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«Um punkt elf«, sagte Tracy.»Danke.«

Fünfzig Meter weiterbefand sich der Acme Luggage Store. Tracybetrachtete die Reisetaschen und Koffer im Schaufenster. Dann trat sie ein.

Ein Verkäufer näherte sich ihr.»Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?«

«Ich möchte einen Koffer für meinen Mann kaufen. Vielleicht auch zwei.«

«Da sind Siebei uns gerade richtig. Wir räumen im Moment einen Teil unseres Lagers und haben ein paar hübsche, preiswerte…«

«Nein«, sagte Tracy.

Sie ging zu den Vuitton‑Koffern, die an einer der Wände aufgestapelt waren.»Die sind eher das, was ich suche.«

«Oh, einer von denen wird Ihrem Mann sicher gefallen. Wir haben sie in drei Größen. Welche möchten Sie denn?«

«Ich nehme einen von jeder Größe.«

«Na, prima. Bar oder auf Karte?«

«Zahlungbei Ablieferung. Mein Mann heißt Joseph Romano. Könnten Sie die Koffer am Donnerstagvormittag in seinBürobringen lassen?«

«Aber selbstverständlich, Mrs. Romano.«

«Um 11 Uhr?«

«Ich werde mich persönlich darum kümmern.«

Dann fiel Tracy noch etwas ein.»Oh… würden Sie wohl seine Initialen darauf prägen? In Gold? J. R.«

«Gewiß doch. Mit Vergnügen, Mrs. Romano.«

Tracy lächelte und gabdem Verkäufer die Adresse von Joe

RomanosBüro. Bei der Western Union schickte sie ein Telegramm mit

bezahlter Rückantwort an den Rio Othon Palace am Strand

von Copacabana in Rio de Janeiro. Es lautete:

ERBITTE ABFREITAG DIESER WOCHE FÜR 2 MONATE IHRE TEUERSTE SUITE. UMGEHENDEBESTÄTIGUNG AN: JOSEPH ROMANO, POYDRAS STREET 217, ZIMMER 408, NEW ORLEANS, LOUISIANA, USA.

Zwei Tage später rief Tracybei der First MerchantsBank an und ließ sich mit Lester Torrance verbinden. Als sie seine Stimme hörte, sagte sie sanft:»Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht mehr an mich, Lester, aber hier ist Laureen Hartford, Mr. Romanos Sekretärin, und…«

Na, und ober sich noch an sie erinnerte! Seine Stimme war voll Eifer.»Aber natürlich erinnere ich mich an Sie, Laureen. Ich…«

«Ja, wirklich? Dabin ich aber sehr geschmeichelt. Sie kommen doch jeden Tag mit soviel Menschen zusammen…«

«Aber mit keinen wie Ihnen«, versicherte Lester.»Sie haben nicht vergessen, daß wir mal zum Essen gehen wollten, nein?«

«Wie könnte ich! Wo ich mich doch schon so darauf freue! Paßt es Ihnen am nächsten Dienstag, Lester?«

«Ja, sicher!«

«Also abgemacht. Oh! Bin ichblöd! Ich finde es so aufregend, mit Ihnen zu reden, daß ich's fast vergessen hätte — Mr. Romano hat gesagt, ich soll mich nach seinem Kontostand erkundigen. Können Siebitte mal schnell für mich nachschauen?«

«Klar. Kein Problem.«

Normalerweise hätte sich Lester Torrance nach dem Geburtsdatum des Anrufers oder irgendeinem anderen Erkennungszeichen erkundigt, aber in diesem Fall war das gewiß nicht nötig.»Bleiben Sie dran, Laureen«, sagte er.

Lester Torrance ging zum Kontoschrank, nahm sich Joe Romanos Auszug vor undbetrachtete ihn verdutzt. In den letzten Tagen waren ungewöhnlich viel Einzahlungen auf Romanos Konto gemacht worden. Lester Torrance fragte sich, was da wohl imBusch war. Offensichtlich eine große Sache. Wenn er mit Laureen Hartford zum Essen ging, würde er sie aushorchen. Ein paar Insiderinformationen konnten nie schaden. Er kehrte ans Telefon zurück.

«IhrBoß hält uns schwer in Atem«, teilte er Tracy mit.»Er hat jetzt etwas über dreihunderttausend Dollar auf seinem Scheckkonto.«

«Gut. Das entspricht genau der Zahl, die mir hier vorliegt.«

«Sollen wir denBetrag auf ein Geldmarktkonto umbuchen? Auf dem Scheckkontobringt er keine Zinsen, und ich könnte…«

«Nein, danke. Er will, daß das Geldbleibt, wo es ist«, erwiderte Tracy.

«Okay.«

«Vielen Dank, Lester. Sie sind ein Schatz.«

«Warten Sie noch eine Sekunde! Soll ich Sie imBüro anrufen? Wegen Dienstag, meine ich?«

«Ich rufe Sie an, mein Engel«, sagte Tracy.

Und legte auf.

Das moderneBürohochhaus, das Anthony Orsatti gehörte, lag in der Poydras Street, zwischen dem Hafenviertel und dem gigantischen Louisiana Superdome. DieBüros der Pacific Import‑Export Company nahmen den ganzen vierten Stock des Gebäudes ein. Am einen Ende der Etagebefanden sich Orsattis Zimmer, am anderen die von Joe Romano. Der Raum

dazwischen wurde von vier jungen Empfangsdamen ausgefüllt, die am Abend Anthony Orsattis Freunde und Geschäftspartner zu unterhalten hatten. Vor der Tür zu Orsattis Vorzimmer wachten zweibullige Männer, die ihr Leben dem Schutz ihresBosses verschrieben hatten. Sie dienten dem Capo auch als Chauffeure, Masseure und Laufburschen.

An diesem Donnerstagmorgen saß Orsatti in seinemBüro und studierte die Umsätze des Vortags, die mit Lotto, Wettgeschäften, Prostitution und einem Dutzend weiterer lukrativer Aktivitäten erzielt worden waren. All diese Aktivitäten steuerte die Pacific Import‑Export Company.

Anthony Orsatti ging auf die siebzig zu. Er war seltsam gebaut: ein großer, fleischiger Oberkörper auf kurzen, dürrenBeinen, die für einen wesentlich kleineren Mann gedacht zu sein schienen. Wenn er stand, sah er aus wie ein sitzender Frosch. Sein Gesicht war von einem wüsten Netz aus Narben überzogen — so kreuz und quer und durcheinander, als hätte es einebetrunkene Spinne gewebt. Er hatte keinen Mund, sondern ein Maul und schwarze, aus den Höhlen quellende Augen. In seinem fünfzehnten Lebensjahr hatte er plötzlich Haarausfallbekommen. Seitdem war er völlig kahl, und seitdem trug er eine schwarze Perücke. Sie saß schlecht, aber das hatte ihm in all den Jahren nie jemand zu sagen gewagt. Orsattis kalte Augen waren die Augen eines Spielers — sie gaben nichts preis, und sein Gesicht warbloß dann nicht ausdruckslos, wenn er mit seinen fünf Töchtern zusammen war, die er innig liebte. Nur an seiner Stimme konnte man seine Gefühle ablesen. Sie war rauh, heiser und fast tonlos — Folge einer Drahtschlinge, die ihm an seinem einundzwanzigsten Geburtstag um den Hals gelegt und zugezogen worden war. Wenn Orsatti sich wirklich aufregte, senkte er die Stimme zu einem erstickten, kaum hörbaren Flüstern.

Anthony Orsatti war ein König, der sein Reich mit Schmiergeldern, Waffengewalt und Erpressung regierte. Er herrschte über New Orleans, und es zollte ihm in Form von unermeßlichem Reichtum Tribut. Die Capos der anderen Familien im Land achteten ihn und suchten häufig seinen Rat.

Im Moment war Anthony Orsatti leutselig gestimmt. Er hatte mit seiner Geliebten gefrühstückt, die er sich in einem Appartmenthaus hielt, das ihm gehörte. Erbesuchte sie dreimal pro Woche, und derBesuch heute morgen warbesondersbefriedigend gewesen. Sie veranstaltete mit ihm Dinge imBett, die anderen Frauen nicht einmal im Traum einfielen, und Orsatti glaubte allen Ernstes, sie mache das aus Liebe. Seine Organisation lief wie eine gut geölte Maschine. Es gabkeine Probleme, weil sich Orsatti darauf verstand, Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen, bevor sie sich zu Problemen auswuchsen. Er hatte seine Philosophie einmal Joe Romano erklärt:»Laß aus einem kleinen Problem nie ein großes Problem werden, Joe, sonst ist das wie ein Schneeball, aus dem eine Lawine wird. Wenn du so 'n kleinenBoß von 'nemBezirk hast, der meint, er müßte größere Anteile kriegen — dann schmilzt du ihn, klar? Kein Schneeball mehr. Oder es kommt so 'n junger Schnösel aus Chicago und fragt dich, ober hier 'n kleines Geschäft aufziehen kann. Du weißt natürlich, daß aus dem kleinen Geschäftbald 'n großes Geschäft wird, das dir die Einnahmen versaut. Also sagst du, ja, er kann hier 'n Geschäft aufmachen, und wenn er in New Orleans ist, schmilzt du den Drecksack. Kein Schneeball mehr. Verstehst du, was ich meine?«

Joe Romano verstand, was er meinte.

Anthony Orsatti liebte Romano wie einen Sohn. Er hatte ihn als verwahrlosten Knaben aufgelesen, der in dunklen GassenBetrunkene ausraubte. Er hatte ihn in die Lehre genommen, und nun konnte der Junge seinen Weg machen. Romano war flink, er war schlau, und er war ehrlich. Im Laufe von zehn