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«Aber würde es funktionieren

«Mein lieber William, wie soll ich das wissen? Ich kann Ihnen ja nicht einmal versprechen, dass es je wieder zum Bewusstsein kommen wird.»

«Und wenn das der Fall wäre?»

«Ja, dann! Das wäre phantastisch!»

«Wirklich?» Ich muss zugeben, dass ich meine Zweifel hatte.

«Aber natürlich! Stellen Sie sich doch vor, wenn es da liegt, mit all Ihren tadellos funktionierenden Denkprozessen und mit Ihrem Gedächtnis …»

«Und ohne die Fähigkeit, zu sehen, zu fühlen, zu schmecken, zu hören oder zu reden», sagte ich.

«Oh!», rief er. «Mir war doch gleich so, als hätte ich etwas vergessen. Das Auge – davon habe ich noch nicht gesprochen. Hören Sie zu. Ich will versuchen, einen Ihrer Sehnerven sowie das Auge selbst intakt zu lassen. Der Sehnerv, ein kleines Ding, nicht dicker als ein Bleistift, erstreckt sich vom Gehirn zum Auge, ist also ungefähr zwei Zoll lang. Das Schöne daran ist, dass er eigentlich gar kein Nerv ist, sondern eine Ausstülpung des Gehirns. Die Dura begleitet ihn und ist mit dem Augapfel verbunden. Die Rückseite des Auges steht daher in sehr engem Kontakt mit dem Gehirn und wird von der Hirnrückenmarkflüssigkeit erreicht.

Das alles kommt mir sehr zustatten, und ich halte es für durchaus möglich, dass ich eines Ihrer Augen retten kann. Ich habe sogar schon eine kleine Plastikschachtel für den Augapfel konstruiert. Sie soll die Augenhöhle ersetzen, und wenn Ihr Gehirn in der mit Ringer-Lösung gefüllten Schale liegt, wird Ihr Auge in seiner Schachtel auf der Flüssigkeit schwimmen.»

«Und die Decke anstarren», fügte ich hinzu.

«Ja, das ist anzunehmen. Ich fürchte, es werden keine Muskeln mehr da sein, die es bewegen können. Vielleicht ist es aber ganz amüsant, so ruhig und bequem in einer Schale zu liegen und in die Welt zu gucken.»

«Sehr lustig», sagte ich. «Wie wäre es, wenn Sie mir auch ein Ohr ließen?»

«Mit einem Ohr möchte ich es diesmal lieber noch nicht versuchen.»

«Ich wünsche ein Ohr», erwiderte ich. «Ich bestehe auf einem Ohr.»

«Nein.»

«Ich will Bach hören.»

«Sie ahnen nicht, wie schwierig das wäre», sagte Landy freundlich. «Das innere Gehörorgan – die sogenannte Schnecke – ist ein viel empfindlicherer Mechanismus als das Auge. Überdies ist es in Knochen eingeschlossen, und das Gleiche gilt für einen Teil des Gehörnervs, der das Ohr mit dem Gehirn verbindet. Ich kann unmöglich das ganze Ding heil herausmeißeln.»

«Und wenn Sie es nun mitsamt dem Knochengehäuse in die Schale legen?»

«Nein», antwortete er energisch. «Die Geschichte ist ohnehin kompliziert genug. Die Hauptsache, Ihr Auge funktioniert, auf das Gehör kommt es nicht so sehr an. Wir können Ihnen ja schriftliche Mitteilungen zum Lesen hinhalten. Die Entscheidung darüber, was möglich ist und was nicht, müssen Sie schon mir überlassen.»

«Bis jetzt habe ich mich noch gar nicht einverstanden erklärt.»

«Weiß ich, William, weiß ich.»

«Ich glaube nicht, dass mir die Idee sehr zusagt.»

«Möchten Sie lieber ein für alle Mal tot sein?»

«Vielleicht ja. Ich bin nicht ganz sicher … Würde ich sprechen können?»

«Natürlich nicht.»

«Wie sollten wir uns dann verständigen? Woher wollt ihr wissen, dass ich bei Bewusstsein bin?»

«Oh, das lässt sich mit Leichtigkeit feststellen», sagte Landy. «Der gewöhnliche Elektroenzephalograph würde es uns sofort anzeigen. Wir brauchen nur die Elektroden an die vorderen Lippen Ihres Gehirns in der Schale anzuschließen.»

«Sie könnten das wirklich feststellen?»

«Einwandfrei. Das kann man in jedem Krankenhaus.»

«Aber ich wäre nicht fähig, mich mit Ihnen zu verständigen.»

«Wahrscheinlich doch», meinte Landy. «In London gibt es einen Mann namens Wertheimer, der interessante Versuche auf dem Gebiet der Gedankenübertragung durchführt. Ich habe mich mit ihm in Verbindung gesetzt. Sie wissen vermutlich, dass das denkende Gehirn aufgrund chemischer Vorgänge elektrische Entladungen produziert, nicht wahr? Und dass es sich dabei um wellenförmige Entladungen handelt, etwa wie beim Radio?»

«Ein wenig weiß ich davon», erwiderte ich.

«Gut. Wertheimer hat einen Apparat konstruiert, der ähnlich arbeitet wie der Enzephalograph, jedoch sehr viel empfindlicher ist. Er behauptet, dieser Apparat könne ihm innerhalb gewisser enger Grenzen helfen, die Gedanken eines Gehirns zu verdolmetschen. Und zwar vermittels graphischer Aufzeichnungen, die sich anscheinend in Worte oder Gedanken übertragen lassen. Wäre es Ihnen recht, wenn ich Wertheimer bäte, Sie zu besuchen?»

«Nein», sagte ich. Landy hielt es bereits für sicher, dass ich mitmachen wollte, und das verübelte ich ihm. «Gehen Sie jetzt und lassen Sie mich in Ruhe», fuhr ich fort. «Sie erreichen nicht das Geringste, wenn Sie so über mich herfallen.»

Er stand auf und ging zur Tür.

«Eine Frage noch», sagte ich.

Er blieb stehen, die Hand auf dem Türknopf. «Ja, William?»

«Nur dies. Glauben Sie ehrlich, dass mein Gehirn, wenn es in der Schale liegt, genauso funktionieren wird wie in diesem Augenblick? Glauben Sie, ich werde denken und überlegen können wie jetzt? Und wird mir das Gedächtnis erhalten bleiben?»

«Davon bin ich überzeugt», antwortete er. «Das Gehirn bleibt ja unverändert. Es lebt. Es ist unbeschädigt, unangetastet. Wir haben nicht einmal die Dura geöffnet. Einen großen Unterschied würde es allerdings geben: Da wir jeden zum Gehirn führenden Nerv abgetrennt haben – mit Ausnahme des einen Sehnervs –, wäre Ihr Denken nicht mehr durch Ihre Sinne beeinflusst. Sie würden in einer außerordentlich reinen, von allem Irdischen losgelösten Welt leben. Nichts könnte Sie plagen, nicht einmal Schmerzen, denn Sie hätten keine Nerven, also auch keine Möglichkeit, etwas zu empfinden. In gewisser Weise wäre Ihre Lage geradezu beneidenswert. Kein Kummer, keine Sorgen, keine Schmerzen, weder Hunger noch Durst. Nicht einmal Wünsche. Nur Ihre Erinnerungen und Ihre Gedanken. Und falls die Sache mit dem Auge klappt, könnten Sie sogar Bücher lesen. Mir erscheint das alles sehr schön.»

«Im Ernst?»

«Ja, William, im Ernst. Besonders für einen Doktor der Philosophie müsste es ein ungeheures Erlebnis sein. Sie wären in der Lage, mit bisher nie erreichter Objektivität und Gelassenheit über das Weltgeschehen nachzudenken. Und wer weiß, was noch alles geschehen könnte! Vielleicht würden Sie auf große Gedanken und Lösungen von Problemen kommen, auf Ideen, die imstande wären, unser ganzes Leben zu revolutionieren. Versuchen Sie, wenn Sie können, sich den Grad von Konzentration vorzustellen, den zu erreichen Ihnen möglich wäre!»

«Und die Entsagungen?», warf ich ein.

«Unsinn. Entsagungen gäbe es nicht. Ohne Wünsche keine Entsagung, und was für Wünsche sollten Sie denn haben? Körperliche jedenfalls nicht.»

«Ich wäre doch gewiss fähig, mich meines bisherigen Lebens zu erinnern, und vielleicht würde ich wünschen, in die Welt zurückzukehren.»

«Wie, in dieses Durcheinander? Aus Ihrer behaglichen Schale in dieses Tollhaus?»

«Beantworten Sie mir noch eine Frage», sagte ich. «Wie lange werden Sie es wohl am Leben erhalten können?»

«Das Gehirn? Ja, wer weiß das? Unter so idealen Bedingungen möglicherweise Jahre und Jahre. Die meisten gefährlichen Faktoren wären dank dem künstlichen Herzen ausgeschaltet. Der Blutdruck würde, was im wirklichen Leben unmöglich ist, immer gleich bleiben. Ebenso die Temperatur. Die chemische Zusammensetzung des Blutes wäre nahezu vollkommen. Keine Unreinheiten, keine Viren, keine Bakterien, nichts. Natürlich ist es verrückt, überhaupt eine Zahl zu nennen, aber ich nehme an, dass ein Gehirn unter solchen Umständen zwei- bis dreihundert Jahre leben kann. Und nun muss ich gehen. Morgen sehen wir uns wieder.» Damit verschwand er und ließ mich, wie Du Dir denken kannst, in ziemlicher Verwirrung zurück.