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9 Uhr 30.

Dr. Freibourg schabt die unbefriedigende Kultur aus dem Behälter. Er merkt nicht, daß ein Teil der Masse nicht in den dafür vorgesehenen Mülleimer, sondern daneben fällt.

9 Uhr 30 1/2.

Leonard findet die Teile, die neben dem Abfalleimer gelandet sind und steckt sie wie jedes aufgeweckte Baby, das unbekannte Objekte erforscht, in den Mund.

9 Uhr 31.

Auf dem Rückweg vom Dampfkochtopf tritt Dr. Freibourg auf das Baby. Leonard schreit, und Dr. Freibourg hebt ihn hoch.

»Was ist denn, Lenny? Was hast du denn? Oh, was hast du denn da im Mund?«

Irgend etwas knirscht.

»Spuck das aus, Lenny. Mach schön Aaaaaaa. Aaaaaa…«

Das Baby imitiert seinen Vater. »Aaaaaaa…«

»Du bist aber ein guter Junge. Komm, spuck es Daddy in die Hand. Ja, du bist ein sehr guter Junge. Wunderbar.« Dr. Freibourg kratzt die Reste der Kultur von der Babyzunge. »Ach, das sind ja nur Kekse. Willst du noch eine Schachtel?«

»Ggggg. Nnnn. Kkkkk…« Das Baby hat den Großteil der braunen Masse geschluckt, faßt nach der Nase seines Vaters und versucht, sie in den Mund zu stecken.

Dr. Freibourg verzichtet darauf, weiter an seinen Experimenten zu arbeiten. Er verfrachtet Leonard im Kinderwagen und schiebt ihn durch die Halle zum Aufzug. Sie fahren nach unten. Obwohl das Laboratorium nur einen Häuserblock vom Riverside Park entfernt liegt, will Dr. Freibourg den schönen Tag ausnützen. Und so geht er ein paar Blocks weiter, um sich zu den anderen Eltern und Babies zu gesellen, die den Sonnenschein auf den Bänken des Central Parks genießen.

10 Uhr 15.

Die Freibourgs kommen im Park an. Dr. Freibourg hat einige Schwierigkeiten, als er Leonard aus dem Wagen hebt, merkt aber noch nichts. Er setzt das Baby ins Gras. Leonard packt einen weggeworfenen Tennisball, und es gelingt ihm fast, ihn in den Mund zu stecken.

10 Uhr 31.

Leonard hat sich deutlich vergrößert. Die Kleider werden ihm zu eng, das T-Shirt, die Strickjacke, die Strampelhose. Aber wenn man nur flüchtig hinsieht, merkt man nichts. Sein Vater ist in ein angeregtes Gespräch mit einer hübschen geschiedenen Frau vertieft, die zwei Zwillingspudel besitzt. Ab und zu wirft er einen Blick zu Leonard und stellt zufrieden fest, daß es dem Baby gutgeht.

10 Uhr 35. Leonard entdeckt etwas Helles im Gebüsch auf der anderen Seite der Lichtung. Er kriecht hinüber, um sich das glänzende Ding näher anzusehen. Ein Sonnenstrahl spiegelt sich im Schutzblech eines davonrollenden Fahrrads, und weil sich das Rad immer weiter entfernt, muß auch Leonard weiterkriechen.

10 Uhr 37.

Leonard ist verschwunden. Vielleicht ist das gut so, denn sein Vater würde sicher erschrecken, wenn er das ständig wachsende rosa Fleisch unter dem platzenden T-Shirt und der bereits gerissenen Strampelhose sehen könnte.

10 Uhr 50.

Dr. Freibourg unterbricht seine Unterhaltung mit der geschiedenen jungen Frau, blickt sich nach Leonard um und entdeckt, daß das Baby verschwunden ist. Er ruft: »Lennie! Lennie!«

10 Uhr 51.

Leonard kommt nicht.

10 Uhr 52.

Dr. Freibourg entschuldigt sich bei seiner Gesprächspartnerin und macht sich auf die Suche nach Leonard.

11 Uhr 52.

Nachdem Dr. Freibourg eine Stunde lang vergeblich nach seinem Sohn gesucht hat, kommt er zu dem Schluß, daß Leonard nicht einfach davongekrabbelt sein kann. Er muß entführt worden sein. Dr. Freibourg bittet die Parkpolizei um Hilfe.

13 Uhr.

Leonard ist immer noch verschwunden.

In einem anderen Teil des Parks geht ein kleiner Gangster zu seiner Lieblingswiese. Er sieht etwas großes, rosa Schimmerndes darauf sitzen. Es füllt beinahe die Hälfte der kleinen Lichtung aus, Bevor er davonlaufen kann, richtet sich das rosa Ding auf, packt einen Tannenzweig, um sich daran festzuhalten, stolpert, fällt um und setzt sich auf den Mann.

13 Uhr 45.

Unerklärliche Geräusche im Wald erschrecken ein Liebespaar, das Geräusch laut knackender Zweige, ein dumpfes Dröhnen, begleitet von einem gellenden, unverständlichen Gebrabbel. Das Liebespaar ergreift die Flucht, als das Ding näherkommt, erzählt atemlos einem ungläubigen Polizisten, was es erlebt hat. Der Beamte hält die beiden fest, bis ein Krankenwagen kommt, der sie ins Bellevue-Hospital bringt.

Als eine Familie einen ohrenbetäubenden Lärm hört, den sie für Donnergrollen hält, kehrt sie zu ihrem Picknick-Platz zurück und entdeckt, daß alle Teller mitsamt dem Essen verschwunden sind. Sie nehmen an, daß ein Dieb mit einem Fahrrad am Werk war, und sind sehr erstaunt, als sie am Tatort einen rosa Fetzen finden – einen Streifen von einem Babyhemd, völlig zerdehnt, als sei es von einer wütenden, kräftigen Faust zerrissen worden.

14 Uhr.

Die Parkpolizei wird von zusätzlichen Einheiten verstärkt, die nun ebenfalls die Fahndung nach Leonard Freibourg, vierzehn Monate alt, aufnehmen. Inzwischen ist auch die Mutter des Babies eingetroffen. Nachdem sie ihrem Mann heftige Vorwürfe gemacht hat, läßt sie ihn stehen, um der Polizei nützliche Einzelheiten mitzuteilen. Auf das rosa T-Shirt war ein Segelboot aufgedruckt und auf die Strampelhose ein kleines Hündchen. Die Fahndung wird durch die Tatsache kompliziert, daß die Polizei nicht weiß, wie sehr sich das Baby verändert hat. Die Beamten wissen nicht, daß das Baby, nach dem sie suchen, keineswegs das Baby ist, das sie finden werden.

16 Uhr 45.

Leonard ist hungrig. Beflügelt von seiner Abenteuerlust, ist er bis jetzt glücklich und zufrieden gewesen und hat mit einem entlaufenen Neufundländer gespielt, der, in den neuen Relationen betrachtet, ungefähr so groß war wie sein Lieblingsstoffhund zu Hause. Nun hat der Neufundländer seine letzten Kräfte mobilisiert, um sich davonzustehlen, und Leonard erinnert sich, daß er hungrig ist. Was noch schlimmer ist, seine Laune verschlechtert sich, da er sein Mittagsschläfchen versäumt hat. Er beginnt zu wimmern.

16 Uhr 45 und eine Sekunde.

Dilys Freibourg hört das Wimmern und erklärt mit der unerschütterlichen Bestimmtheit einer Mutter: »Das ist Leonard.«

Als die Polizisten das Geräusch hören, ziehen sie ihre Regenmäntel an. Einer legt den Finger auf den Boden, um zu fühlen, ob die Erde vibriert. Ein anderer sagt: »Wenn ich Sie wäre, würde ich meinen Regenschirm aufspannen, Lady. Bald wird ein teuflisches Gewitter losgehen.«

»Was für ein Unsinn!« sagte Mrs. Freibourg. »Das ist doch nur Leonard. Ich weiß, daß er hier irgendwo steckt.« Sie ruft: »Leonard, komm zu Mummy!«

»Ich weiß nicht, was das ist, Lady, aber wie ein Baby hört es sich nicht an.«

»Wollen Sie etwas behaupten, daß ich mein eigenes Kind nicht kenne?« Sie greift nach einem Sprachrohr und hält es an die Lippen. »Leonard, ich bin’s, Mummy! Leonard – Leonard…«

Leonard hört ihre Stimme.

17 Uhr.

Aus einem Hubschrauber der Polizei wird gemeldet, daß sich in einer abgelegenen Ecke des Central Park ein seltsamer heller Schatten bewegt. Weil der Schatten ziemlich groß ist, bringt ihn niemand in dem Hubschrauber mit dem vermißten Freibourg-Baby in Verbindung. Während der aufgeregte Berichterstatter den hellen Schatten per Sprechfunk schildert und die Männer im Kontrollraum grinsen, weil sie das für einen dummen Witz halten, setzt sich die helle Masse in Richtung Parkmitte in Bewegung.

17 Uhr 10.

In der Umgebung des Hauptspielplatzes entsichern die Polizisten ihre Waffen, als der Lärm knackender Zweige die Luft erfüllt und die Erde zu beben beginnt. Irgend etwas Großes scheint immer näher zu kommen. In den Polizeistationen rings um den Central Park laufen die Telefondrähte heiß, denn die Anwohner, deren Appartments oberhalb der Baumwipfel liegen, haben von ihren Fenstern aus etwas Merkwürdiges gesehen.