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Die Polizei folgte ihnen wie ein treuer Hund, und jeden Abend studierte Daniel Cooper denBericht, der Kommissar van Duren vorgelegt wurde. Es war nie etwas Ungewöhnliches zu verzeichnen, aber dadurch wurde Coopers Argwohn nicht gemildert. Sie führt etwas im Schild, sagte er sich, etwas

Ungeheuerliches. Obsie weiß, daß sie überwacht wird? Obsie weiß, daß ich sie vernichten werde?

Soweit die Kriminalbeamten sehen konnten, waren Tracy Whitney und Jeff Stevens nichts weiter als Touristen.

Kommissar van Duren sagte zu Cooper:»Wäre es nicht möglich, daß Sie sich irren? Vielleicht sind diebeiden nur hier, um das Leben zu genießen?«

«Nein«, entgegnete Cooper halsstarrig,»ich irre mich nicht. Bleiben Sie ihr auf den Fersen. «Er hatte das ungute Gefühl, daß die Zeit knapp wurde, daß die Überwachung, wenn Tracy Whitney nichtbald zur Tat schritt, womöglich wieder abgeblasen wurde. Das durfte nicht geschehen. Daniel Cooper schloß sich den Kriminalbeamten an, die Tracy observierten.

Tracy und Jeff hatten im Amstel‑Hotel kein Doppelzimmer, sondern zwei Einzelzimmer, die nebeneinander lagen.»Aus Gründen der Wohlanständigkeit«, hatte Jeff zu Tracy gesagt,»aber ich werde meistens in deiner Nähe sein.«

«Versprichst du's?«

Er versprach es, und jede Nachtblieberbei ihr, bis der Morgen graute, und jede Nacht liebten sie sich.

Bei Tag durchstreiften sie die Stadt. Ziellos, wie es schien. Sie aßen im Excelsior im Hotel de l'Europe zu Mittag und imBowedery zu Abend, sie ließen imBali keinen der zweiundzwanzig Gänge der indonesischen Reistafel aus. Sie probierten die niederländischen Spezialitäten, sie gingen durchsBordellviertel, und Tag für Tag endete derBericht, der Kommissar van Duren vorgelegt wurde, mit denselben Worten: Keinebesonderen Vorkommnisse.

Geduld, sagte sich Daniel Cooper. Geduld.

Auf sein Drängen hinbegabsich Kommissar van Duren zu Polizeichef Willems undbat um Erlaubnis, Abhörgeräte in den Hotelzimmern derbeiden Verdächtigen installieren zu dürfen. Sie wurde ihm nichtbewilligt.

«Kommen Sie wieder, wenn Sie einenbegründeten Verdacht haben«, sagte der Polizeichef.»Aber vorerst kann ich es nicht gestatten, daß Sie einen Lauschangriff auf Leute durchführen, diebis jetzt nur Amsterdambesichtigt haben — und das ist, wie Sie wissen, nicht strafbar.«

Dieses Gespräch hatte am Freitag stattgefunden. Am Montagmorgenbesuchten Tracy und Jeff die Niederländische Diamantschleiferei in der Paulus‑Potter‑Straat. Daniel Cooperbegleitete das Überwachungsteam. Am Eingang zur Diamantschleiferei wimmelte es von Touristen. Ein Führer geleitete sie durch denBetriebund erklärte jeden Schritt der Prozedur, und am Ende derBesichtigung trat er mit der Gruppe in einen großen Ausstellungsraum mit Vitrinen voll Diamanten, die käuflich zu erwerben waren. Natürlich wurden die Touristen hauptsächlich aus diesem Grund durch denBetriebgeführt. In der Mitte des Raumes stand, geradezu dramatisch, ein hohes schwarzes Podest mit einem Glassturz, und unter diesem Glassturz lag der schönste Diamant, den Tracy je gesehen hatte.

Der Führer verkündete stolz:»Und hier, meine Damen und Herren, ist derberühmte Lukull, von dem Sie sicher alle schon gehört haben. Ursprünglich war er ein Geschenk einesBühnenschauspielers an seine Frau. Er wird heute auf zehn Millionen Dollar geschätzt. Der Lukull ist ein makelloser Stein, einer der vollkommensten Diamanten der Welt.«

«Dann ist er ja sicher einbegehrtes Objekt für Juwelendiebe«, sagte Jeff laut.

Daniel Cooper trat einen Schritt vor, damit erbesser hören konnte.

Der Führer lächelte milde.»Schon möglich. Aber sie kommen nicht ran. «Er deutete mit dem Kopf nach dem Wachmann, der neben dem Glassturz stand.»Dieser Diamant ist nochbesser geschützt als die Kronjuwelen im Tower von London. Es kann überhaupt nichts passieren. Wenn jemand

den Glassturzberührt, geht eine Alarmanlage los, und alle Fenster und Türen in diesem Raum werden dichtgemacht. Nachts werden Infrarotstrahlen eingeschaltet, und wenn jemand den Raumbetritt, geht eine andere Alarmanlage mit Direktverbindung zur Polizei los.«

Jeff schaute Tracy an und sagte:»Ich glaube, diesen Diamanten wird niemand stehlen.«

Cooper wechselte einenbedeutungsvollenBlick mit einem der Kriminalbeamten. Am Nachmittag erhielt Kommissar van Duren einenBericht über das Gespräch.

Tags daraufbesuchten Tracy und Jeff das Reichsmuseum. Am Eingang kaufte Jeff einen Plan. Dann ging er mit Tracy in die Ehrengalerie. Siebetrachteten die Gemälde von Fra Angelico, Murillo, Rubens, van Dyck und Tiepolo. Sie ließen sich Zeit und verweilten vor jedemBild. Schließlichbegaben sie sich in den Raum, in dem die Nachtwache hing, Rembrandtsberühmtestes Gemälde. Dortblieben sie. Und die attraktive Kriminalbeamtin Fien Hauer, die ihnen folgte, dachte: Ach, du lieber Gott!

Vor demBildbefand sich eine Absperrung aus Seilen, und ein Wärter stand ganz in der Nähe.

«Es ist kaum zu glauben«, sagte Jeff,»aber wegen dieses Gemäldes hat man Rembrandt die Hölle heiß gemacht.«

«Warum denn? Es ist doch phantastisch.«

«Schon, aber der Auftraggeber und Hauptmann der Schützenkompanie, die hier dargestellt wird, ein gewisser FransBanning Cocq, fand es unerhört, daß Rembrandt die anderen Leute mit derselben Aufmerksamkeitbedachte wie ihn. «Jeff wandte sich dem Wärter zu.»Ich hoffe, daß dieses Meisterwerk gut gesichert ist.«

«O ja, Mynheer. Wer versuchen wollte, etwas aus diesem Museum zu stehlen, müßte an Infrarotstrahlen und Kameras vorbei — und nachts an Wachmännern mit scharfen Hunden.«

Jeff lächelte.»Ich glaube, diesesBild wird immer an seinem

Platzbleiben.«

Am späten Nachmittag erhielt Kommissar van Duren Meldung von diesem Wortwechsel.

«Die Nachtwache!«rief er aus.»Nein, also wirklich nicht… das ist doch unmöglich!«

Daniel Cooper sah ihn nur stumm an. Mit flackerndem, fanatischemBlick.

Im Kongreßzentrum von Amsterdam fand eine Philatelistentagung statt, und Tracy und Jeff gehörten zu den ersten, die dort erschienen. Der Ausstellungsraum war scharfbewacht, dennbei vielenBriefmarken, die man hierbesichtigen konnte, handelte es sich um unbezahlbare Stücke. Cooper und ein niederländischer Kriminalbeamterbeobachteten, wie diebeiden durch die Ausstellung wanderten. Tracy und Jeffblieben vor derBritisch‑Guiana stehen, einer unansehnlichen karminrotenBriefmarke.

«So was Häßliches«, bemerkte Tracy.

«Keinebösen Worte, Liebling. Das ist die einzige Marke dieser Art, die es auf der Welt gibt.«

«Und was ist sie wert?«

«Eine Million Dollar.«

Der Wärter nickte.»Richtig, Mynheer.«

Tracy und Jeff gingen zum nächsten Schaukasten undbetrachteten eine» Inverted Jenny«. Auf ihr sah man ein Flugzeug, das verkehrt herum abgedruckt war.

«Die ist interessant«, kommentierte Tracy.

Der Wärter, der auf die Marke aufpaßte, sagte:»Sie hat einen Wert von…«

«… fünfundsiebzigtausend Dollar«, ergänzte Jeff.

«Genau.«

Sie gingen weiter zu einer 9 Kreuzer Schwarz aufBlaugrün.

«Die ist eine halbe Million Dollar wert«, raunte Jeff Tracy zu.

Cooper folgte denbeiden, in der Menge verborgen.

Jeff deutete auf eine andere Marke.»Die ist wirklich selten. Eine 1 Penny Mauritius, Post Office, orange. Statt Postpaid hat irgendein Tagträumer von Graveur Post Office in die Druckplatte gestichelt. Tja, und heute ist sie einiges mehr wert als einen Penny.«

«Sie kommen einem so klein und schutzlos vor«, sagte Tracy.»Als könnte man sie einfach in die Tasche stecken und weggehen.«

Der Wärter vor dem Schaukasten lächelte.»Ein Diebkäme da nicht sehr weit. An allen Kästen sind Alarmdrähte, und der Ausstellungsraum ist Tag und Nachtbewacht.«

«Wieberuhigend«, sagte Jeff ernst.»Man kann ja gar nicht vorsichtig genug sein heutzutage.«