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«Ich?»

«Für dieses Jahr wird’s dann wohl aus sein mit Fasanen», fügte er hinzu. «Die Jagd wird am Sonnabend eröffnet, und später sind die Vögel in alle Winde verstreut – sofern welche übrig bleiben.»

«Warum diese plötzliche Einladung?», fragte ich misstrauisch.

«Kein besonderer Grund, Gordon. Gar keiner.»

«Ist es gefährlich?»

Darauf gab er mir keine Antwort.

«Ich nehme an, du hast da oben eine Flinte oder so was versteckt?»

«Eine Flinte!», rief er entsetzt. «Kein Mensch schießt Fasanen, weißt du das nicht? In Hazels Wäldern brauchst du nur eine Kinderpistole abzufeuern, und schon fallen die Wildhüter über dich her.»

«Wie machst du’s denn sonst?»

«Ach», sagte er nur und senkte geheimnistuerisch die Lider. Erst nach längerem Schweigen sprach er weiter. «Traust du dir zu, dass du den Mund halten kannst, wenn ich dir das eine oder andere erzähle?»

«Ganz entschieden.»

«Noch nie in meinem Leben habe ich jemandem ein Wort davon gesagt, Gordon.»

«Ich fühle mich sehr geehrt», antwortete ich. «Du kannst dich vollständig auf mich verlassen.»

Er wandte den Kopf und blickte mich mit seinen blassen Augen an. Sie waren groß und feucht wie die eines Ochsen und so dicht vor mir, dass ich im Zentrum, verkehrt herum gespiegelt, mein Gesicht sah.

«Ich werde dir jetzt die drei besten Arten der Welt schildern, Fasanen ohne Flinte zu erlegen», begann er. «Und da du auf diesem kleinen Spaziergang mein Gast bist, darfst du bestimmen, wie wir es heute machen wollen. Einverstanden?»

«Dahinter steckt etwas.»

«Nichts steckt dahinter, Gordon. Ich schwöre.»

«Gut. Also weiter.»

«Pass auf», fuhr er fort, «hier kommt das erste große Geheimnis.» Er hielt inne, um kräftig an seiner Zigarette zu ziehen. «Fasanen», flüsterte er, «sind wild auf Rosinen.»

«Rosinen?»

«Auf gewöhnliche Rosinen. Das ist bei ihnen geradezu eine Manie. Mein Vater hat das vor mehr als vierzig Jahren entdeckt. Und er hat auch alle drei Methoden entdeckt, die ich dir jetzt beschreiben werde.»

«Hast du nicht mal gesagt, dass dein Vater ein Säufer war?»

«Allerdings. Aber er war auch ein großer Wilderer, Gordon. Vielleicht der größte, den es je in der Geschichte Englands gegeben hat. Mein Vater studierte das Wildern wie eine Wissenschaft.»

«Tatsächlich?»

«Es ist mein Ernst, Gordon. Mein voller Ernst.»

«Ich glaub dir’s ja.»

«Weißt du», erzählte er weiter, «mein Vater hielt immer eine Schar junger Hähne auf unserem Hof. Nur zu Versuchszwecken.»

«Hähne?»

«Ganz recht. Und sooft er sich etwas Neues ausgedacht hatte, um Fasanen zu fangen, probierte er die Wirkung zuerst an einem Hahn aus. Auf diese Weise hat er die Sache mit den Rosinen entdeckt. Und auch die Rosshaarmethode.» Claud warf einen raschen Blick über die Schulter, als wollte er sich vergewissern, dass uns niemand belauschte. «Man macht das so», erklärte er. «Zuerst legt man ein paar Rosinen über Nacht in Wasser, damit sie hübsch rund und saftig werden. Dann nimmt man ein schönes steifes Rosshaar und schneidet es in fingernagellange Stücke. Darauf sticht man durch jede Rosine ein solches Stück Rosshaar, und zwar so, dass es rechts und links ein wenig herausschaut. Verstanden?»

«Ja.»

«Nun kommt also der alte Fasan und frisst eine von den Rosinen, nicht wahr? Du stehst hinter einem Baum und beobachtest das. Und wie geht’s weiter?»

«Ich nehme an, das Haar bleibt ihm in der Kehle stecken.»

«Selbstverständlich, Gordon. Aber das Erstaunliche, das, was mein Vater entdeckt hat, ist Folgendes: Sowie das geschieht, kann der Fasan nicht mehr die Füße heben. Er steht da wie angenagelt, steht da und bewegt seinen albernen Hals wie einen Pumpenschwengel auf und ab. Du brauchst nur noch aus deinem Versteck hervorzukommen und ihn in aller Ruhe mit den Händen zu packen.»

«Das glaube ich nicht.»

«Ich schwör’s dir», beteuerte er. «Hat ein Fasan erst mal das Rosshaar verschluckt, dann kannst du dicht an seinem Ohr ein Gewehr abfeuern, ohne dass er auch nur einen Sprung macht. Das ist eine von jenen unerklärlichen Kleinigkeiten, die zu entdecken es eines Genies bedarf.»

Er schwieg eine Weile, und in seinen Augen blitzte Stolz auf, während er sich der Erinnerung an seinen Vater, den großen Erfinder, überließ.

«Das war die Methode Nummer eins», fuhr er fort. «Methode Nummer zwei ist sogar noch einfacher. Man braucht dazu nur eine Angelschnur. Auf den Haken wird als Köder eine Rosine gesteckt, und dann kann man die Fasanen genau wie Fische angeln. Man wirft die Schnur weit aus, legt sich im Gebüsch auf den Bauch und wartet, bis einer anbeißt. Dann holt man ihn ein.»

«Das hat aber bestimmt nicht dein Vater erfunden.»

Claud zog es vor, meinen Einwurf zu überhören. «Diese Methode ist bei Sportanglern sehr beliebt. Vor allem bei solchen, die nicht so oft, wie sie möchten, an die Küste fahren können. Es verschafft ihnen etwas von der altgewohnten Spannung. Das Dumme ist nur, dass es ziemlichen Lärm macht. Wenn man die Schnur einholt, schreit der Fasan wie verrückt, und alle Wildhüter im Walde kommen angerannt.»

«Und wie ist die Methode Nummer drei?», fragte ich.

«Oh», antwortete er, «Nummer drei ist eine bildschöne Sache. Die letzte, die mein Vater vor seinem Tode noch erfunden hat.»

«Die Krönung seines Lebenswerkes, wie?»

«Genau das, Gordon. Ich kann mich noch deutlich an alles erinnern, sogar daran, dass es an einem Sonntag war. Stell dir vor, morgens kommt mein Vater plötzlich mit einem weißen Hahn unter dem Arm in die Küche und sagt: ‹Ich glaube, ich hab’s.» Er lächelt ein bisschen, in seinen Augen ist ein Schimmer von Stolz, er kommt sehr leise und ruhig herein, setzt den Vogel mitten auf den Küchentisch und sagt: ‹Bei Gott, diesmal ist die Sache goldrichtig.› Meine Mutter sieht von ihrem Abwasch auf und sagt: ‹Was ist goldrichtig? Nimm sofort den dreckigen Vogel von meinem Tisch, Horace.› Der Hahn hat einen komischen kleinen Papierhut auf dem Kopf, wie eine umgekehrte Waffeltüte für Eis, und mein Vater zeigt stolz mit dem Finger darauf. ‹Streichle ihn›, sagt er zu mir. ‹Er wird sich nicht vom Fleck rühren.› Der Hahn versucht, mit dem Fuß den Papierhut herunterzukratzen, aber der sitzt fest, als wäre er angeleimt. ‹Kein Vogel in der Welt läuft weg, wenn man ihm die Augen verdeckt›, erklärt mein Vater. Er stößt den Hahn mit dem Finger, pufft ihn und knufft ihn, ohne dass der Vogel im Geringsten Notiz davon nimmt. ‹Den kannst du haben›, sagt er zu Mutter, ‹schlachte ihn und tische ihn uns zur Feier der Erfindung auf, die ich soeben gemacht habe.› Damit packt er mich am Arm, läuft mit mir hinaus, und schon marschieren wir über die Felder zu dem großen Wald von Haddenham, der früher dem Herzog von Buckingham gehört hat. In weniger als zwei Stunden hatten wir fünf schöne, fette Fasanen gefangen, und zwar ohne jede Mühe. War ebenso einfach, wie sie im Laden zu kaufen.»

Claud hielt inne, um Atem zu schöpfen. Seine Augen waren groß, feucht und träumerisch von dem Rückblick in die Wunderwelt seiner Jugend.

«Etwas begreife ich aber nicht», sagte ich. «Wie hat er den Fasanen im Wald die Papierhüte auf den Kopf stülpen können?»

«Das wirst du nie erraten.»

«Bestimmt nicht.»

«Nun, die Sache ist so. Zuerst gräbt man ein kleines Loch in die Erde, dann dreht man aus einem Stück Papier eine Tüte, stellt sie mit der Spitze nach unten in das Loch, bestreicht das Innere der Tüte mit Vogelleim und tut ein paar Rosinen hinein. Auf der Erde legt man einen Streifen Rosinen aus, der zu dem Tütchen hinführt. Der alte Fasan folgt pickend der Spur, und wenn er an das Loch kommt, steckt er den Kopf hinein, um auch die letzten Rosinen zu verschlingen. Im nächsten Moment merkt er, dass er Papier über den Augen hat und nichts mehr sieht. Ist doch fabelhaft, worauf manche Leute verfallen, nicht wahr, Gordon?»