Hinter Grangiers Rücken fragte eine erboste Stimme:»Was haben Sie hier zu suchen?«
Grangier wirbelte herum. Tracy Whitney war ins Zimmer getreten.
Armand Grangier sagte leise:»Sie wollten uns also mitBlüten abspeisen. «Erbetrachtete ihr Gesicht, dessen Ausdruck sich in Sekundenschnelle veränderte. Erst Leugnung, dann Empörung und schließlich Trotz.
«Na schön«, räumte Tracy ein.»Das stimmt. Aber es wäre völlig egal gewesen. Niemand kann diese falschen Scheine von den echten unterscheiden.«
«Quatsch!«fauchte Grangier. Es würde ihm eine Lust sein, die sogenannteBaroneß zur Schnecke zu machen.
«DieseBlüten sind erstklassig.«
«Tatsächlich?«Grangiers Stimme troff vor Verachtung. Er nahm eine der feuchtenBanknoten von der Leine und schaute sie sich flüchtig an. Dann untersuchte er sie genauer. Exzellent.»Wer hat die Druckplatten gemacht?«
«Das spielt doch keine Rolle. Hören Sie, ich kann die hunderttausend Dollarbis Freitag fertig haben.«
Grangierblickte Tracy verwundert an. Und als er merkte, was sie dachte, mußte er schallend lachen.»Mon Dieu«, sagte er,»Sie sind wirklich dämlich. Das Schatzschiff gibt es nicht.«
Tracy warbaff.»Was soll das heißen? Professor Zuckerman hat mir gesagt…«
«Und Sie haben ihm das abgekauft? Aber, aber, Baroneß. «Erbetrachtete noch einmal dieBanknote in seiner Hand.»Die nehme ich mit.«
Tracy zuckte die Achseln.»Bitte, soviel sie wollen. Ist ja nur Papier.«
Grangier raffte eine Handvoll der feuchten HundertdollarNoten zusammen.»Woher wollen Sie wissen, daß hier nicht mal eins von den Zimmermädchen reinschneit?«
«Ich zahle ihnen gutes Geld dafür, daß sie's lassen. Und wenn ich weggehe, sperre ich den Wandschrank ab.«
Sie ist cool, dachte Grangier. Aber das wird ihr keineswegs das Leben retten.
«Bleiben Sie im Hotel«, sagte er herrisch.»Ich schicke Ihnen gleich einen Freund von mir vorbei, den Sie kennenlernen sollen.«
Armand Grangier hatte vorgehabt, Bruno Vicente sofort auf die Frau anzusetzen, aber irgendeine Ahnung hielt ihn davon ab. Er untersuchte nochmals eine derBanknoten. Es waren schon vieleBlüten durch seine Hände gegangen, aber nie auch nur annähernd so gute wie diese. Der Mensch, der die Druckplatten angefertigt hatte, mußte ein Genie sein. Das Papier fühlte sich echt an, und die Linien waren absolut präzise, die Farben klar und sauber. Das Luder hatte recht. Man konnte dieBlüte tatsächlich nicht vom Original unterscheiden. Grangier fragte sich, obes möglich sei, dieses Geld in Umlauf zubringen. Es war eine verlockende Idee.
Erbeschloß, Bruno Vicentes Dienste vorläufig nicht in Anspruch zu nehmen.
Am nächsten Morgen schickte Armand Grangier nach Zuckerman und gabihm eine der Hundertdollar‑Noten.»Geh zurBank und tausch das in Francs um.«
«In Ordnung, Chef.«
Zuckerman eilte aus demBüro. Grangierblickte ihm nach.
Das war Zuckermans Strafe für seine Dummheit. Wenn man ihn verhaftete, würde er nie verraten, woher er dieBlüte hatte — jedenfalls nicht, wenn ihm sein Leben liebwar. Aber wenn er den Schein loswurde… Warten wir's ab, dachte Grangier.
Fünfzehn Minuten später kehrte Zuckerman insBüro zurück. Er zählte die umgewechselten Francs auf den Schreibtisch.»Sonst noch was, Chef?«
Grangier starrte die Francs an.»Hattest du Schwierigkeiten?«
«Schwierigkeiten? Nein. Warum?«
«Jetzt gehst du noch mal zurBank«, befahl Grangier.»Und du sagst folgendes…«
Adolf Zuckerman trat in die Schalterhalle derBanque de France und näherte sich dem Tisch, an dem der Zweigstellenleiter saß. Diesmal wußte Zuckerman, in welcher Gefahr er schwebte, doch er fand sie wenigerbedrohlich als Grangiers Zorn.
«Kann ich etwas für Sie tun?«fragte der Zweigstellenleiter.
«Ja. «Zuckermanbemühte sich, seine Nervosität zu verbergen.»Ich… ich habe gestern abend mit ein paar Amerikanern gepokert, die ich in einerBar kennengelernt habe…«Er hielt inne.
Der Zweigstellenleiter nickte wissend.»Und Sie haben Ihr Geld verloren und möchten einen Kredit aufnehmen, ja?«
«Nein«, erwiderte Zuckerman.»Ich habe Geld gewonnen. Der Haken an der Sache ist nur, daß mir diese Leute nicht ganz ehrlich vorkamen. «Er zog zwei Hundertdollar‑Noten aus der Tasche.»Die haben sie mir gegeben, und ich fürchte… ich fürchte, sie könnten gefälscht sein.«
Zuckerman hielt den Atem an, als der Zweigstellenleiter die Scheine in seine feisten Hände nahm. Er inspizierte sie gründlich vonbeiden Seiten. Dann hober sie gegen das Licht.
Er schaute Zuckerman an und lächelte.»Sie hatten Glück,
Monsieur. Die sind echt.«
Zuckerman atmete auf. Na, Gott sei Dank! Jetzt würde alles gut ausgehen.
«Kein Problem, Chef. Er hat gesagt, sie sind echt.«
Es war fast zu schön, um wahr zu sein. Armand Grangier
dachte nach. Er hattebereits einen Plan entwickelt.»Hol die
Baroneß.«
Armand Grangier und Tracy saßen sich in GrangiersBüro gegenüber.
«Wir werden Partner, Sie und ich«, sagte Grangier.
Tracy machte Anstalten aufzustehen.»Ich will keine Partner, und…«
«Setzen Sie sich.«
Tracyblickte Grangier in die Augen und setzte sich.
«Biarritz ist meine Stadt. Wenn Sie versuchen, auch nur eine von diesenBlüten in Umlauf zubringen, werden Sie so schnell verhaftet, daß Siebloß noch mit den Ohren schlackern. Kapiert? Und im Gefängnis passieren hübschen Damen oft schlimme Dinge. Ohne mich sind Sie hier verloren.«
Tracy musterte Grangier.»Ich kaufe Ihnen also Protektion ab?«
«Nein. Ihr Leben.«
Tracy glaubte ihm.
«Und jetzt«, sagte Grangier,»jetzt verraten Sie mir, woher Sie die Druckerpresse haben.«
Tracy zögerte, und Grangier genoß es, wie sie sich drehte und wand. Er wurde hier Zeuge einer Kapitulation.
Schließlich sagte Tracy widerwillig:»Ich habe sie von einem Amerikaner, der in der Schweiz lebt. Er war fünfundzwanzig Jahre lang Graveurbei der Münze in Philadelphia, und als er in den Ruhestand versetzt wurde, gabes irgendein technisches Problem mit seiner Rente — jedenfalls hat er sie
niebekommen. Er fühlte sichbetrogen undbeschloß, sich zu rächen. Also hat er einige Hundertdollarplatten aus der Münze geschmuggelt, die eigentlich vernichtet werden sollten, und seineBeziehungen spielen lassen, umBanknotenpapier zu kriegen, wie es das Finanzministerium verwendet.«
Das klärt alles, dachte Grangier triumphierend. Darum sehen dieseBlüten so echt aus. Seine Erregung wuchs.»Wieviel Geld spuckt die Presse am Tag aus?«
«Nur einen Schein pro Stunde. Das Papier muß jabeidseitig…«
Grangier fiel Tracy ins Wort.»Gibt es auch noch eine größere Presse?«
«Ja. Er hat eine, die in acht Stunden fünfzig Scheine drucken kann, aber er will eine halbe Million Dollar dafür.«
«Kaufen Sie das Ding«, sagte Grangier.
«Ich habe keine fünfhunderttausend Dollar.«
«Aber ich. Wann können Sie die Pressebesorgen?«
Tracy antwortete widerstrebend:»Vermutlich sofort, aber ich…«
Grangier griff zum Telefon.»Louis, ichbrauche fünfhunderttausend Dollar in Francs. Nimm alles, was wir im Safe haben, und hol den Rest von derBank. Bring's in meinBüro. Undbeeil dich!«
Tracy erhobsich nervös.»Ich gehe jetzt wohlbesser, und…«
«Nein, Sie gehen nicht.«
«Ich sollte wirklich…«
«Bleiben Sie sitzen und seien Sie ruhig. Ich muß nachdenken.«