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»Seien Sie unbesorgt.«

Die beiden Männer tauschten einen herzlichen Händedruck. Sie wollten schon auseinandergehen, als James seinen Gesprächspartner mit den Worten zurückhielt: »Und sie?«

»Sie bleibt hier. Sie möchte Sie sehen.«

»Nein, nein«, sagte Pack entschlossen. »Zu gefährlich.« Und traurig fügte er hinzu: »Wir müssen uns an die Trennung gewöhnen. Doch ich hoffe, daß unsere Anstrengung von Erfolg gekrönt sein wird. Nun werden sich unsere Wege trennen, und wir werden uns möglicherweise nicht wiedersehen.«

Einen Augenblick schien der Sekretär zu zögern, als ob er noch einige Worte hinzufügen müsse, aber dann schüttelte er den Kopf, drückte die Hand des Unbekannten und sagte nur ein Wort: »Adieu.«

Daraufhin nahm er den Weg zur Stadt. Bald verlor sich sein Umriß in der Dunkelheit.

Der Mann, mit dem er geredet hatte, blickte ihm nach, bis er verschwunden war, und murmelte: »Ich bin ja hier. Du hast mir geholfen, ich helfe dir.«

Und kurz darauf war auch der mysteriöse Spaziergänger in der Nacht verschwunden.

Elftes Kapitel

Das Telegrafenbüro

Allsmine war von der Schiffsexpedition als gebrochener Mann zurückgekehrt. Triplex hatte ihm einen furchtbaren Schlag versetzt, denn Joan hatte öffentlich für den Korsaren Partei ergriffen. Und dazu noch dieser seit langen Jahren verschwundene goldene Harlekin, der plötzlich aus der Vorzeit wie ein Zeuge der Anklage auftauchte. Hatte demnach das Tribunal der grünen Masken doch die Wahrheit gesprochen? Maudlin lebte, und der Mann, den Allsmine zu dem Verbrechen gedungen hatte, hatte ihn hintergangen.

Die ganze Nacht wälzte sich Toby auf seinem Bett, ohne in den Schlaf zu finden. Zwar übermannte ihn manchmal die Müdigkeit, und seine Augen schlossen sich von selbst. Aber sofort riß ihn ein Alptraum wieder empor. In seinen Ohren rauschte es merkwürdig; von den Wänden lösten sich zunächst noch undeutliche, dann immer klarer werdende Schatten. Das waren Harlekine mit Narrenkappe und Schlagholz in einer in den verschiedensten Goldtönen glänzenden Kleidung: kupferfarbenes Gold, mit Grünspan überzogenes Gold, Rotgold, mattes Gold, glänzendes Gold. Alle trugen die grüne Maske und bleckten die Zähne, so daß ihr weißes Gebiß aus den grinsenden Mündern hervorstach. Alle richteten sie anklagend den Arm auf ihn.

Schweißüberströmt fuhr Sir Toby hoch und warf einen gehetzten Blick um sich. Die Traumbilder waren verflogen, tauchten jedoch wenig später wieder auf. Als es schließlich tagte, war der Polizeichef wie gerädert. Seine gemarterten Glieder schmerzten, und jede Bewegung verursachte ihm unendliche Mühe.

Er kleidete sich dennoch sorgfältig an und verließ sein Zimmer. Er trat auf die Straße wie ein Mensch, dem es unangenehm ist, einem bekannten Gesicht zu begegnen.

Er hatte geradezu Angst, sich Joan gegenüberzusehen, ja sogar James Pack. Ihm schien, daß alle seine Gedanken lesen könnten, ja, daß ihm früher begangene Verbrechen auf der Stirn standen. Eine einzige Person erfreute sich seines Vertrauens, eine einzige. Das war Armand Lavarède.

Warum? Der Polizeichef hätte es sicher nicht erklären können. Vielleicht weil in Zeiten des Mißerfolgs schwache Charaktere abergläubisch werden. Und Sir Toby war gewiß ein entschlossener, tatkräftiger Mann, aber im Grunde seiner Seele feige. Und Armand war Sir Toby an dem Tage zu Hilfe gekommen, als dieser hilflos am Galgen hing. Armand hatte die fotografischen Platten vernichtet. Armand war für ihn zu einer Art von Fetisch geworden.

Allsmine bildete sich ein, wenn es ihm gelänge, den Journalisten für seine Pläne zu gewinnen, würde er gewiß über die Gegner triumphieren, und so lenkte er seine Schritte ganz natürlicherweise zum Centennial-Park-Hotel. An der Rezeption verlangte er den Franzosen zu sprechen. Dieser kam auch sofort, obwohl nicht wenig überrascht wegen dieses frühen Besuchs.

Aber der Polizist ging sofort mit ausgestreckter Hand auf ihn zu und sagte ohne weitere Begrüßung: »Mr. Lavarède, meine Anwesenheit zu dieser Stunde mag Ihnen unangemessen erscheinen. Ich werde Ihnen den Grund in einem Satz erklären. Ich möchte mit Ihnen ein Bündnis abschließen.«

Mit einer Geste deutete Armand an, daß er nicht verstehe.

»Hören Sie mir nur zu«, sagte Toby. »Sie und ich werden von demselben Feind bedroht – Korsar Triplex.« Er senkte die Stimme, als er den Namen aussprach. »Korsar Triplex attackiert mich in meinem Ansehen; und Ihnen ist er doch wohl alles andere als sympathisch. Verbünden wir uns also gegen ihn.«

»In meiner Ergebenheit für Sie lasse ich mir nichts vergeben«, erwiderte der Journalist und machte dabei ein unschuldiges Gesicht. Die Unterhaltung amüsierte ihn. Der Mann, der Niari gefangengehalten hatte, der Robert daran gehindert hatte, seinen rechtmäßigen Namen anzunehmen, bot ihm an, sein Verbündeter zu werden? Das war die Komödie aller Komödien. Andererseits konnte es ihm natürlich unendlich nützlich sein, das Vertrauen des Polizeichefs zu besitzen; deshalb hielt er es für taktisch klug, die Tür nicht von vornherein zuzuschlagen.

»Ich danke Ihnen, daß Sie so sprechen«, sagte Allsmine, der die Ironie in den Worten des Journalisten nicht herausgehört hatte. »Sie sind ein intelligenter Mensch und begreifen sofort. Also möchte ich Ihnen vorschlagen, daß wir zusammenarbeiten.« Er überlegte einen Augenblick und fuhr dann fort: »Das ist die Situation: Ich wünsche meine Stellung als Chef der Pazifikpolizei zu behalten. Sie sind mit der Absicht hier, Ihrem Cousin seinen Namen und seine Nationalität zu verschaffen. Wer widersetzt sich unseren Wünschen? Korsar Triplex. Machen wir also gemeinsame Sache, um ihn zu schlagen. Ich werde im übrigen alles tun, was in meiner Macht steht, um uns den Sieg zu sichern, wenn Sie mein Verbündeter werden.«

»Abgemacht«, murmelte der Pariser.

»Ich bin Ihnen für diese Erklärung überaus verbunden. In diesem Land, in dem sich der Elende jeden mit offensichtlich gestohlenem Geld kaufen kann, sind Sie der einzige, auf den ich zählen kann. Selbst meine Frau hat sich von mir entfernt. Ich darf mit Ihnen rechnen?«

»Wie auf sich selbst, Sir Toby.«

»Dann kommen Sie. Ich werde Ihnen – unter dem Siegel der Verschwiegenheit – eine ungeheure Neuerung zeigen, die, so denke ich, uns den Erfolg sichert.«

»Und das wäre?«

»Sie werden sehen. Kommen Sie.«

Nun, Lavarède war neugierig von Natur, er widerstand nicht lange. Er lief in sein Zimmer, kleidete sich an, verabschiedete sich von Aurett und Lotia und ging fünf Minuten später mit dem Polizisten zu dessen Büro. Sir Toby war entzückt. Seine Ängste waren vorerst verflogen.

In seinem Büro angekommen, nahm sich Allsmine einen Schlüssel aus dem Schreibtisch und forderte Lavarède auf mitzukommen. Wieder betraten sie die Straße und befanden sich bald darauf vor der Telegrafenzentrale, einem großen, viereckigen Gebäude, in dessen Mauern der gesamte telegrafische und telefonische Dienst von Sydney untergebracht war.

Sie durchquerten riesige Säle, in denen eine Schar von Angestellten daran arbeitete, die Verbindung mit der Welt herzustellen. Schließlich gelangten sie zum Keller und stiegen eine Wendeltreppe hinab. In den Mäandern des Kellergewölbes gingen sie um mehrere Ecken und blieben schließlich vor einer eisernen, hermetisch abgeschlossenen Tür stehen. Mit Hilfe seines aus dem Büro geholten Schlüssels öffnete sie Allsmine und drückte auf einen Knopf neben der Tür. Augenblicklich leuchteten Lampen auf und erhellten einen Raum, der seltsam eingerichtet war. Von der Decke hingen wie von einem riesigen Spinnennetz zahlreiche Kabel herab, die in einem Schaltpult endeten, das auf einem Eichentisch festgeschraubt war, der die ganze Länge des Raumes einnahm. Vor jeder Kopfseite des Schaltpultes standen elektrische Schreibmaschinen, die unablässig vor sich hin hämmerten, obwohl kein Mensch zu sehen war.