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Eine mächtige Vorderpfote streckte sich aus. Die Bestie hatte die irdische Schwerkraft vergessen, das Ungeschick ihres riesenhaften Körpers.

Und die massive Pfote zerschmetterte die Kuppel des Kapitols.

Gleichzeitig blitzte der Hitzestrahl blindlings drauflos. Er schwang nach oben, überschüttete die Bestie mit grellem Licht.

Einen Herzschlag lang schien die Welt stillzustehen. Das Monstrum ragte reglos über dem Kapitol in den Himmel. Dann brach es zusammen.

Im Tod war die Bestie unvorstellbar schrecklich. Unter der Einwirkung des Hitzestrahls begann sie zu zerbröckeln, der Riesenleib zertrümmerte das Kapitol. Vier Häuserblocks stürzten ein. Staubwolken stiegen in dicken, undurchsichtigen Schwaden auf, wie die Nebel, die das Gehirn und die Sehkraft der Bestie verdunkelte. Denn noch war das Reptil nicht tot. Obwohl es sich nicht mehr bewegen konnte, obwohl die Lebenskraft rasch aus seinem Körper wich, versuchte es immer noch die monströse Pfote auszustrecken.

Ich muß ihnen meine Nachricht übermitteln, dachte es dumpf. Ich muß ihnen von der Seuche erzählen, die alles Leben auf der Venus zerstört hat. Ich muß ihnen von dem Virus erzählen, den die Winde geboren haben und gegen den es keinen Schutz gibt. Aus dem Weltraum kamen sie auf die Venus, die Keime, aus denen sich Blumen entwickelten. Und jetzt wachsen diese Blumen auch auf der Erde. In einem Monat werden die Blütenblätter fallen, und dann werden die Viren in den Blumen entstehen. Und dann wird alles Leben auf Erden vernichtet werden, wie damals auf der Venus, und auf diesem Planeten wird nichts mehr existieren außer den strahlend hellen Blumen und den Ruinen der Städte. Ich muß sie warnen. Sie müssen die Blumen vernichten, bevor sie ihren Blütenstaub verstreuen…

Die Nebel wurden immer dichter. Das Monstrum erschauerte, wand sich in Krämpfen, dann blieb es reglos liegen. Es war tot.

In einem Dachgarten standen ein Mann und eine Frau und sahen aus der Ferne zu.

»O Gott, was für ein schreckliches Ding!« sagte der Mann. »Sieh doch, wie es daliegt. Wie der Teufel persönlich…« Schaudernd wandte er sich ab.

Die blasse Frau nickte. »Es ist kaum zu glauben, daß auf der Welt etwas so Schreckliches existieren kann – und daß sie uns gleichzeitig etwas so Schönes schenkt…«

Ihre schlanken Finger streichelten die samtigen Blüten, die an ihrem Kleid steckten. In überirdischer Schönheit glühte die Venusblume im Sonnenlicht.

Und in ihrem Kelch bildete sich bereits der Blütenstaub.

DIE HÖLLENBRUT

von P. Schulyer Miller

Die Pedanten faselten von Wortklauberei und Rückendeckung und schlugen nach eingebildeten Mücken. Nichts ist unmöglich in der Mathematik. Nur unwahrscheinlich. Nur sehr unwahrscheinlich.

Nur unglaublich unwahrscheinlich.

Die Erde ist zum Beispiel unwahrscheinlich. Plane ten sollten nicht logischerweise existieren, ebensowenig wie das Leben auf den Planeten. Das Gleichgewicht der Kräfte ist zu delikat. Die Ursprünge sind auf viel zu komplizierte Weise zufällig. Und doch existiert die Erde – und auf ihr gibt es Leben.

Wir sehen die Erde, und wir sehen das Leben. Oder wir sehen irgend etwas Unwahrscheinliches und nennen es Erde und Leben. Wir vergessen die Wahrscheinlichkeit und die Mathematik und verlassen uns auf unsere Sinne, auf unsere Vernunft. Wir folgen unserem gesunden Verstand, und dieser sieht die Erde und das Leben, und in irgendeinem dunklen Spiegel sieht er die Menschen. Aber die Menschen sind äußerst unwahrscheinlich.

Der Schlamm gehört den Würmern, und die Würmer gehören den Fischen. Die Fische den Fröschen und die Frösche den Eidechsen. Die Eidechsen den Ratten und die Ratten den Menschen. Und die Menschen gehören aufgeblähten, futuristischen Gehirnen. Gehirne sind unwahrscheinlich. Die Gehirne und die Sinne und über allem der Verstand. Nicht unmöglich, denn nichts ist unmöglich, aber so unwahrscheinlich, daß nirgendwo auf all den unwahrscheinlichen Sternen, nirgendwo in diesem unwahrscheinlichen leeren Raum zwischen den Sternen Raum ist für andere Erden, für andere Ratten und Menschen.

Nirgendwo – Leben.

Ein unwahrscheinlicher Mensch ist betrunken. Ein Mensch mit unwahrscheinlich karottenrotem Haar und einer unwahrscheinlich großen Nase. Und diese Nase ist verschnupft. Mit einer Viertelgallone Fusel will er der äußersten Unwahrscheinlichkeit dieses Schnupfens und dieser Nase beikommen – und der Welt im allgemeinen. Unter den Füßen hat er das Seitenruder eines Flugzeugs, zwischen den Knien den Steuerknüppel, und die chilenischen Anden da unten sehen unwahrscheinlich gigantisch aus.

Ein Mann hat sich vollaufen lassen. Und zufällig wird er Zeuge des Unwahrscheinlichen.

Freitag, 25. Juli.

James Arthur Donegan, um die dreißig Jahre alt, rothaarig, Amerikaner, war Zeuge des Unwahrscheinlichen geworden.

Eine Klippe, hart und quarzweiß, schmolz plötzlich dahin wie ein monströser Fetthaufen, von dicken Goldadern durchzogen. Reines Gold, gelbschimmernd im Sonnenlicht der Anden. Muttergold, eingebettet in ein weiches Nest, im schimmernden Fels. Medusen von goldener Faszination. Gold, in träumerischen Arabesken, die nackte Felswände schmücken, im weißen Quartz, der langsam zerfließt, zu einem monströsen Morast.

Jim Donegan setzte die Flasche an die Lippen, dann lenkte er sein Flugzeug weg von diesem Wahnsinn. Jim Donegans Gehirn dröhnte vom Kartoffel-Whisky und vom grellen Schein der dicken Goldadern. Und mitsamt dem Gold schmolz eine Quarzklippe dahin, Stein, der sich in Pudding verwandelte – Sinn, der zu Unsinn wurde…

Jim Donegan nahm noch einen kräftigen Schluck und beschloß, das alles zu vergessen. Er landete in Santiago und verschwand.

Ein unwahrscheinlicher Mensch ist nüchtern. Tausend unwahrscheinliche Männer und tausend noch viel unglaublichere Frauen, und nur hundert davon sind betrunken. Weitere hundert sind stockbesoffen. Und ein halbes Dutzend unwahrscheinlicher Männer und Frauen, betrunken oder nüchtern, sehen und hören und fotografieren das Unwahrscheinliche, das die Walfische auffrißt.

Mittwoch, 20. August.

Richard Chisholm, fünfzig Jahre alt und grauhaarig, Brite, hat das Unwahrscheinliche in sein Logbuch eingetragen, hat ein faltiges Großhirn aufgeschreckt, das daran gewöhnt ist, Unwahrscheinlichkeiten zu erforschen, auf ungewöhnliche Weise.

Der Zoologe Heinrich Wilhelm Sturm lehnte mit glänzenden Ellbogen an einer glänzend polierten Reling und starrte aufs rotglühende Meer hinaus. Seine Tochter Maria Elsa Sturm lehnte und starrte neben ihm. Auch der Sekretär Rudolf Walter Weltmann lehnte und starrte, aber nicht auf die Wellen.

Die Wellen plätscherten sanft an der Flanke des großen Schiffes vorbei. Wellen, die anschwollen und ungebrochen herabsanken, mit der lustlosen Gleichgültigkeit alter Träume. Und im Wärmenetz der Sonne gefangen, eingebettet in die weichen Wellen, badeten zwei Dutzend Wale, wälzten sich spielerisch umher, vor den müden Augen des Zoologen. Das leuchtende Meereswasser wurde trüber und kühler. Die Farben verblaßten. Das strahlende Grün verwandelte sich in apfelgrüne Jade, die Jade in Chrysopras, schließlich in beryllfarbene Gischt. Das Wasser zerteilte sich in unebenmäßige, gleißende Hügel, die seltsam fest aussahen. Und der Zoologe Heinrich Sturm stieß einen deutschen Fluch aus, als die zwei Dutzend schläfriger Wale plötzlich mit dem Tod kämpften.

Viele Morgen leerer See verwandelten sich in einen zitternden Brei. Graue Wolken spritzten von den Wellen hoch und sanken wieder hinab. Gräßliche, gierige Wogen erschauerten, glätteten sich dann wieder auf der Wasserfläche. Und die zwei Dutzend Wale waren gefangen, gigantische, dicke Elritzen, die in einem modernden Pudding schlingerten. Titanische, ebenholzschwarze Mikroben, die in einer schwammigen Schüssel festsaßen. Ertrunken in dem graugrünen Schlamm, der in ihre Schlünde drang, ihre Nasenlöcher verstopfte. Erwürgt – erstickt…