«Bitte, beeilen Sie sich!«flehte André.»Mr. Pope kommtbald nach Hause.«
«Immer mit der Ruhe«, sagte AI.»Das haben wir gleich.«
Die drei Männer kehrten in die Küche zurück.»Ich… ich muß mich jetzt um die Salatsoße kümmern«, verkündete André.»Finden Sie den Weg auf den Dachboden auch allein?«
AI hobbegütigend die Hand.»Nur keine Aufregung, Meister. Sie machen Ihren Job, und wir machen unsern, okay?«
«Ja. Danke. Vielen Dank.«
Andrébeobachtete, wie diebeiden Monteure zu ihrem Kombi gingen und mit zwei großen Leinentaschen zurückkamen.»Wenn Sie wasbrauchen«, sagte er,»dann rufen Sie mich.«
«In Ordnung.«
Die Monteure stiegen die Treppe hinauf, und André verschwand in seiner Küche.
Auf dem Speicher öffneten Ralph und AI ihre Leinentaschen und förderten einen kleinen Camping‑Klappstuhl zutage, dazu einen Drillbohrer, ein Stullenpaket, zwei DosenBier, ein Zeiss‑Nachtglas und zwei lebende Hamster, denen ein dreiviertel Milligramm Acetylpromazin injiziert worden war.
Diebeiden Männer machten sich ans Werk.
«Ernestine wird mächtig stolz auf mich sein«, gluckste Al.
Zunächst war er strikt dagegen gewesen.
«Dubist nicht ganz dicht, Frau. Mit Perry Pope mach ich keinen Scheiß. Der sorgt dafür, daß ich ewig und drei Tage eingebuchtet werde. Nein, also echt nicht.«
«Wegen dem laß dir keine grauen Haare wachsen. Wenn das gelaufen ist, ist er weg vom Fenster, glaub's mir.«
Sie lagen nackt auf dem Wasserbett in Ernestines Wohnung.
«Wieso willst du da voll drauf einsteigen, meine Süße?«fragte AI.
«Weil er 'nblöder Zipfel ist.«
«He, die Welt ist voll vonblöden Zipfeln, aber deswegen
kannst du nicht dein Leben lang rumrennen und jedem in die Eier treten.«
«Also gut. Ich mach's für 'ne Freundin.«
«Für Tracy?«
«Richtig.«
AI mochte Tracy. Sie hatten an dem Tag, an dem sie aus dem Gefängnis entlassen worden war, alle gemeinsam zu Abend gegessen.
«Sie ist 'ne Klassefrau«, räumte AI ein.»Aber warum sollen wir den Kopf für sie hinhalten?«
«Weil — wenn wir ihr nicht helfen, dann muß sie jemand nehmen, der nicht halbso gut ist wie du, und wenn sie geschnappt wird, knasten sie sie wieder ein.«
AI setzte sich auf undblickte Ernestine neugierig an.»Ist dir das so wichtig?«
«Ja, Honey.«
Sie würde es ihm niebegreiflich machen können, aber die Wahrheit war einfach die: Ernestine konnte den Gedanken nicht ertragen, daß Tracy wieder im Gefängnis saß undBigBertha ausgeliefert war. Es ging Ernestine dabei nicht nur um Tracy, sondern auch um sich selbst. Sie hatte sich zu TracysBeschützerin aufgeschwungen, und wennBigBertha Hand an sie legte, war das eine Niederlage für Ernestine.
Also sagte sie lediglich:»Ja. Es ist mir echt wichtig, Honey. Machst du's?«
«Allein schaff ich das ums Verrecken nicht«, murmelte AI.
Und Ernestine wußte, daß sie gewonnen hatte. Sie knabberte sich zärtlich an Als langem, schlanken Körper nach unten, in Richtung Süden. Und sie murmelte:»Ist Ralph nicht vor 'n paar Tagen aus 'm Knast entlassen worden?«
Um 18 Uhr 30 kehrten diebeiden Männer verschwitzt und verdreckt in Andrés Küche zurück.»Ist es jetzt repariert?«fragte André ängstlich.
«War 'ne verdammt verzinkte Sache«, teilte AI ihm mit.»Also, was Sie hier haben, das ist 'n Kondensator mit 'm Allstromsperrpunkt, und der…«
André fiel ihm ungeduldig ins Wort.»Schon gut, schon gut. Aber ist es jetzt repariert?«
«Klar. Alles inButter. In fünf Minuten läuft's wieder wie geschmiert.«
«Wunderbar! Die Rechnung legen Siebitte auf den Küchentisch, und…«
Ralph schüttelte den Kopf.»Die kriegen Sie in den nächsten Tagen von der Firma zugeschickt.«
«Tausend Dank. Au revoir!«
Andrébeobachtete, wie diebeiden Männer durch die Hintertür verschwanden, ihre Leinentaschen in der Hand. Als sie außer Sicht waren, gingen sie ums Haus herum, auf den Hof, und öffneten den Kasten mit dem Außenkondensator der Klimaanlage. Ralph hielt die Taschenlampe, und AI verband die Leitungen wieder miteinander, die er vor knapp drei Stunden unterbrochen hatte. Die Klimaanlage sprang sofort wieder an.
AI schriebsich die Telefonnummer von dem Firmenschildchen ab, das am Kondensator hing. Als er kurze Zeit später die Nummer anwählte und sich der automatische Anrufbeantworter der Eskimo Air‑Conditioning Company meldete, sagte AI:»Hierbei Perry Pope, Charles Street 42. Unsere Klimaanlage funktioniert jetzt wieder. Schönen Tag noch.«
Der allwöchentliche Pokerabend am Freitagbei Perry Pope war ein Ereignis, dem dieBeteiligten stets freudig entgegenblickten. Es war immer dieselbe kleine Gruppe: Anthony Orsatti, Joe Romano, Richter Henry Lawrence, ein Stadtrat, ein Senator — und natürlich der Gastgeber. Die Einsätze waren hoch, das Essen war köstlich, und die
Gesellschaft, die sich an diesen Abenden zu versammeln pflegte, verkörperte geballte Macht.
Perry Pope zog sich in seinem Schlafzimmer um, legte eine weiße Seidenhose und ein dazu passendes Sporthemd an. Er summte vergnügt vor sich hin und dachte an denbevorstehenden Abend. Seit einiger Zeit hatte er eine unglaubliche Glückssträhnebeim Pokern. Man könnte auch sagen, daß mein ganzes Leben eine Glückssträhne ist, dachte er.
Wenn jemand in New Orleans eine juristische Gefälligkeitbrauchte, ging er zu Perry Pope. Seine Macht verdankte er den gutenBeziehungen, die er zu Orsatti unterhielt. Man kannte ihn als den» Arrangeur«, und tatsächlich konnte er alles richten — vom Strafzettel über eine Anzeige wegen Drogenhandelsbis hin zur Mordanklage. Das Leben war einfach herrlich.
Anthony Orsattibrachte einen neuen Gast mit.»Joe Romano spielt nicht mehr mit«, erklärte er.»Aber Kommissar Newhouse kennt ihr ja auch alle.«
Die Männer schüttelten sich reihum die Hand.
«Die Drinks stehen auf dem Sideboard, meine Herren«, verkündete Perry Pope.»Essen gibt's später. Ja, wollen wir dann mal?«
Die Männer nahmen ihre gewohnten Plätze am grünen Spieltisch ein. Orsatti deutete auf Joe Romanos leeren Stuhl und sagte zu Kommissar Newhouse:»Da sitzen Sie jetzt, Mel.«
Während einer der Männer die Karten aufdeckte, verteilte Pope die Pokerchips. Er erklärte Kommissar Newhouse:»Die schwarzen Chips sind fünf Dollar wert, die roten zehn, dieblauen fünfzig und die weißen hundert. Jeder kauft erst einmal Chips für fünfhundert Dollar. Wir steigern die Einsätze dreimal. Der Kartengeberbestimmt, was gespielt wird.«
«Mir soll's recht sein«, sagte der Kommissar.
Anthony Orsatti war übler Laune.»Los, fangen wir an. «Seine Stimme war ein ersticktes Flüstern. Kein gutes Zeichen.
Orsattibrütete schwarze Gedanken: Ich war zu Joe Romano wie ein Vater. Ich habihm vertraut, ich habihn zu meiner rechten Hand gemacht. Und das Schwein hat mich austricksen wollen. Wenn mich diese hysterische französische Tante nicht angerufen hätte, hätte er's vielleicht auch geschafft. Na, jetzt schafft er's jedenfalls nicht mehr. Nicht da, wo er ist. Er hat sich ja für so schlau gehalten. Dann soll er mal versuchen, ober die Fischebescheißen kann.
«Tony, spielst du oder paßt du?«
Orsatti konzentrierte sich wieder auf das Spiel. An diesem Tisch waren ungeheure Summe gewonnen und verloren worden. Es regte Anthony Orsatti immer auf, wenn er verlor, und das hatte nichts mit Geld zu tun. Er konnte einfach nicht verlieren. Er hielt sich für den geborenen Gewinner. Nur Leute dieses Schlagesbrachten es zu einer solchen Position wie er. In den letzten sechs Wochen hatte Perry Pope eine irrwitzige Glückssträhnebeim Pokern gehabt, und Anthony Orsatti war fest entschlossen, ihr heute ein Ende zu machen.
Aber wie er's auch anstellte — er verlor. Er erhöhte die Einsätze, spielte äußerst gewagt, versuchte mit allen Mitteln, seine Verluste wieder hereinzuholen. Als sie gegen 24 Uhr aufhörten, um sich mit einem Imbiß zu stärken, hatte Orsatti 50.000 Dollar verloren. Und der strahlende Gewinner hieß Perry Pope.