«Eigentlich gehörst du ja nicht zu uns, wie, alter Junge? Aber solang du Louise imBett amüsierst, ist es okay. Ich mag meine Schwester sehr gern.«
Es kostete Jeff seine ganze Willenskraft, nicht zu explodieren. Ichbin nicht mit diesem Sack verheiratet. Sondern mit Louise.
Die anderen Mitglieder des Clubs waren ähnlich unangenehm. Sie fanden Jeff furchtbar lustig. Mittags aßen sie immer im Clubund forderten ihn auf, er solle Geschichten aus seiner Zeitbeim Vergnügungspark erzählen. Jeff kam ihrerBitte nach undband ihnen immer größereBären auf.
Jeff und Louise wohnten in einer Zwanzigzimmervilla an der East Side von Manhattan, in der es nur so wimmelte von Dienstboten. Louise hatte weitere Anwesen auf Long Island und denBahamas, ein Landhaus in Sardinien und eine große Wohnung in Paris. Außer der Yachtbesaß sie einen Maserati, einen Rolls Corniche, einen Lamborghini und einen Mercedes.
Es ist phantastisch, dachte Jeff.
Es ist einfach großartig, dachte Jeff.
Es ist stinklangweilig, dachte Jeff. Und demütigend.
Eines Morgens erhober sich aus seinem RokokoHimmelbett, hüllte sich in einen seidenen Morgenmantel und machte sich auf die Suche nach Louise. Er fand sie im Eßzimmer.
«Ich muß einen Jobhaben«, sagte er.
«Aber Liebling, warum denn? Wirbrauchen das Geld doch nicht.«
«Das hat nichts mit Geld zu tun. Ich kann hier nicht tatenlos rumsitzen und mich aushalten lassen. Ich muß arbeiten.«
Louise dachte einen Moment darüber nach.»Na schön, mein Engel. Ich rede mitBudge. Er hat auch einBörsenmaklerbüro. Möchtest duBörsenmakler werden?«
«Ich möchtebloß den Arsch hochkriegen«, erwiderte Jeff.
Budgebrachte Jeff in seinem Maklerbüro unter. Jeff hatte noch nie einen Jobmit geregelter Arbeitszeit gehabt. Es wird mir gefallen, dachte er.
Aber es gefiel ihm gar nicht. Erbliebnur dabei, weil er seiner Frau einen Gehaltsscheck nach Hausebringen wollte.
«Wann kriegen wir Kinder?«fragte er Louise nach einem faulen Sonntagsfrühstück.
«Bald, Liebling. Ich versuch's.«
«Komm insBett. Versuchen wir's noch mal.«
Jeff saß am Mittagstisch, der im Pilgrim Clubfür seinen Schwager und ein halbes Dutzend anderer Industriekapitäne reserviert war.
Budge verkündete:»Meine Fleischwarenfabrik hat eben ihren Jahresbericht rausgebracht, Leute. Unsere Gewinne liegen jetztbei vierzig Prozent.«
«Warum auch nicht?«lachte einer der Männer am Tisch.»Du hast die Inspektoren und Veterinäre nicht umsonstbestochen. «Er wandte sich den anderen zu.»Unser schlauerBudge kauft minderwertiges Fleisch ein, läßt es als
erstklassige Ware deklarieren und verscheuert es für ein Vermögen weiter.«
Jeff war schockiert.»Aber davon ernähren sich doch Menschen. Sie geben dieses Fleisch ihren Kindern zu essen. Er meint das nicht ernst, Budge, oder?«
Budge grinste und grölte:»Da schaut mal, wer hier in Moral macht!«
In den nächsten drei Monaten lernte Jeff seine Tischgenossenbesser kennen, als ihm liebwar. Ed Zeller hatte eine Million Dollar Schmiergelderbezahlt, um eine Fabrik im Auslandbauen zu können. Mike Quincy, der Generaldirektor eines Mischkonzerns, war ein Halsabschneider, der die Konkurrenz mit unlauteren Mitteln kaputtmachte. Alan Thompson, der reichste Mann am Tisch, prahlte mit der» Arbeitnehmerpolitik «seiner Firma.»Früher haben wir unsere Grauköpfchen immer gefeuert — ein Jahrbevor ihreBetriebsrente fällig war. Auf die Art haben wir einen Haufen Geld gespart. Jetzt ist das leider gesetzlich nicht mehr möglich.«
Alle Männer am Tisch hinterzogen systematisch Steuern, übten sich in der Kunst des Versicherungsbetruges, fälschten ihre Unkosten, ernannten ihre augenblicklichen Geliebten zu Sekretärinnen und Assistentinnen und setzten sie alsBetriebsausgaben ab.
Heiliger Gott, dachte Jeff. Die sind wie die Leute vom Vergnügungspark. Bloß feiner angezogen.
Ihre Frauen waren auch nichtbesser. Sie nahmen alles, was sie kriegen konnten, und gingen fremd, wann immer sich die Gelegenheitbot. Erinnert mich irgendwie ans Schlüsselspiel, dachte Jeff.
Als er Louise erzählte, was er empfand, lachte sie nur.»Sei nicht so naiv, Jeff. Dein Leben macht dir doch Spaß, oder?«
Nein, es machte ihm keinen Spaß. Er hatte Louise geheiratet, weil er glaubte, siebrauche ihn. Wenn sie erst
Kinder hatten, würde sich alles ändern. Das meinte er mit Sicherheit zu wissen.
«Laß uns Kinder kriegen. Es wird Zeit. Wir sind jetzt schon ein Jahr verheiratet.«
«Nur Geduld, mein Engel. Ich warbeim Arzt, und er hat gesagt, bei mir ist alles in Ordnung. Vielleicht solltest du auch mal zum Arzt gehen und überprüfen lassen, obbei dir alles in Ordnung ist.«
Jeff machte einen Termin aus.
«Sie sind hundertprozentig zeugungsfähig«, sagte der Arzt. Und es passierte immer noch nichts.
An einem schwarzen Montag krachte für Jeff die Welt zusammen. Es fing am Morgen an, als er in Louises Hausapotheke Kopfschmerztabletten suchte. Stattdessen fand er ein ganzes Fach voll Antibabypillen. Eine der Packungen warbeinah leer. Daneben lagen in aller Unschuld ein Röhrchen mit weißem Pulver und ein kleiner goldener Löffel. Und das war, wie gesagt, erst der Anfang.
Mittags saß Jeff in einem tiefen Sessel im Pilgrim Clubund wartete aufBudge. Hinter ihm unterhielten sich zwei Männer. Sie sprachen so laut, daß er wohl oder übel zuhören mußte.
«Also, sie schwört Stein undBein, daß ihr Italiener einen Fünfundzwanzigzentimeterschwanz hat — mindestens!«
Ein Wiehern war die Antwort. Und dann:»Tja, je länger, je lieber… das war immer schon Louises Devise.«
Die reden von einer anderen Louise, sagte sich Jeff.
«Deswegen hat sie wohl auch unseren Freund vom Vergnügungspark geheiratet. Aber sie erzählt wirklich lustige Geschichten von ihm. Du wirst es nicht glauben, was er neulich…«
Jeff stand auf und ging.
Noch nie war er so zornig gewesen. Er wollte töten. Den Italiener. Und Louise. Mit wieviel Männern hatte sie im vorigen
Jahr geschlafen? Und in dieser ganzen Zeit hatten die Leute über ihn gelacht. Budge und Ed Zeller und Alan Thompson hatten sich samt ihren Gattinnen ungeheuer amüsiert — auf seine Kosten. Und Louise… er hatte siebeschützen wollen. Jeffs erste Regung war, seine Sachen zu packen und sich aus dem Staubzu machen. Aber das war zubillig. Er hatte nicht die Absicht, dieser verdammtenBagage den letzten Lacher zu gönnen. Als Jeff am Nachmittag nach Hause kam, war Louise nicht da.»Madame ist schon am Vormittag weggegangen«, sagte Pickens, derButler.»Ich glaube, sie hatte mehrere Verabredungen.«
Nein, nur eine, dachte Jeff. Sie fickt sich gerade mit diesem Langschwanzitaliener die Seele aus dem Leib. Herrgott!
Als Louise zu Hause eintrudelte, hatte sich Jeff wieder völlig in der Gewalt.»Na, hast du einen netten Tag verbracht?«fragte er.
«Ach, die üblichen faden Sachen, Liebling. Terminbei der Kosmetikerin, bißchen eingekauft… Und wie war'sbei dir, mein Engel?«
«Hochinteressant«, antwortete Jeff wahrheitsgemäß.»Ich habe einiges mitgekriegt, was ich noch nicht wußte.«
«Budge sagt, du machst deine Sache sehr gut.«
«Ja«, bestätigte Jeff.»Und ich werde siebald noch vielbesser machen.«
Louise streichelte seine Hand.»Mein kluger Mann. Wollen wir früh zuBett gehen?«
«Heute nicht«, sagte Jeff.»Ich habe Kopfschmerzen.«
Die nächste Woche verbrachte er mit Planungsarbeiten.
Mit der Verwirklichung des Projektsbegann erbeim Mittagessen im Club.»Weiß jemand von euch über ComputervergehenBescheid?«fragte er.
«Warum?«wollte Ed Zeller wissen.»Möchtest du so was auch mal machen?«
Gelächter.