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Beide blickten ihn fragend an. Er zeigte mit dem Zeigefinger auf die beiden Fotoapparate, die die Reporter über der Schulter hängen hatten.

»Fürchten Sie nicht, daß Ihren Apparaten im Verlauf Ihrer Unternehmung etwas zustoßen könnte?«

Die Australier schienen von dieser Überlegung sehr beeindruckt.

»Doch, doch, das fürchten wir durchaus.«

Und mit synchroner Bewegung streiften sie die Lederriemen, an denen die Apparate hingen, über ihren Kopf. Sie blickten sich um und suchten ein geeignetes Plätzchen, an dem sie ihre Ausrüstung abstellen konnten, aber da bat sie schon Armand mit einem freundlichen Lächeln: »Gestatten Sie, sie solange zu halten – ein Zeichen echter Kollegialität.«

»Tausend Dank«, erwiderten die Journalisten.

Danach kletterten sie eifrig wie Eichhörnchen die Leiter hoch und bemühten sich, den halb ohnmächtigen Chef der Pazifikpolizei aus der Luft auf die Erde herabzuholen.

Keine Aufnahmen, dachte Lavarède inzwischen und lächelte verschmitzt, und ich mache mir Sir Toby zum Freund, dessen Hilfe ich brauche, um meinen armen Robert wiederzufinden. Also vernichten wir die Platten.

Vorsichtig nahm er die Platten heraus und belichtete sie. Nun gab es keine belastenden Aufnahmen mehr.

Währenddessen hatten die Reporter Allsmine unter unsäglichen Mühen befreit, die Leiter herabgetragen und auf die Erde gestellt. Nichts in Lavarèdes Gesicht verriet, daß er die Aufnahmen vernichtet hatte. Er ließ sich noch einmal kollegial die Hand schütteln, während die beiden Journalisten ab nun zu erbitterten Konkurrenten wurden.

»Zehn Pfund für den, dessen Artikel zuerst erscheint.«

»Topp!«

»Also los!«

In Windeseile waren sie hinter den Bäumen des Parks verschwunden, in dem Lavarède mit dem Polizisten allein zurückblieb.

Achtes Kapitel

Beschattung

Etwa zehn Minuten lang mußte Sir Toby gerüttelt und geschüttelt und massiert werden, bis er seine Glieder wieder gebrauchen konnte. Sein Verstand war glücklicherweise ein wenig früher zu sich gekommen, so daß ihm Lavarède den einfachen und praktischen Vorgang erläutern konnte, dank dem er die Aufnahmen der Reporter wirkungslos hatte werden lassen. Dafür bewies ihm Allsmine durch ein ausgiebiges Händeschütteln, daß er beinahe wieder vollkommen Herr über seinen physischen Zustand war.

Als das geschehen war, machten sich die beiden »Freunde« auf den Weg zum Haus in der Paramata Street. Unterwegs präsentierte Armand dem Polizeichef seinen »Rapport« und erzählte ihm von der Odyssee seines Cousins Robert. Er bat ihn, im Landesinneren Nachforschungen zu veranlassen, um den Flüchtigen wiederzufinden. Mit ruhiger Frechheit versprach ihm Allsmine alles, worum er gebeten hatte, wobei er schamlos erklärte, weder von Robert, von Thanis oder Niari jemals etwas gehört zu haben.

Kurz, sie erreichten das Ziel ihres Spaziergangs und waren voneinander – das muß man gestehen – sehr angetan. Vor dem Eingang des Hauses erwartete den obersten Polizeiherrn eine Überraschung.

Inmitten einer Gruppe Beamter befanden sich Silly und James Pack. Die Ankunft Sir Tobys löste stürmisches Hallo aus. Nachdem ihn James zu seiner Freilassung beglückwünscht hatte, erzählte er seinem Vorgesetzten, daß er – wie jener auch gepackt und gefesselt – sich gegen Mitternacht an einen Pfeiler gegenüber dem Wachposten von Darling-Harbour gebunden wiedergefunden hatte. Bei seinen Schreien sei der Posten herbeigelaufen und habe ihn befreit. Sobald er frei gewesen sei, sei er zu dem Haus gelaufen, das man ihnen als Bleibe des Korsaren beschrieben hatte. Von den Beamten begleitet, die noch immer um das Haus patrouillierten, sei er ins Hausinnere eingedrungen; aber zu seiner größten Überraschung habe er feststellen müssen, daß das Haus leer gewesen sei – nicht einmal Möbel habe es darin gegeben. Er hatte alles durchstöbert, sogar die Mauern und die Fußböden abgeklopft, denn er habe sich dunkel daran erinnert, daß er durch ein unterirdisches Gewölbe geschleppt worden sei – seine Nachforschungen seien samt und sonders ergebnislos geblieben.

Was Silly betraf, den er unterwegs getroffen habe, das sei etwas anderes. Der Schwachsinnige behauptete, er sei in einen Keller gesperrt worden, wo ihm Männer mit grünen Gesichtern – zweifellos waren das maskierte Gestalten – eine üppige Mahlzeit vorgesetzt hätten. Der Junge sei darüber hergefallen, dann habe er geschlafen. Am Morgen sei er am östlichen äußersten Ende der Docks aufgewacht. Die Erinnerung an die Nacht verwischte sich bei ihm; er war sich nicht sicher, ob er das Ganze nicht nur geträumt habe.

Sir Toby hörte sich diesen Bericht ruhig an, ohne daß auch nur das leiseste Zucken in seinem Gesicht irgendeinen Verdacht verriet.

»Gut«, sagte er schließlich. »Es fehlt dem allen die Logik, aber das Wichtigste im Augenblick ist wohl, sich zu erholen. Sie, Mr. Pack, begeben sich ins Büro und erledigen die laufenden Dinge. Ich werde zwei Stunden schlafen und Sie dann ablösen.«

Nach diesen Worten schüttelte er Lavarèdes Hand und begab sich mit seinem Sekretär ins Haus. Er begleitete letzteren bis zur Schwelle des Büros, aber allein gelassen, schloß er sich nicht in seinem Zimmer ein, wie er soeben geäußert hatte, sondern strebte schnell dem Zentralbüro der Pazifikpolizel zu. Dort ließ er einen Beamten namens Dove zu sich rufen und unterhielt sich mit ihm längere Zeit. Schließlich suchte er seine Wohnung auf und verriegelte sich im Bad, duschte, parfümierte, kämmte sich. Danach fühlte er sich frisch und ausgeruht und zeigte keinerlei Spuren von Müdigkeit. Er ersetzte James Pack im Büro, der inzwischen mittels Telefon die ganze Polizei von Sydney alarmiert und auf Korsar Triplex gehetzt hatte.

Armand Lavarède hatte, nachdem er allein auf der Straße zurückgeblieben war, aufmerksam Silly gemustert. Das sanfte Gesicht des Jungen, seine Geistesschwäche waren dazu angetan, in jedermann Mitleid zu wecken. Er zweifelte nicht mehr am Erfolg seines Vorhabens. Erst gestern in Sydney angekommen, hatte er heute schon dem allmächtigen Beamten, dessen Hilfe beim Auffinden seines Cousins unentbehrlich war, einen wirklichen Dienst erwiesen. Freundschaftlich legte er den Arm um die Schultern des Jungen und fragte: »Silly, erinnerst du dich, wie du Reisende ins Centennial-Park-Hotel begleitet hast?«

»Silly begleitet oft Reisende«, erwiderte der Junge gleichgültig.

»Das bezweifle ich nicht. Aber versuch dich zu erinnern. Es war gestern.«

Silly schien angestrengt nachzudenken.

»Ach ja, gestern! Zwei hübsche junge Damen und einen Gentleman, der mir einen Shilling gegeben hat.«

»Genauso war es.«

»Und was weiter?«

»Dieser Gentleman bin ich.«

»Sie sind es vielleicht …«

»Nun, ich habe gerade erfahren, daß du diese Nacht gut gespeist hast. Würde es dir Spaß machen, heute morgen gut zu frühstücken?«

Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Burschen.

»Gut frühstücken, nachdem man gut zur Nacht gegessen hat«, murmelte er schließlich, als spräche er zu sich selbst, »das ist zuviel Speise für einen Tag.«

»Du möchtest also nicht?«

»Nein, nein, aber ich finde es komisch, soviel Mahlzeiten am selben Tag, und dann wieder keine an anderen.«

»Nutze die Gunst der Stunde und iß!«

Und indem er Silly, der keinerlei Widerstand leistete, unterhakte, führte er ihn zu dem Hotel, in dem er abgestiegen war.

Trotz der sehr morgendlichen Stunde warteten Aurett und Lotia schon in dem Appartement, das für sie reserviert war. Voller Freude vernahmen sie Armands Bericht von der Begegnung mit dem Direktor der Pazifikpolizei und zeigten sich voller Mitgefühl für das Schicksal Sillys. Aurett gab sogar in ihrer Großzügigkeit zu bedenken, ob man den Zurückgebliebenen nicht in ihre Dienste nehmen könne. Nach Europa zurückgekehrt, könne man ihn doch auf irgendeinem ihrer Besitztümer unterbringen und mit Aufgaben betrauen, die seinem Verstand angemessen wären. Auf jeden Fall würde er dort in Frieden leben und stets genug zu essen haben.