Выбрать главу

Protassow:  Schreien Sie nicht …

Antonowna:  Ach, dieser versoffene Kerl - geh!

Jegor:  Bin ich ein Mensch oder nicht? Warum beleidigen mich alle?

Antonowna:  Um Gottes Willen, was ist denn mit dir? Sie flüchtet ins Speisezimmer, man hört sie auf dem Hofe schreien.

Protassow:  Beruhigen Sie sich, Jegor:  … Sehen Sie, die Antonowna hat mir gesagt …

Jegor:  Sie muß fort … dir ist ja schon der Bart gewachsen … Nirgends steht geschrieben, daß ein Bärtiger eine Amme braucht. - Du, hör maclass="underline" Ich schätze dich hoch … denn ich sehe: du bist ein besonderer Mensch … Das fühl ich … nun, umso beleidigender ist es für mich, daß du in der Gegenwart von anderen … Ach du! Willst du, so fall ich vor dir auf die Knie. Unter vier Augen - oh, das wäre für mich nicht beleidigend gewesen … aber in Gegenwart des Viehdoktors … Was aber meine Frau betrifft, die werd ich verprügeln … bis aufs Blut! Ich liebe sie, und sie muß mir … Es kommen hereingelaufen Tschepurnoi, Melanija, Lisa, Antonowna, Fima.

Lisa:  Was ist das? Was bedeutet das, Pawel?

Tschepurnoi  Lisa haltend:  Was gibt's? Nun?

Protassow:  Gestatten Sie, meine Herrschaften …

Melanija  zu Antonowna:  Lassen Sie den Portier holen!

Antonowna  geht ab, schreiend:  Roman!

Jegor:  Huh, wie die Krähen zusammenfliegen! Jag sie fort, Pawel Fjodorowitsch!

Tschepurnoi:  Wenn Sie jetzt nach Hause gehen wollten, guter Mann, wie wär das?

Jegor:  Ich bin kein guter Mann …

Tschepurnoi  zieht die Augenbrauen zusammen:  Aber gehen werden Sie doch! …

Melanija:  Die Polizei muß geholt werden …

Protassow:  Bitte sehr - das ist nicht nötig! Jegor, gehen Sie … und - nachher komme ich selbst zu Ihnen. Antonowna und Roman erscheinen in der Tür zum Speisezimmer.

Jegor:  Oh! Du kommst zu mir?

Protassow:  Ich komme!

Jegor:  Nun, schön … Nur paß auf! Wenn du lügst -

Protassow:  Ehrenwort!

Jegor:  Schön! Nun leb wohl … alle diese Leute sind im Vergleich zu dir Staub … Leb wohl. Ab.

Roman:  Mich braucht man also nicht?

Protassow:  Nein, es ist gut … Sie können gehen … Puh … Na, siehst du, Alte? Antonowna seufzt.  Da hast du was Schönes angerichtet …

Lisa:  Ich fürchte mich vor diesem Menschen … Er macht mir Angst!

Melanija:  Das muß man Ihnen nachsagen, Pawel Fjodorowitsch, Sie sind zu zartfühlend!

Protassow:  Aber ich fühle tatsächlich, daß ich mich gegen ihn vergangen habe …

Lisa:  Wir müssen uns nach einem andern Schlosser umsehen, Pawel.

Tschepurnoi:  Alle Handwerker - sind Trunkenbolde.

Protassow:  Wie das nervös macht und ermüdet! Ich habe heute Pech … Muß mich da wegen allerhand Albernheiten herumschlagen … Da hab ich ein fertiges Experiment mit Zyankali, und hier muß ich … gieß mir Tee ein, Lisa!

Lisa:  Ich werde den Tee hierherbringen lassen … du magst ja das kleine Speisezimmer nicht … Ab.

Protassow:  Ja … schön … Ich mag überhaupt keine dunklen Zimmer, und helle gibt's in diesem Hause nicht …

Melanija:  Ah, ich verstehe Sie, Pawel Fjodorowitsch!

Tschepurnoi:  Melanija! Wie heißt dieses Wort?

Melanija:  Welches Wort?

Tschepurnoi:  Du hast mich doch danach gefragt …

Melanija:  Nichts habe ich gefragt …

Tschepurnoi:  Hast du's vergessen? Nun sieh mal an? Wissen Sie, Kollege, wenn sie von Ihnen ein gelehrtes Wort hört, dann fragt sie mich, was es bedeutet.

Melanija  beleidigt:  Du, Boris … Du bist ein schrecklicher Mensch! Ich habe ein schlechtes Gedächtnis für Fremdwörter … Was ist da zu lachen? Fima erscheint, deckt gewandt den Tisch beim Fenster und trägt vorsichtig das Teeservice auf.

Protassow:  Wonach haben Sie ihn gefragt?

Melanija  mit reuiger Miene:  Ich … hab vergessen, was Hydrato-pyro-morphismus ist.

Tschepurnoi:  Und ich habe ihr gesagt, daß es Wasserfeuerwerk bedeutet …

Protassow  lachend:  Wa-as? Lisa tritt ein und macht sich am Tisch zu schaffen.

Melanija:  Schämst du dich nicht, Boris!

Protassow  lächelnd:  Eure Beziehungen zueinander sind doch merkwürdig … Es scheint, ihr zankt euch fortwährend … Entschuldigen Sie, vielleicht hab ich eine Taktlosigkeit begangen? Mal Ach, hören Sie auf! Boris mag mich nicht … wir sind einander fremd … Er ist in Poltawa bei einer Tante erzogen worden, ich - in Jaroslawl bei einem Onkel … sind wir doch beide Waisen …

Tschepurnoi  sehr trocken:  Ach, wir Ärmsten.

Melanija:  Wir haben uns kennengelernt, als wir schon erwachsen waren … und haben einander nicht gefallen … Boris liebt ja niemanden … Es ist ihm im Leben nicht geglückt, und darum ist er allen gram … Er kommt auch nicht zu mir …

Tschepurnoi:  Wissen Sie, Kollege, als ihr Mann, der gute Alte, noch lebte - und ich zu ihr kam, bat er mich, ihn zu kurieren …

Melanija:  Du lügst ja!

Tschepurnoi:  Ich antwortete ihm, daß ich nicht jedes Vieh kurieren könnte …

Lisa:  Boris Nikolajewitsch! Protassow lächelt gezwungen.

Tschepurnoi:  Bin ich zu weit gegangen?

Lisa:  Trinken Sie Tee …

Tschepurnoi:  Und machen Sie, daß Sie nach Hause kommen. Ich verstehe …

Melanija:  Pawel Fjodorowitsch, Sie wollten mir doch die Algen im Wasser unter dem Mikroskop zeigen?

Protassow:  Das heißt, eine Zelle einer Alge … Ja, gewiß … hm … das läßt sich machen … sogar gleich. Wollen Sie?

Melanija:  Ach bitte! Ich würde mich sehr freuen …

Protassow:  Kommen Sie! Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, daß es dort - riecht …

Melanija  folgt ihm:  Das macht nichts!

Tschepurnoi:  Welche Komödie! Wasseralgen will sie sehen, die Kuh!

Lisa  betrübt pikiert:  Boris Nikolajewitsch! Sie sind so schlicht, wahrheitsliebend und stark … aber …

Tschepurnoi:  Na, schlagen Sie doch gleich zu!

Lisa:  Warum wollen Sie durchaus so grob erscheinen? Sie machen sich unangenehm und lächerlich. Warum?

Tschepurnoi:  Aber ich will es ja gar nicht …

Lisa:  Das Leben hat so viel Rohes, so viel Schreckliches … und Grausames … daß man milder und besser werden müßte …

Tschepurnoi:  Wozu soll man denn lügen? Wenn die Menschen roh und grausam sind, liegt es in ihrer Natur …

Lisa:  Nein, das ist nicht richtig!

Tschepurnoi:  Nicht richtig? Sie selbst denken doch so … und fühlen so … Haben Sie nicht selbst gesagt, daß die Menschen - Tiere, daß sie roh und schmutzig sind, und daß Sie sich vor ihnen fürchten? Das weiß ich auch, und ich glaube es Ihnen … Aber wenn sie mir einreden wollen - daß man die Menschen lieben muß, so glaube ich Ihnen nicht. Das sagen Sie nur aus Furcht …

Lisa:  Sie verstehen mich nicht! …

Tschepurnoi:  Das kann sein … aber ich verstehe, daß man etwas Nützliches und Angenehmes lieben kann, z. B. Ein Schwein, das uns Schinken und Speck gibt, Musik, Krebse, Bilder kann man lieben … Aber den Menschen - nein! Er ist weder nützlich noch angenehm …

Lisa:  Um Gottes Willen! Warum reden Sie so?

Tschepurnoi:  Man muß die Wahrheit aussprechen, die man fühlt … Auch ich habe versucht, gut zu sein. Hab mir da einen Jungen von der Straße aufgelesen und dachte daran, ihn zu erziehen. Und was geschah? Er mauste mir meine Uhr - und riß aus! Dann hab ich mal ein junges Mädchen, auch von der Straße, zu mir genommen … ein ganz junges Ding. Ich dachte, nun, wir wollen zusammen leben, und dann werden wir heiraten … Eines schönen Tages betrank sie sich und fuhr mir in die Physiognomie.

Lisa:  Hören Sie auf! Können Sie denn nicht begreifen, daß man über solche Dinge nicht spricht?

Tschepurnoi:  Aber warum denn nicht? Mir ist es ein Bedürfnis, mich einmal über mein ganzes Leben auszusprechen … Vielleicht wird meine Seele dadurch reiner …