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Tracy lächelte.»Ichbin noch nie mit dem Orientexpreß gefahren. Ich glaube, das würde mir Spaß machen.«

Günther erwiderte ihr Lächeln.»Gut. Maximilian Pierpontbesitzt — außer der Eremitage in Leningrad — die einzigebedeutende Faberge‑Eiersammlung der Welt. Ihr Wert wird auf etwa zwanzig Millionen Dollar geschätzt.«

«Und wenn ich welche davon für Siebeschaffen könnte, Günther«, fragte Tracy,»was würden Sie dann machen? Die sind doch sicher zubekannt, als daß man sie verkaufen könnte?«

«Es gibt für alles Privatsammler, Tracy. Siebringen mir die Eierchen, und ich finde ein Nest für sie.«

«Ich werde sehen, was ich tun kann.«

«Man kommt nicht leicht an Maximilian Pierpont heran. Es sind aber auch noch zwei andere Gimpel im Orientexpreß. Sie wollen zum Filmfestival nach Venedig. Und mir scheint, die sind allmählich fällig. Kennen Sie Silvana Luadi?«

«Die Filmschauspielerin? Ja, natürlich.«

«Sie ist mit Alberto Fornati verheiratet, der diese entsetzlichen Kolossalschinken produziert. Fornati istberüchtigt dafür, daß er Schauspieler und Regisseure für erbärmlich wenig Geld unter Vertrag nimmt, ihnen ungeheure Gewinnbeteiligungen verspricht und am Ende alle Profite selbst einstreicht. Er verdient damit genug, um seiner Frau horrend teuren Schmuck zu kaufen. Je mehr Seitensprünge er macht, desto mehr Schmuck schenkt er ihr. Inzwischen müßte Silvanabereits ein Juweliergeschäft eröffnen können. Ichbin sicher, daß Sie die Leute alle recht interessant finden werden.«

«Ich freue mich schon auf die Reise«, sagte Tracy.

Der Orientexpreß von London nach Venedig fährt jeden Freitag von der Victoria Station abund hält unter anderem in Paris, Lausanne und Mailand. Seine neuenBesitzer haben versucht, das goldene Zeitalter der Eisenbahn, das späte 18. Jahrhundert, wiederauferstehen zu lassen, und der nachgebaute Zug ist ein Duplikat des Originals mit einembritischen Pullmanwagen, mehreren Speise- und Schlafwagen und einemBar- und Salonwagen.

Ein Träger in marineblauer Uniform mit goldenen Tressenbrachte Tracys zwei Koffer und ihr Kosmetiktäschchen in ihr Schlafwagenabteil, das enttäuschend klein war. Ein Sitz mit Mohairpolster undBlumenmuster, grüner Plüsch auf demBoden und grüner Plüsch um die Leiter, die zumBett führte — es war, als sei man in einer altmodischen Hutschachtel. Das Management hatte zurBegrüßung einen Sektkübel mit einer Flasche Champagner ins Abteil gestellt.

Den hebe ich mir auf, bis ich was zu feiern habe, beschloß Tracy. Maximilian Pierpont. Jeff Stevens war nicht an ihn herangekommen. Und zu schaffen, was Mr. Stevens nicht geschafft hatte… das wäre doch ein herrliches Gefühl. Tracy mußte lächelnbei diesem Gedanken.

Der Orientexpreß rollte auf die Minute pünktlich aus dem

Bahnhof. Tracy lehnte sich in ihrem Sitz zurück undbeobachtete, wie die südlichen Vororte von London vorbeizogen.

Um 13 Uhr 15 traf der Zug in Folkstone ein. Die Reisenden stiegen in eine Sealink‑Fähre um, die sie über den Kanal nach (Boulogne?)Boulougnebrachte, wo der» kontinentale «Orientexpreß zur Weiterfahrt in den Süden auf sie wartete.

Tracy machte es sich in ihrem Abteilbequem, das dem ersten zum Verwechseln glich. Eine Weile später trat sie an einen der Schaffner heran.»Ich habe gehört, daß Maximilian Pierpont mit diesem Zug reist. Könnten Sie ihn mirbitte zeigen?«

Der Schaffner schüttelte den Kopf.»Nein, leider nicht. Er hat eine Fahrkarte gelöst und ein Schlafwagenabteil für sich reservieren lassen, aber aufgetaucht ist er nicht. Der Herr soll ziemlich unberechenbar sein, hat man mir gesagt.«

Blieben also nur Silvana Luadi und ihr Mann, der Produzent von unerheblichen Kolossalschinken.

Tracy zog sich in ihr Abteil zurück und schmiedete Pläne.

Um 20 Uhr machte sie sich fein, denn das Management hatte Abendkleidung empfohlen. Sie wählte ein phantastisch elegantes, taubengraues Chiffon‑Kleid. Ihr einziger Schmuck war eine Perlenkette. Bevor sie das Abteil verließ, betrachtete sie sich im Spiegel. Ihre grünen Augen hatten etwas Unschuldiges, und ihr Gesicht sah arglos und verletzlich aus. Der Spiegel lügt, dachte Tracy. Diese Fraubin ich nicht mehr. Mein Leben ist eine einzige Maskerade. Aber eine aufregende.

Als Tracy ihr Abteil verließ, entglitt ihr die Handtasche. Sie ging in die Knie, um sie aufzuheben, und warf dabei einen raschenBlick auf die Türschlösser. Es waren zwei: ein Yale‑Schloß und ein Universal‑Schloß. Kein Problem. Tracy erhobsich und schritt in Richtung Speisewagen.

Der Orientexpreß führte gleich drei mit, alle mit Plüschsitzen, furnierten Wänden und Tischlampen, die sanftes Licht gaben.

In den erstenbeiden waren noch Plätze frei, aber dort fand Tracy nicht die Leute, die sie suchte. Sie ging weiter zum dritten. Dort waren alle Plätzebesetzt, und an einem Tisch in der hintersten Ecke sah sie die Leute, die sie suchte. Der Oberkellner wollte sie zwar abwimmeln, aber Tracybehauptete, sie treffe sich mit Freunden, und lief an ihm vorbei zum Tisch in der Ecke.

«Entschuldigung«, sagte sie höflich.»Hier scheint kein Platz mehr frei zu sein außerbei Ihnen. Darf ich mich an Ihren Tisch setzen?«

Der Mann musterte Tracy von Kopfbis Fuß und rief:»Bitte! Mit Vergnügen! Ichbin Alberto Fornati. Und das ist meine Frau — Silvana Luadi.«

«Ichbin Tracy Whitney. «Tracy reiste zur Abwechslung unter ihrem richtigen Namen.

«Ah! Eine Amerikanerin!«

Alberto Fornati war klein, glatzköpfig und dick. Silvana Luadi hatte ihn vor zwölf Jahren geheiratet, und man rätselte in Rom immer noch darüber, warum sie das wohl getan hatte. Sie war eine klassische Schönheit mit sensationeller Figur und einem unwiderstehlichen, angeborenen Talent. Sie hatte einen Oscar und eine Silberne Palme gewonnen und war immer sehr gefragt. Tracybemerkte gleich, daß sie ein Valentino‑Abendkleid trug, das fünftausend Dollar kostete. Und der Schmuck, mit dem siebehängt war, mußte fast eine Million Dollar wert sein. Tracy dachte an Günther Hartogs Worte: Je mehr Seitensprünge er macht, desto mehr Schmuck schenkt er ihr. Inzwischen müßte Silvanabereits ein Juweliergeschäft eröffnen können.

Das Menübestand aus sechs Gängen, und Tracy fiel auf, daß Fornati jeden komplett verdrückte und auch noch aß, was seine Frau auf ihrem Teller liegen ließ. Währenddessen redete er unablässig, mal mit vollen, mal mit leerenBacken — aber meistens mit vollen. Silvana Luadi saß in eisigem Schweigen.

«Sind Sie vielleicht Schauspielerin?«erkundigte sich Fornatibei Tracy.

Tracy lachte.»Nein. Nur Touristin.«

Er strahlte sie an.»Bellissima. Sie sind schön genug, um Schauspielerin zu sein.«

Und nun meldete sich Silvana Luadi zum ersten Mal zu Wort.»Sie ist aber keine«, sagte sie scharf.

Alberto Fornati tat so, als sei seine Frau überhaupt nicht vorhanden.»Ich produziere Filme«, erklärte er Tracy.»Sie haben sicher schon von ihnen gehört: Im Land der wildenBarbaren, Der Kampf der Titanen…«

«Ich gehe nicht oft ins Kino«, sagte Tracy entschuldigend. Sie spürte, wie Fornati unter dem Tisch sein dickesBein gegen ihres drückte.

«Vielleicht kann ich Ihnen ja mal ein paar von meinen Filmen in meinem Privatkino vorführen.«

Silvana wurdeblaß vor Wut.

«Kommen Sie zufällig auch nach Rom, mein Engel?«SeinBeinbewegte sich nun an dem von Tracy auf und ab.

«Ja. Ich wollte erst Venedigbesuchen und dann nach Rom fahren.«

«Benissimo! Dann kommen Sie zu uns zum Essen. Du hast doch nichts dagegen, Liebling?«Erblickte Silvana flüchtig an, bevor er weitersprach.»Wir haben eine wunderhübsche Villa in der Nähe der Via Appia. Mit einem Park, soo groß…«Er machte eine ausladende Handbewegung und kippte dabei seiner Frau ein Soßenschälchen auf den Schoß. Tracy wußte nicht genau, obes Absicht oder ein Versehen war, aber sie tippte auf Absicht.