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»Wir beginnen mit der Installierung, wenn der Turm fünfhundert Meter hoch ist, also Mitte November.«

Krugs Stimme schallte zu ihnen herüber. »Wir haben bereits die fünf Satelliten-Verstärkerstationen fertiggestellt. Ein Ring von Energiequellen rund um den Turm – genug Spannung, um unser Signal zwischen Donnerstag und Freitag bis zur Andromeda zu funken.«

»Ein wundervolles Projekt«, sagte Senator Fearon. Er war ein auffällig aussehender Mann mit grünen Augen und einer Mähne roter Haare. »Ein weiterer mächtiger Schritt in der Entwicklung der Menschheit!« Watchman höflich zunickend fügte der Senator hinzu: »Natürlich müssen wir unsere ungeheure Schuld gegenüber den geschickten Androiden anerkennen, welche dieses herrliche Projekt verwirklichen. Ohne Ihre Hilfe und die eurer Leute, Alpha Watchman, wäre es nicht möglich gewesen…«

Watchman hörte ihm gelassen zu, vergaß nicht, kurz zu lächeln. Komplimente dieser Art bedeuteten ihm nichts, der Weltkongreß und seine Senatoren noch weniger. Saß ein Androide im Kongreß? Würde es etwas ausmachen, wenn einer drinsäße? Eines Tages würde die Androiden-Gleichheitspartei zweifellos, einige ihrer Leute in den Kongreß bringen; drei oder vier Alphas würden in diesem hohen Hause sitzen, aber dennoch würden die Androiden weiterhin nur Eigentum bleiben, nicht Menschen werden. Die politische Entwicklung flößte Thor Watchman nicht den geringsten Optimismus ein.

Seine politischen Ansichten, soweit er welche hatte, waren entschieden die der Absterbe-Partei; warum soll es in einer Transmatgesellschaft, in der nationale Grenzen überholt waren, überhaupt eine formale Regierung geben? Sollen die Gesetzgeber sich selbst abschaffen! Man lasse das Naturrecht herrschen! Aber er wußte, daß das Absterben der Staaten, das die Absterbe-Partei predigte, nie erfolgen würde. Der Beweis hierfür war Senator Henry Fearon. Er war ein Widerspruch in sich selbst; als Mitglied der Antiregierungspartei diente er der Regierung und kämpfte bei jeder Wahl darum, seinen Sitz zu behalten. Welchen Sinn hat es da, Senator, für das Absterben des Staates einzutreten?

Fearon lobte den Fleiß der Androiden überschwenglich. Watchmans Ärger wuchs. Es wurde nicht gearbeitet, während sie hier oben waren; er wagte es nicht, Glasblöcke hochziehen zu lassen, wenn sich Besucher auf dem Baugelände befanden. Und er hatte einen Zeitplan einzuhalten. Zu seiner Erleichterung gab Krug bald das Zeichen zum Abstieg; der zunehmende Wind schien Quenelle zu beunruhigen. Als sie unten ankamen, führte Watchman sie zum Hauptkontrollzentrum und lud sie ein, zuzuschauen, während er die Leitung der Operationen übernahm. Er glitt in den Steuersitz. Als er den stumpfnasigen Endstöpsel des Computers in die Steckdose an seinem linken Vorderarm schob, sah der Androide, daß sich die Lippen Leon Spauldings in einem unbestimmten Ausdruck zusammenzogen. War es Verachtung, Neid oder gönnerhafter Spott? Trotz seiner Routine im Umgang mit Menschen konnte Watchman solche dunklen Blicke nicht mit Sicherheit deuten. Doch da begannen mit dem Klicken des Kontakts die Impulse des Computers in sein Hirn zu fließen, und er vergaß Spaulding.

Es war, als hätte er tausend Augen. Er sah alles, was auf der Baustelle und in einem Umkreis von vielen Kilometern geschah. Er war in totaler Kommunikation mit dem Computer, benutzte alle seine Sensoren, Abtaster und Speicher. Warum sich die langwierige Arbeit machen, einen Computer zu füttern, wenn es möglich war, einen Androiden zu entwerfen, der fähig war, Teil eines Computers zu werden?

Der Datenstrom war begleitet von einem anschwellenden Hochgefühl.

Instandhaltungstabellen. Arbeitsflußdiagramme. Arbeitskoordinationssysteme. Gefrierstufen. Energieschaltungen. Der Turm war ein Gobelin von unendlich vielen Details, und er war der Meister im Weben. Alles floß durch ihn; er genehmigte, er verwarf, er änderte, er stornierte. War die Wirkung des Sex etwas Ähnliches? Dieses Prickeln des Lebendigseins in jedem Nerv, dieses Gefühl des Sichausdehnens bis zu den Grenzen des Selbst, des Absorbierens einer Lawine von Reizen? Watchman wünschte, er wüßte es. Er ließ Aufzüge steigen und sinken, bestellte die Glasblöcke für die nächste Woche, Glühfäden für die Tachyonstrahlexperten, kümmerte sich um die Verpflegung für den nächsten Tag, unterhielt eine laufende Stabilitätskontrolle des Bauwerks, lieferte Krugs Finanzabteilung Kostendaten, überwachte die Bodentemperatur in Fünfzigzentimeterabstufungen bis zu einer Tiefe von zweitausend Metern, vermittelte Hunderte von Telefongesprächen pro Sekunde und beglückwünschte sich ob der Geschicklichkeit, mit der er das alles erledigte. Er wußte, kein Mensch könnte das bewältigen, selbst wenn es den Menschen möglich wäre, sich direkt in einen Computer einzuschalten. Er besaß die Fertigkeiten einer Maschine und die Vielseitigkeit eines Menschen und war, abgesehen von dem allerdings schwerwiegenden Umstand, daß er nicht in der Lage war, sich selbst zu reproduzieren, in vielfacher Hinsicht beiden Klassen überlegen, und daher…

Der rote Pfeil eines Alarms durchschoß sein Bewußtsein.

Unfall auf der Baustelle. Androidenblut floß auf den gefrorenen Grund.

Eine Gedankenschaltung brachte ihm das Geschehen in Nahsicht. Ein Aufzug an der Nordseite hatte versagt und war abgestürzt. Ein Glasblock war aus neunzig Meter Höhe herabgefallen. Er lag leicht schräg, etwa einen Meter tief im Boden vergraben, knapp aus dem Boden herausragend. Ein Sprung verlief durch seine ganze Dicke. Beine ragten auf der dem Turm zugewandten Seite heraus. Einige Meter entfernt lag ein verletzter Androide, der sich vor Schmerzen wand. Drei Bulldozer eilten zur Unfallstelle; ein vierter war bereits eingetroffen und schob eben seine Stahlkrallen unter den schweren Block.

Watchman löste den Computerkontakt, erschauerte im ersten Moment unter dem Schmerz der Trennung von dem Datenfluß. Ein Wandschirm über seinem Kopf zeigte die Unfallstelle in aller Deutlichkeit. Clarissa Krug hatte sich abgewandt, den Kopf gegen die Brust ihres Mannes gelehnt; Manuel sah blaß aus, sein Vater gereizt. Die ändern Besucher schienen mehr verblüfft als verwirrt zu sein. Watchman betrachtete das eisige Gesicht Leon Spauldings. Spaulding war ein kleiner, hagerer, fast fleischloser Mann. In der seltsamen Klarheit seines Schocks nahm Watchman die weit auseinanderstehenden Haare des bürstenartigen, schwarzen Schnurrbarts des Ektogenen wahr.

»Koordinationsfehler«, erklärte Watchman trocken. »Der Computer scheint eine Streßfunktion falsch gelesen und einen Block fallen gelassen zu haben.«

»Sie haben doch den Computer überbeansprucht in diesem Augenblick?« fragte Spaulding. »Tadel, wem Tadel gebührt.«

Der Android ging auf dieses Spiel nicht ein. »Entschuldigen Sie«, sagte er. »Es hat Verletzte gegeben und wahrscheinlich auch Tote. Ich muß gehen.«

Er eilte zur Türe.

»… unentschuldbare Nachlässigkeit…«, murmelte Spaulding.

Watchman ging hinaus. Während er zur Unfallstelle lief, begann er zu beten.

5

»New York«, sagte Krug. »Das obere Büro.«

Er und Spaulding betraten die Transmatkabine. Das strahlend grüne Transmatfeld stieg aus der Bodenöffnung und bildete einen Vorhang, der die Kabine in zwei Hälften teilte. Der Ektogene stellte die Koordinaten ein. Die verborgenen Kraftstationen des Transmaterialisierungssystems waren direkt mit dem Hauptgenerator verbunden, der Irgendwo unter dem Atlantik stets auf hohen Touren lief und die Theta-Energie erzeugte, die das Transmatreisen brauchte. Krug machte sich nicht die Mühe, die Koordinaten zu prüfen, die Spaulding eingestellt hatte. Er vertraute seinen Mitarbeitern. Eine kleine Abweichung in der Abszisse, und die Atome von Simeon Krug würden unwiderruflich in alle Winde zerstreut werden, aber er trat, ohne zu zögern, in den grünen Schein.

Es war keine Sensation. Krug wurde zerstört; ein Strom der zu Wellen entmaterialisierten Korpuskel, aus denen Krug bestand, wurde mehrere tausend Kilometer weit zu einem parallel geschalteten Empfänger gefunkt, und Krug wurde wiederhergestellt. Das Transmatfeld zerblies den Körper eines Menschen so schnell in subatomare Einheiten, daß das Nervensystem keinen Schmerz empfand, und die Rematerialisierung erfolgte mit der gleichen Geschwindigkeit. Heil und unbeschädigt trat Krug mit Spaulding aus der Transmatkabine seines Büros.