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«Ja.«

«Ichbin Conrad Morgan. Bitte, kommen Sie herein.«

Tracy trat in das leere Geschäft.

«Ich habe schon auf Sie gewartet«, sagte Conrad Morgan.»Gehen wir in meinBüro. Da können wir in aller Ruhe miteinander reden.«

Er führte sie durch das Geschäft zu einer abgeschlossenen Tür, die er mit einem Sicherheitsschlüssel aufsperrte. SeinBüro war elegant eingerichtet. Es wirkte mehr wie eine Wohnung als wie ein Geschäftsraum — kein Schreibtisch, nur Sofas, Sessel und Tische in kunstvoller Anordnung. An den Wänden hingenBilder von alten Meistern.

«Möchten Sie etwas trinken?«fragte Conrad Morgan.

«Whisky, Cognac… oder vielleicht einen Sherry?«

«Nein danke.«

Tracy war auf einmal nervös. Sie hatte die Vorstellung, daß der Mann ihr helfen konnte, bereits aufgegeben, und gleichzeitig hoffte sie verzweifelt, er werde es doch tun.

«Betty Franciscus hat mir geraten, Sie aufzusuchen, Mr. Morgan. Sie hat gesagt, daß Sie Menschen helfen, die im… die in Schwierigkeiten waren. «Tracy konnte sich nicht dazu überwinden, das Wort Gefängnis auszusprechen.

Conrad Morgan legte die Hände aneinander, und Tracybemerkte, wie schön manikürt sie waren.

«Die armeBetty. So eine liebe Frau. Aber sie hatte eben Pech.«

«Pech?«

«Ja. Sie ist erwischt worden.«

«Ich… ich verstehe nicht, was Sie meinen.«

«Es ist ganz einfach, Miß Whitney. Betty hat für mich gearbeitet. Es konnte ihr eigentlich nichts passieren. Aber dann hat sich das arme Weibin einen Chauffeur aus New Orleans verliebt und ist auf eigene Faust losgezogen. Ja nun, und da ist sie eben erwischt worden.«

Tracy war verwirrt.»Sie hat hier als Verkäuferin für Sie gearbeitet, ja?«

Conrad Morgan lehnte sich zurück und lachte, bis ihm die Tränen kamen.»Nein, mein liebes Kind«, sagte er und wischte sich die Tränen ab.»Offenbar hatBetty Ihnen nicht alles erklärt. «Er faltete die Hände.»Ich habe einen sehr einträglichen kleinen Nebenerwerb, Miß Whitney, und es macht mir große Freude, die Gewinne, die erbringt, mit meinen Kollegen zu teilen. Ichbeschäftige mit dem schönsten Erfolg Leute wie Sie, Leute, die, pardon, schon mal gesessen haben.«

Tracybetrachtete sein Gesicht. Ihre Verwirrung nahm zu.

«Ichbefinde mich in einer einzigartigen Lage, müssen Sie

wissen. Ich habe eine schwerreiche Kundschaft. Meine Kunden werden meine Freunde. Sie vertrauen mir. «Er tippte die Fingerspitzen zart gegeneinander.»Ich weiß, wann meine Kunden verreisen. Die wenigsten nehmen in diesen gefährlichen Zeiten ihren Schmuck mit; sie lassen ihn lieber zu Hause. Und ichberate sie in der Frage, wie sie ihre Preziosen ambesten sichern. Ich weiß genau, welche Juwelen siebesitzen, weil sie siebei mir gekauft haben. Sie…«

Tracy stand abrupt auf.»Danke, Mr. Morgan.«

«Sie wollen doch nicht etwa schon gehen?«

«Wenn Sie damit sagen wollen, was ich glaube…«

«Ja. Das will ich in der Tat damit sagen.«

Tracys Wangenbrannten.»Ichbin keine Kriminelle. Ichbin hierher gekommen, weil ich Arbeit suche.«

«Und ichbiete Ihnen welche, mein liebes Kind. Nimmt nicht mehr als ein, zwei Stunden von Ihrer Zeit in Anspruch, und ich kann Ihnen fünfundzwanzigtausend Dollar in Aussicht stellen. «Er lächelte spitzbübisch.»Steuerfrei natürlich.«

Tracy mußte sich sehrbemühen, ihres Unmuts Herr zu werden.»Ichbin nicht interessiert. Würden Sie mich jetztbitte nach draußen lassen?«

«Gewiß. Wenn Sie wollen…«Er erhobsich und führte sie zur Tür seinesBüros.»Eins noch zu Ihrer Information, Miß Whitney: Wenn auch nur die geringste Gefahrbestünde, daß jemand erwischt wird, hätte ich diesen Nebenerwerbnicht. Ich habe schließlich einen guten Namen. Und den muß ich verteidigen.«

«Ich verspreche Ihnen, daß ich's nicht weitersage«, entgegnete Tracy kühl.

Er grinste.»Das können Sie auch gar nicht, mein liebes Kind. Ich meine — wer würde Ihnen glauben?«

Als siebei der Ladentür waren, fuhr er fort:»Sie sagen mirBescheid, wenn Sie es sich doch noch anders überlegen, ja? Man erreicht mich telefonisch am ehesten nach 18 Uhr. Ich

warte auf Ihren Anruf.«

«Tun Sie's nicht«, erwiderte Tracybarsch. Und sie ging in diebeginnende Dunkelheit hinaus. Als sie in ihr Zimmer kam, zitterte sie immer noch.

Sie ließ sich vom einzigen Pagen des Hotels ein Sandwich und Kaffeebringen. Ihr war nicht danach zumute, jemanden zu sehen. Sie fühlte sich unrein nach derBegegnung mit Conrad Morgan. Er hatte sie mit all den traurigen, konfusen und kaputten Typen in einen Topf geworfen, von denen sie im Southern Louisiana Penitentiary for Women umgeben gewesen war. Aber sie gehörte nicht zu ihnen. Sie war Tracy Whitney, EDV‑Expertin und anständige, gesetzestreueBürgerin.

Der niemand Arbeit gab.

Tracy lag die ganze Nacht wach und grübelte über ihre Zukunft nach. Sie hatte keine Arbeit und kaum noch Geld. Sie faßte zwei Entschlüsse: Morgen würde sie sich nach einerbilligeren Wohngelegenheit umsehen und einen Jobsuchen. Und jeden annehmen.

Diebilligere Wohngelegenheit war ein trostloses Einzimmerappartment an der Lower Hast Side. Durch die papierdünnen Wände konnte Tracy hören, wie sich ihre Nachbarn in allen möglichen Sprachen anschrieen. Die Fenster und Türen der kleinen Läden in dieser Gegend waren verrammelt und verriegelt, und Tracy verstand gut, warum. Es wimmelte hier vonBetrunkenen, Prostituierten und Stadtstreicherinnen.

Auf dem Weg zum Einkaufenbekam Tracy drei unsittliche Anträge: zwei von Männern und einen von einer Frau.

Das werde ich schon aushalten. Ichbleibe hier nicht lang, sagte sich Tracy.

Sie suchte ein kleines Stellenvermittlungsbüro auf, das ein paar Straßen von ihrem Appartment entfernt war. Betrieben

wurde es von Mrs. Murphy, einer matronenhaften, dicklichen Dame. Sie notierte sich Tracys Lebenslauf undblickte sie fragend an.»Ich weiß nicht, wofür Sie michbrauchen. Es gibt doch sicher Dutzende von Firmen, die sich alle zehn Finger danach lecken würden, Sie zu kriegen.«

Tracy holte tief Luft.»Ich habe ein Problem«, sagte sie. Sie erklärte, was zu erklären war, und Mrs. Murphy hörte ihr schweigend zu. Als Tracy ausgeredet hatte, meinte sie:»Computerjobs… also, das können Sie vergessen.«

«Aber Sie haben doch gesagt…«

«Die Firmen, die mit EDV arbeiten, sind sehr pingelig. Die stellen niemand an, der vorbestraft ist.«

«Aber ichbrauche unbedingt einen Job. Ich…«

«Es gibt auch noch andere Jobs. Haben Sie schon mal daran gedacht, als Verkäuferin zu arbeiten?«

Tracy erinnerte sich an die hysterische Frau im Kaufhaus. So etwas noch einmal — nein, das hielt sie nicht aus.»Was anderes haben Sie nicht?«

Mrs. Murphy zögerte. Tracy Whitney war etwas überqualifiziert für den Job, den sie zubieten hatte.»Ich weiß, das ist nicht so ganz Ihre Richtung«, sagte sie,»aber im Jackson Hole wäre 'ne Stelle frei. Das ist ein Eßlokal an der Upper East Side.«

«Was für eine Stelle? Kellnerin?«

«Ja. Wenn Sie sie nehmen, verlange ich keine Provision von Ihnen. Ich hab's nur zufällig gehört.«

Tracy dachte nach. Sie hatte auf dem College in Kneipen gearbeitet. Damals war esbloß Jux gewesen. Jetzt ging es ums Überleben.

«Ich will's versuchen«, sagte sie.

Das Lokal war ein Tollhaus. Laute, ungeduldige Gäste und geplagte, gereizte Köche. Das Essen war gut, die Preise waren vernünftig, und die Kneipe war immer rammelvoll. Die

Kellnerinnen mußten sich hetzen von frühbis spät, Ruhepausen gabes nicht, und am Ende des ersten Tages war Tracy dem Zusammenbruch nahe. Aber sie verdiente Geld.

Am Nachmittag des zweiten Tagesbediente Tracy einen Tisch, an dem eine Runde von Vertretern saß, und einer der Männer faßte ihr an den Rock und noch ein Stück höher. Tracy kippte ihm einen Teller Chili über den Kopf. Damit hatte sie diesen Jobverloren.