar nicht erst richtig stellen«, fügte er mit einem schiefen Lächeln hinzu. »Komm, wir gehen ein Stück spazieren und ich erzähle dir die Einzelheiten. Ich will sehen, wo die neue Grenze verläuft.«
Er sah, wie sich Tubruks Stirn furchte, und lächelte, um den Mann aufzumuntern.
»Ich war überrascht, als Cornelia es mir erzählt hat. Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet du Land verkaufst.«
»Sonst hätten wir nicht genug Lösegeld zusammenbekommen, mein Junge. Und dieses Haus hat nur einen Sohn.«
Julius drückte ihm in jäher Zuneigung die Schulter.
»Ich weiß. Ich wollte dich nur foppen. Du hast das Richtige getan, und ich habe genügend Geld, um es zurückzukaufen.«
»Ich habe es an Suetonius’ Vater verkauft«, sagte Tubruk grimmig.
Julius blieb stehen.
»Er muss gewusst haben, dass die Summe für das Lösegeld bestimmt ist. Schließlich musste auch er seinen Sohn auslösen. Hast du einen guten Preis bekommen?«
»Ehrlich gesagt nicht«, erwiderte Tubruk mit schmerzlich verzogenem Gesicht. »Er hat hart verhandelt, so dass ich mich von mehr Land trennen musste, als ich eigentlich vorhatte. Ich bin sicher, dass er es für ein gutes Geschäft gehalten hat, aber es war…«, er verzog das Gesicht, als hätte er auf etwas Bitteres gebissen, »…schändlich.«