Выбрать главу

Drusus Rencius lächelte.

»In dieser Zeit stand ich natürlich oft in engem Kontakt mit der Tatrix. Bei meinen Bemühungen, sie von der Sinnlosigkeit und dem Wahnsinn ihrer Politik zu überzeugen, hatte ich täglich mit ihr zu tun. Man kann sicher behaupten, daß es auf Gor niemanden gibt, der besser geeignet wäre als ich, sie zu erkennen, sie für euch zu identifizieren.«

»Vielen Dank, edler Ligurious«, sagte Claudius. »Also, würde Sheilas Häscher, der würdige Hassan aus Kasra, die Güte haben, sie uns vorzustellen?« Es blieb still. Männer schauten sich um. »Wo ist Hassan?« fragte der Ubar.

»Er ist nicht hier«, antwortete ein Mann.

Ligurious senkte lächelnd den Blick.

Claudius zuckte die Achseln. »Vielleicht ist er verhindert«, sagte er. »Der Sack soll geöffnet werden!«

Ligurious schaute sich erfreut um. Er machte sich nicht die Mühe, das öffnen des Sacks zu verfolgen, aus dem die hilflose, geknebelte nackte Sklavin hervorgezogen wurde. Man ließ sie vor Claudius und dem Rat niederknien.

Ligurious ließ den Blick in die Runde schweifen. »Ja«, sagte er. »Ich kenne sie gut. Daran besteht kein Zweifel.« Er deutete dramatisch auf die kniende Gestalt, ohne sie allerdings genau anzuschauen; vielmehr galt seine Aufmerksamkeit dem Publikum. »Ja«, sagte er. »Das ist sie! Das ist die berüchtigte Tatrix von Corcyrus!«

Das Mädchen gab verzweifelte Schreie von sich, die natürlich durch den Knebel gedämpft wurden, und schüttelte heftig den Kopf.

»Versuche es nicht zu leugnen, Sheila«, sagte er. »Du bist einwandfrei identifiziert.«

Sie gab den Widerstand aber nicht auf. Immer wieder schüttelte sie den Kopf. Tränen strömten ihr über das Gesicht.

Jetzt schien Ligurious sie überhaupt zum erstenmal näher anzuschauen. Ich glaube nicht, daß er sie sofort erkannte, wohl wegen unserer großen Ähnlichkeit und weil er es für unmöglich hielt, daß nicht ich aus dem Sack gezogen und vor Claudius und den Rat gebracht worden war. Plötzlich aber erbleichte er. »Wartet!« rief er. Er hockte sich nieder und nahm den Kopf der Frau in beide Hände. Sie blickte ihn beschwörend an. »Nein!« rief er plötzlich. »Nein! Das ist sie gar nicht!«

»Ich dachte, du hättest sie einwandfrei als Sheila identifiziert«, sagte Claudius.

»Nein, nein!« rief Ligurious zitternd. Seine Stirn war schweißfeucht. »Ich habe mich geirrt. Dies ist sie nicht!«

»Wo ist sie dann?« fragte Claudius zornig.

»Ich weiß es nicht!« rief Ligurious und sah sich verzweifelt um.

»Hassan aus Kasra!« rief der Bankettmeister von der Tür und gab damit die Ankunft des Sklavenjägers bekannt.

»Tut mir leid, daß ich zu spät komme«, sagte Hassan. »Ich wurde vorübergehend aufgehalten. Zwei Männer griffen mich an. Sie liegen jetzt gefesselt vor meiner Unterkunft, mit gebrochenen Armen und Beinen.«

»Sorgt dafür, daß die Übeltäter in Gewahrsam genommen werden«, sagte Claudius.

»Ja, Ubar«, antworteten zwei Soldaten und verließen mit schnellen Schritten den Saal.

Beim Erscheinen Hassans hatte Sheila sofort den Kopf gesenkt.

»Ist dies die Frau, die du in Ar gefangennahmst?« fragte Claudius und deutete auf Sheila.

Hassan ging zu ihr, griff ihr ins Haar, zog ihr Gesicht herum und untersuchte sie kurz.

»Ja, das ist sie«, sagte er.

»Hältst du sie für die Tatrix von Corcyrus?« fragte Claudius weiter.

»Ja, ich glaube, sie war Tatrix von Corcyrus«, antwortete Hassan.

»Er hat sie nie gesehen!« rief Ligurious.

»Sie wurde von Sleen identifiziert«, antwortete Hassan.

»Aber nach der falschen Kleidung!« rief Ligurious. »Dieses Mädchen ist nicht die echte Tatrix von Corcyrus! Die echte Tatrix muß hier irgendwo sein! Ich bin dessen sicher!«

»Woher willst du das wissen?« fragte Claudius. Verwirrt senkte Ligurious den Kopf. Er konnte der Versammlung nicht gut von dem Austausch erzählen, den er vorhin im Thronsaal hatte vornehmen wollen. »Ich habe sie hier im Palast gesehen«, erwiderte er hastig. »Ich glaubte, sie würde aus dem Sack geholt werden.«

»Mein Ubar«, sagte Miles aus Argentum und stand auf. »So ungern ich dem ehemaligen ersten Minister von Corcyrus widerspreche, der zweifellos einer der besten Lügner auf Gor ist, muß ich es doch als nicht unmöglich bezeichnen, daß er Sheila tatsächlich im Palast gesehen hat, vielleicht auf Händen und Knien beim Wischen eines Korridors, Aufgaben, die ich ihr letzthin mit großer Freude übertragen habe.«

Männer blickten sich erstaunt an.

»Mit deiner Erlaubnis, Ubar«, fuhr Miles fort und rief: »Sheila!«

Angstvoll huschte ich hinter dem Perlenvorhang hervor und kniete vor dem Mitteltisch nieder.

»Heb den Kopf!« befahl Miles.

Rufe des Erstaunens wurden laut.

»Dort!« rief Ligurious triumphierend, »haben wir die echte Sheila, die echte Tatrix von Corcyrus!«

»Glaubst du nicht, du müßtest sie ein wenig gründlicher untersuchen?« fragte Drusus Rencius.

Ligurious warf ihm einen haßerfüllten Blick zu und trat vor mich hin. Er tat, als betrachte er mich gründlich, ehe er sagte: »Ja, das ist die echte Sheila.«

»Eine bemerkenswerte Ähnlichkeit«, sagte Claudius staunend.

»Es könnten Zwillinge sein«, stellte ein Mann fest.

»Eine hat kürzeres Haar. Und es gibt auch andere kleine Unterschiede«, sagte ein anderer.

»Wenn man sie nicht zusammen sieht«, meinte ein dritter, »wäre es äußerst schwierig, sie auseinanderzuhalten.«

»Ja, ja!« riefen Stimmen.

»Ich behaupte, mein Ubar«, sagte Miles aus Argentum, »daß die Frau zu deiner Linken, die Frau mit dem kürzeren Haar, die Tatrix ist, vor der ich in Corcyrus erschien, als ich deinen Auftrag erfüllte und die Protestschreiben Argentums ablieferte.«

»Bist du sicher?«

»Ja«, sagte Ligurious, »er hat recht. Sie ist Sheila, die ehemalige Tatrix von Corcyrus.«

»Das ist aber nicht die Frau, die die Sleen gewittert haben«, wandte Hassan ein.

»Ich habe Zeugen, die sie identifizieren werden«, sagte Miles. »Ich bin der erste dieser Zeugen. Sie ist Sheila, Tatrix von Corcyrus!«

»Woher willst du das wissen?« fragte Drusus Rencius und erhob sich.

Ich war erstaunt. Woher nahm er den Mut zu sprechen?

»Der Hauptmann aus Ar hat nicht das Wort«, sagte Claudius.

»Bitte, laß ihn sprechen, edler Claudius«, sagte Miles.

»Hast du die Absicht, dich für die kurzgeschorene Sklavin zu verwenden?« fragte der Ubar.

»Ja«, sagte Drusus Rencius.

Erstaunte Ausrufe hallten durch den Bankettsaal. Sogar die Bankettsklavinnen, die im Hintergrund standen, Mädchen wie Claudia, Crystal, Tupa und Emily, schauten sich erstaunt an. Ich erschauderte.

»Bitte sehr«, sagte Claudius.

»Sei bedankt, Ubar«, sagte Drusus Rencius.

»Hast du die Absicht, unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzen, mein Waffengefährte?« fragte Miles aus Argentum.

»Geliebter Miles, eine Freundschaft, die durch die Wahrheit in Gefahr gebracht werden kann, ist keine Freundschaft«, gab Drusus Rencius zurück.

»Das ist die Frau, die ich in Corcyrus sah, als ich die Protestschreiben Argentums dort ablieferte!« wiederholte Miles und deutete auf mich. »Das ist die Frau, die auf dem Thron saß. Das ist die Frau, die ich nach der Eroberung der Stadt gefangennahm. Das ist die Frau, die ich in den goldenen Käfig sperren ließ.«

»Das bestreite ich auch nicht«, sagte Drusus Rencius.