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Regen, Kälte. Wasser, das auf seine Schuppenhaut fiel… Dichter Nebel, durch den es verschwommen die Umrisse von Gebäuden sah… Und zwischen den Gebäuden bewegten sich Geschöpfe, die wie die Bestie aussahen… Sie erinnerte sich…

Der häßliche, gepanzerte Kopf schwankte im Halbdunkel des Stalls hin und her. Die tellergroßen Augen starrten ins Leere. Die Bestie sah furchterregend aus, wie sie da saß, zusammengekauert, während ihre Gedanken weit zurück in die staubigen Äonen der Vergangenheit wanderten.

Andere Wesen… Es hatte noch andere Lebewesen gegeben, die so aussahen wie die Bestie – die Rasse, die den zweiten Planeten beherrscht hatte. Irgend etwas war geschehen. Tod… Verderben… Viele waren gestorben. Auf dem ganzen grauen, verregneten Planeten waren die mächtigen Reptilien vernichtet worden. Nichts hatte sie retten können vor der Pest, die aus dem Weltraum gekommen war.

Die große graue Gestalt erschauerte im Dämmerlicht des Stalls.

Kein Ausweg? Doch, es hatte einen Ausweg gegeben. Trotz ihrer tierischen Gestalt waren die Venusbewohner intelligent gewesen. Und sie hatten über wissenschaftliche Erkenntnisse verfügt. Es war keine Wissenschaft von der Art, wie sie sich auf der Erde entwickelt hatte. Aber sie hatte ihnen einen Ausweg gezeigt.

Sie konnten überleben. Nicht in ihrer ursprünglichen Gestalt. Nichts konnte die riesenhaften Körper der Reptilien vor der Seuche retten. Aber in einer anderen Gestalt – in einer Gestalt, in der die grundlegenden Körperfunktionen unverändert blieben, wenn auch komprimiert durch atomare Stauung…

Die Materie ist wandelbar. Aus winzigen Sonnensystemen können sich Körper bilden, Elektronen schwingen in weiten Kreisen um ihre Protonen. Unter der Einwirkung von Kälte wird diese submikroskopische Bewegung verlangsamt, bei null Grad hört sie völlig auf. Aber der absolute Nullpunkt bedeutet auch, daß die gesamte Energie zum Stillstand kommt, und das ist unmöglich.

Unmöglich? Nicht auf der Venus, vor vielen Äonen. Man hatte experimentiert, einem der Reptilien die gesamte Lebensenergie entzogen. Als die Elektronen ihren Protonen immer näherkamen, schrumpfte das Reptil zusammen, seine Gestalt veränderte sich, wandelte sich zu einem Ei, zu einem Juwel gefrorenen Lebens, zu einer Seinsheit, in der alle Lebenseinheiten auf kleinstem Raum vereint waren. Dieses Ei lag nun vor den Wissenschaftlern der Venus, wartete auf die Wärme und die Sonnenstrahlen, die es wieder zum Leben erwecken würden.

Die plumpen, riesigen Wesen konnten nicht durch den Weltraum fliegen. Aber vielleicht konnten sie in anderer Gestalt zu einer anderen Welt fliehen?

Sie hatten alles genau geplant, hatten ein Raumschiff konstruiert, in dem sie die Lebensjuwelen verstauten. So bald wie möglich sollte es, von automatischer Roboterkontrolle geleitet, durch den Weltraum fliegen, zur Erde. Nach der sicheren Landung sollte ein anderer Roboter-Apparat die Juwelen der Sonne und Hitze aussetzen, und die Venusianer würden wieder leben, nach einer Reise durch den Raum, die sie nicht bewußt erlebt hatten. Aber sie hatten ihren Plan nicht vollenden können. Die Seuche war zu mörderisch gewesen. Das unvollendete Raumschiff lag immer noch in einem venusianischen Sumpf verborgen, und es war ein Erdenbewohner gewesen, der eines der seltsamen Juwelen in seine Heimatwelt mitgenommen hatte.

Die Juwelen lagen auf der ganzen Venus verstreut. Das Monstrum hatte den Nachthimmel gesehen und wußte nun, daß es sich auf dem dritten Planeten befand. Das bedeutete, daß es aus seiner eigenen Welt hierhergeholt worden und von Energiestrahlen zu neuem Leben erweckt worden war. Es war den Erdenmenschen dankbar, die es vor einem ewigen Schlaf in dem kleinen Ei bewahrt hatten.

Vielleicht war es nicht der einzige Venusianer auf der Erde, überlegte das Monstrum. Vielleicht lebten noch andere Angehörige seiner Rasse auf diesem Stern. Jedenfalls würde es mit den Menschen Kontakt aufnehmen – jetzt, wo sich die Nebel in seinem Gehirn aufgelöst hatten. Sie waren seltsame Kreaturen, Zweifüßler und in den Augen der Bestie sehr häßlich. Aber sie war ihnen trotzdem dankbar.

Wie sollte sie mit ihren Rettern Kontakt aufnehmen? Die Erdenbewohner waren intelligent, das war offensichtlich. Doch das Monstrum sagte sich, daß sie seine

Sprache nicht verstehen würden. Und obwohl es die englische Sprache leidlich beherrschte, waren sein Hals und seine Zunge nicht dazu geeignet, englische Wörter zu bilden. Nun, die Mathematik war eine universale Sprache, und das war immerhin ein Anfang. Das Monstrum mußte den Menschen etwas mitteilen – etwas Lebenswichtiges. Aber sie waren ja die herrschende Rasse auf diesem Planeten, und es sollte nicht allzu schwierig sein, mit ihnen Verbindung aufzunehmen.

Die Bestie bewegte sich plump und ungeschickt. Ihr Körper stemmte sich gegen die Stallwand, und die Bretter brachen krachend auseinander. Der Stall fiel zusammen, und die Bestie kroch zwischen den Trümmern hervor. Ungeduldig schüttelte sie ein paar Planken ab, die zwischen den Schuppen hängengeblieben waren. Die Dinge auf dieser Welt waren nicht sonderlich stabil. Die schweren Steingebäude auf der Venus hätten sich nicht so leicht zerstören lassen.

Kirth hatte den Lärm gehört. Er kam aus dem Haus gelaufen, in der einen Hand eine Schrotflinte, in der anderen eine Taschenlampe. Seine Frau folgte ihm. Sie rannten zum Stall, doch dann blieben sie ängstlich stehen.

»Das Biest hat den Stall niedergerissen«, flüsterte Mrs. Kirth. »Glaubst du, daß… Jay! So warte doch!«

Aber Kirth ging weiter, die Flinte im Anschlag. Im Mondlicht ragte die riesige Gestalt des Monstrums häßlich und unheimlich vor ihm auf.

Und die Bestie dachte: Jetzt ist die Zeit gekommen – der Zeitpunkt, wo ich Kontakt mit den Menschen aufnehmen muß.

Es hob ein dickes Vorderbein und begann ein Zeichen in den Staub des Hofes zu malen. Ein Kreis bildete sich

- und noch einer. In kurzer Zeit war eine Karte des Sonnensystems fertig.

»Schau doch, wie es im Staub scharrt«, sagte Mrs. Kirth. »Wie ein angriffslustiger Stier. Paß auf, Jay!«

»Ja, ich passe schon auf«, erwiderte Kirth.

Die Bestie trat zurück, nicht weil sie Angst hatte, sondern weil sie dem Mann Gelegenheit geben wollte, die Zeichen zu studieren. Aber Kirth sah nur eine scheinbar sinnlose Masse konzentrischer Kreise. Er ging langsam auf die Bestie zu, und seine Stiefel zerstörten die Zeichen.

Er hat es nicht bemerkt, dachte der Venusianer. Ich muß es noch einmal versuchen. Sicher wird er bald begreifen. In einer so hochentwickelten Zivilisation hat man sicher einen Wissenschaftler mit der Aufgabe betraut, mich aufzuziehen.

Er erinnerte sich an die Begrüßungsgeste der Erdenbewohner, hob ein Vorderbein und streckte es langsam aus. Natürlich war es unmöglich, Hände zu schütteln, aber Kirth würde den Sinn der Bewegung sicher verstehen.

Doch statt dessen gab Kirth einen Schuß ab. Die Kugeln der Schrotflinte streiften den Kopf des Venusianers, fügten ihm schmerzhafte, aber nicht gefährliche Wunden zu. Sofort zog er die Pfote zurück.

Der Mann hatte es nicht begriffen. Vielleicht hatte er einen Angriff erwartet, die freundlich gemeinte Geste als Drohung mißverstanden. Die Bestie senkte den Kopf, als Zeichen der Unterwerfung.

Als die schreckliche Fratze sich nach unten neigte, überwand Mrs. Kirth ihre Schreckenslähmung. Kreischend wandte sie sich ab und ergriff die Flucht. Kirth stieß hysterische Flüche aus und jagte eine Kugel nach der anderen in den Körper der Bestie.

Ungelenkt drehte sich das Reptil um. Es war nicht verletzt, aber es spürte, daß hier Gefahr drohte. Es versuchte zu entkommen, ohne die fragilen Bauten ringsumher zu zerstören. Trotzdem trat es auf den Schweinestall, demolierte einen Silo und riß eine Wand des Farmhauses um.