Arthur Chilton, Verkäufer im Cut, strebte ihrbeflissen und doch gemessen entgegen.»Kann ich etwas für Sie tun, Madam?«
«Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Mein alter P. J. hat gesagt, ich soll mir 'ne Kleinigkeit zum Geburtstag kaufen. Was haben Sie denn so?«
«Oh, allerlei. Sind Madam an irgend etwasBestimmtem interessiert?«
«He, Partner, ihr Engländer gebt ja unheimlich genaue Auskünfte, wie?«Sie lachte heiser und klopfte ihm auf die Schulter. Chilton mußte sehr an sich halten, um nicht aus der Haut zu fahren.»Smaragde vielleicht.«
«Wenn Siebitte hier herüber kommen wollten…«
Chilton führte die Frau zu einer Vitrine, in der sich mehrere Auslagekästen mit Smaragdenbefanden.
DieBlondine schaute sie nur einmal kurz und verächtlich an.»Das sind dieBabys. Und wo sind die Mamas und Papas?«
Chiltonbemerkte steif:»Diese Steinebewegen sich im Preisbis zu einer Höhe von dreißigtausend Dollar.«
«Mann, das kriegt mein Friseur als Trinkgeld. «Die Frau lachte schrill.»Mein alter P. J. wäre tierisch sauer, wenn ich mit so 'nem Kieselstein ankommen würde.«
Chilton konnte sich ihren alten P. J. lebhaft vorstellen. Wabbelig, mit ungeheurer Wampe und genauso laut und penetrant wie seine Frau Gemahlin. Sie paßten sicher exzellent zueinander. Warum haben immer die Leute das
große Geld, die es am allerwenigsten verdienen? fragte er sich.
«Was wollen Madam denn ausgeben?«
«Och, so um die hundert Riesen.«
Chiltonblickte verständnislos drein.»Hundert… wiebitte?«
«Riesen, Mann. Große, große Scheine. Tausender, wenn Sie's genau wissen wollen.«
Chilton schluckte.»Oh. In diesem Fall wäre es wohlbesser, wenn Sie mit unserem Verkaufsleiter sprechen würden.«
Der Verkaufsleiter, Gregory Halston, bestand darauf, alle größeren Transaktionen persönlich abzuwickeln, und da die Angestellten von Parker, Parker nicht am Umsatzbeteiligt waren, kümmerte es sie nicht. Chilton war sogar froh, diese widerwärtige Kundin an Halston weiterreichen zu können. Er drückte einen Knopf unter dem Ladentisch, und wenige Sekunden später kam aus einem der Nebenräume ein langer, dürrer, bleicher Mann geeilt. Er warf einenBlick auf die entsetzlich angezogeneBlondine und hoffte inständig, daß niemand von der Stammkundschaft erschien, bis dieses Weibverschwunden war.
Chilton sagte:»Mr. Halston, das ist Mrs. — äh…?«Er wandte sich der Frau zu.
«Benecke, Süßer. Mary LouBenecke. Die Alte vom alten P. J. Benecke. Er macht in Öl. Na, ihr habt ja sicher schon von ihm gehört.«
«Selbstverständlich. «Gregory Halstonbemühte sich um die Andeutung eines Lächelns.
«Mrs. Benecke möchte einen Smaragd erwerben, Mr. Halston.«
Gregory Halston deutete auf die Auslagekästen.»Wir haben hier einige sehr schöne Stücke, die…«
«Sie wollte etwas für ungefähr hunderttausend Dollar.«
Diesmal war das Lächeln, das Gregory Halstons Gesicht erhellte, durchaus echt. Nett, wenn der Nachmittag so anfing.
«Wissen Sie, ich habbald Geburtstag, und mein alter P. J. will, daß ich mir was Hübsches kaufe.«
«Das… das ist verständlich«, sagte Halston.»Würden Sie mirbitte folgen?«
«Na, was haben Sie denn mit mir vor, Sie kleiner Wüstling?«gluckste dieBlondine.
Halston und Chiltonblickten einander gequält an. Oh, diese Amerikaner!
Halston führte die Frau zu einer abgeschlossenen Tür, die er aufsperrte. Sie traten in einen kleinen, hell erleuchteten Raum, und Halston schloß die Tür wieder zu.
«Hierbefindet sich die Ware für unserebesonders geschätzte Kundschaft«, erklärte er.
In der Mitte des Raums stand eine Vitrine mit überwältigend schönen Diamanten, Rubinen und Smaragden.
«Das ist schon eher was«, sagte dieBlondine.
«Sehen Madam etwas Ansprechendes?«
«Schauen wir mal. «Sie ging zu dem Auslagekästchen mit den Smaragden.»Die da — die würde ich gern genau unter die Pupille nehmen.«
Halston zog einen kleinen Schlüssel aus seiner Tasche, sperrte die Vitrine auf, holte das Auslagekästchen heraus und stellte es auf den Tisch. Es war mit Samt ausgeschlagen und enthielt zehn Smaragde. Halston sah zu, wie die Frau den größten Stein auswählte. Er gehörte zu einer erlesenen Nadel und war in Platin gefaßt.
«Wie mein alter P. J. sagen würde: ›Das ist genau mein Fall.‹«
«Madam haben einen ausgezeichneten Geschmack. Dies ist ein zehnkarätiger Smaragd aus Kolumbien, grasgrün, lupenrein und…«
«Smaragde sind nie lupenrein, Mann.«
Halston war einen Moment langbaff.»Da haben Madam natürlich recht. Was ich meinte, war…«Zum ersten Mal
bemerkte er, daß die Augen der Frau so grün waren wie der Stein, den sie jetzt in der Hand hielt und prüfendbetrachtete.
«Wir haben auch noch eine größere Auswahl, wenn Sie…«
«Ach, was soll das Tamtam, Süßer. Den nehm ich.«
Der Verkaufsvorgang hatte keine drei Minuten gedauert.
«Wunderbar«, sagte Halston. Dann fügte er ganzbeiläufig hinzu:»In Dollarbeläuft sich der Kaufpreis auf einhunderttausend. Wie wollen Madam ihnbegleichen?«
«Ganz einfach, Ralston. Ich hab'n Konto hierbei 'nerBank in London. Sie kriegen 'n Scheck von mir. Mein alter P. J. kann's mir dann zurückzahlen.«
«Wunderbar. Ich werde den Stein noch für Sie reinigen lassen, und anschließendbekommen Sie ihn direkt ins Hotel geliefert.«
Der Steinbrauchte nicht gereinigt zu werden, aber Halston hatte nicht die Absicht, ihn aus der Hand zu geben, bevor er wußte, daß der Scheck gedeckt war. Zu viele Juweliere, die er kannte, waren schon von gewieften Schwindlern geprellt worden. Halston dagegen konnte sich rühmen, daß ihn noch nie jemandbetrogen hatte. Nicht um ein einziges Pfund.
«Wohin sollen wir den Smaragd liefern?«
«In die Oliver‑Messel‑Suite im Dorch.«
Halston notierte es sich.»Ins Dorchester Hotel also. Gut.«
Erbeobachtete, wie die Frau den Scheck ausfüllte. Erbemerkte, daß es ein Scheck von derBarclaysBank war. Hervorragend. Da hatte er einen Freund, der nachprüfen konnte, obauf dem Konto dieser Mrs. Benecke genügend Geld war.
Er nahm den Scheck entgegen.»Morgen frühbekommen Sie den Smaragd geliefert.«
«Mein alter P. J. findet den sicher echt geil«, sagte die Frau strahlend.
«Oh, das glaube ich auch«, erwiderte Halston höflich.
Erbrachte sie zur Ladentür.
«Ralston…«
Er hätte sie um ein Haarberichtigt, aber dann überlegte er es sich anders. Wozu die Mühe? Sie würde ihm, dem Himmel sei Dank, nie wieder unter die Augen treten.»Madam?«
«Sie müssen irgendwann mal am Nachmittag zu uns kommen und 'n Täßchen Tee mit uns trinken. Wetten, daß Sie meinen alten P. J. einfach Klasse finden?«
«Dabin ich sicher. Nur muß ich am Nachmittag leider arbeiten.«
«So 'n Pech.«
Erbeobachtete, wie seine Kundin das Geschäft verließ und an denBordstein trat. Ein weißer Mercedes rollte heran, ein Chauffeur entstieg ihm und riß den Schlag für die sogenannte Dame auf. Sie drehte sich um, schaute Halston an und hielt den Daumen hoch, als sie abfuhr.
Halston kehrte in seinBüro zurück, langte sich sofort das Telefon her und rief seinen Freund PeterbeiBarclays an.»Peter, mein Guter, ich habe hier einen Scheck über einhunderttausend Dollar, ausgestellt von einer gewissen Mary LouBenecke. Die hat ein Kontobei euch. Ist der Scheck gedeckt?«
«Bleibdran, alter Junge.«
Halston wartete. Er hoffte sehr, daß der Scheck gedeckt war, denn der Geschäftsgang war in letzter Zeit etwas schleppend gewesen. Die erbärmlichen Gebrüder Parker, denen der Laden gehörte, beklagten sich ständig, als wäre er dafür verantwortlich und nicht die Rezession. Natürlich waren die Gewinne nicht so niedrig, wie sie es hätten sein können, denn Parker & Parkerbesaß eine Abteilung, die auf die Reinigung von Juwelen spezialisiert war, und es geschah nicht eben selten, daß die Schmucksachen, die dem Kunden wieder ausgehändigt wurden, ein wenig minderwertiger waren als die, die er zum Reinigen gebracht hatte. Es waren deswegen auch schon Anzeigen erstattet worden. Doch man hatte Parker