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Der Hüne war wie von Sinnen. Er rang die Hände, seine Züge waren verzerrt, und seine Augen tränten.

Plötzlich ließ seine Angst nach. Ein Ausdruck des Erstaunens glitt über sein Gesicht. Er preßte sein Ohr auf den Felsen.

»Einbildung oder Wirklichkeit?« sagte er langsam. »Ich höre immer noch Pferde.«

Einen Augenblick schwieg er und lauschte angestrengt. Dann sprang er mit einem Satz auf.

»Ich habe mich nicht getäuscht! Dort unten müssen irgendwo Pferde sein, Reiter. Holla, Kameraden, auf! Rettung naht. Wir müssen ihnen unsere Gegenwart signalisieren!«

Er war aufgesprungen und schüttelte seine Gefährten; aber diese antworteten nur mit einem Lallen auf seine Worte. Sie waren nicht mehr fähig, etwas zu begreifen.

Wie ein Betrunkener taumelte er zu seiner Hütte. Er brauchte lange, um sie unter unglaublichen Anstrengungen zu erreichen. Jeder Schritt schmerzte in seinem Kopf, in seiner Brust, in seinen Gliedern; dennoch schleppte er sich vorwärts, nur von der Idee besessen, dem knöchernen Zugriff des Todes zu entgehen.

Mühsam griff er nach seinem Karabiner. Wie schwer doch die Waffe geworden war! Er stopfte sich die Taschen mit Patronen voll und schleppte sich auf wackligen Beinen, das Gewehr geschultert, wieder zum Felsrand gegenüber dem Gummibaum zurück. Dort ließ er sich auf einem Gesteinsbrocken nieder. Er hustete, rasselnd pfiff ihm die Luft aus der Lunge, sein Herz klopfte dumpf in der Brust.

Nach und nach beruhigte er sich. Bob Sammy schob eine Patrone in den Lauf und drückte ab.

Die Detonation rollte durch das Tal und brach sich an den gegenüberliegenden Felswänden, wurde verstärkt durch das Echo. Mit wächsernem Gesicht lauschte der Goldsucher, dann schoß er erneut, und wieder rollte der Donner der Explosion von Fels zu Fels.

Diesmal erhielt er Antwort. Ein weitentferntes Knattern drang bis zu ihm. Die er gerufen hatte, hatten sein Zeichen gehört. Das war gut, aber sie mußten sich beeilen, und deshalb mußte er sie so schnell wie möglich zu dem Punkt führen, auf dem er und seine Freunde gefangensaßen. Auf dem Höhenzug der Brimstone Mounts war es leicht, sich zu verirren, und jede Verzögerung konnte dem Kapitän und Mora-Mora den Tod bringen.

Alle fünf Minuten feuerte Bob einen Schuß ab. Automatisch widmete er sich dieser Aufgabe. Die Fremden antworteten, und der anwachsende Schall ihrer Schüsse erlaubte abzuschätzen, welchen Weg sie bereits zurückgelegt hatten.

Schließlich erfolgte eine Detonation so nahe, daß Bob begriff, daß seine Rolle als Signalgeber beendet war. Er entlud ein letztes Mal seine Waffe und ließ sie dann, am Ende seiner Kräfte, neben sich sinken. Nun galt es nur noch, die unbekannten Retter zu erwarten.

Wie lange dauerte das wohl? Wahrscheinlich nicht einmal wenige Minuten, aber für Bob wurden die Sekunden zu Jahrhunderten. Er hatte seine letzten Kräfte aufgebraucht und konzentrierte seinen ganzen Willen nur noch darauf, nicht vom Felsen zu stürzen. Endlich hörte er menschliche Stimmen. Auf dem gegenüberliegenden Felsen erschienen menschliche Gestalten. Nun richtete sich der Goldsucher zu voller Größe auf, zeigte auf den Gummibaum und rief: »Schlagt den Baum und baut eine Brücke!«

Dann stürzte er ohnmächtig zu Boden.

Der Kapitän, Mora-Mora und Bob erwachten unter einem Zelt. Sie lagen auf Matten. Eine viereckige Öffnung erlaubte ihnen, nach draußen zu schauen. Einige Schritt von ihnen entfernt sahen sie die Wurzeln eines Baumes, dessen Spitze auf einem Felsabgrund auflag. Sie erkannten ein Basaltplateau, auf dem Bobs Hütte stand. War es ihnen also doch gelungen, den Lavastrom auf einer Brücke zu überqueren? Die Frage war ihnen von den Augen abzulesen.

»Ja«, antwortete ihnen eine Stimme, die sie nicht kannten.

Sie versuchten in der Ecke, aus der die Stimme gekommen war, etwas zu erkennen. Aber alles, was sie von dem Mann sahen, war, daß er dort im Schneidersitz hockte und einen Tropenhelm aufhatte.

»Ja«, sagte dieser noch einmal. »Wir haben den Baum geschlagen und Sie herübergeholt. Es war höchste Zeit. Eine Stunde später, und Sie wären … Wenn es Ihnen besser geht, möchte Sie der Chef sprechen.«

Der Unbekannte stand auf und verließ das Zelt. Bald kam er mit einer großen stattlichen Person zurück, deren markantes Gesicht von einem dichten Backenbart umrahmt war.

»Euer Ehren kann sich davon unterrichten, daß die Leute in der Verfassung sind, ihm zuzuhören«, sagte er respektvoll.

»Ja.«

Der neu Hinzugekommene betrachtete die drei Männer, dann näherte er sich dem Goldsucher.

»Sie sind Bob Sammy, nicht wahr?« fragte er.

»So ist es«, antwortete der Schürfer.

Der Mann nickte zufrieden und zeigte auf den Australier.

»Und das ist sicher Mora-Mora, der australische Führer.«

»So ist es«, antwortete Bob Sammy statt des Australiers. »Aber sagen Sie, woher haben Sie Ihre Informationen?«

Ein ironisches Lächeln spielte um die Lippen des bärtigen Mannes.

»Sie waren nicht in dem Zustand, sich vorzustellen«, sagte er schließlich, »und so mußte ich meine Erkundigungen einziehen. So habe ich auch erfahren, daß Ihr letzter Begleiter«, sein ausgestreckter Finger berührte fast die Brust des Kapitäns, »daß Ihr letzter Begleiter, sage ich, niemand anders ist als Korsar Triplex.«

Die drei zuckten zusammen, was dem Mann nicht entgangen war.

»Wie ich sehe, drücken meine Worte einen exakten Sachverhalt aus.«

Bevor ihm noch einer der drei etwas hätte erwidern können, zog der Mann eine kleine Pfeife aus seiner Tasche, setzte sie an die Lippen und ließ einen durchdringenden Ton hören.

Sofort stürmten mehrere Männer in das Zelt und stellten sich neben den Matten auf, auf denen der Kapitän und dessen Freunde lagen.

»Tapfere Männer«, sagte derjenige, der sie herbeigepfiffen hatte, »ihr habt Nächte unter freiem Himmel verbracht, seid hierhin und dorthin marschiert und habt eine lange Überfahrt hinter euch. Man hat euch an der Nase herumgeführt, verspottet, lächerlich gemacht. Der Mann, dessentwegen ihr soviel gelitten habt, bezeichnet sich stolz als Korsar Triplex. Nun gut, da ist er, in unserer Gewalt!«

Und während auf eine Handbewegung von ihm seine Untergebenen die Gefangenen packten, die noch zu schwach waren, als daß sie ernsthaft hätten Widerstand leisten können, neigte sich der Mann mit dem blonden Bart zu dem Kapitän herab und sagte hämisch: »Sie kennen mich zweifellos, Mr. Triplex. Es ist unmöglich, daß Sie einen Krieg gegen mich führen, ohne mich kennenzulernen. Ich werde korrekt sein bis zuletzt; das gebietet einem der Anstand gegenüber einem Feind. Schließlich möchte ich Sie nicht im ungewissen lassen, mit wem Sie es zu tun haben.«

Er unterbrach sich mit einem höhnischen Auflachen.

Dann machte er eine Pause, verbeugte sich vor dem Kapitän, legte die Hand auf die Brust und sagte: »Ich bin Sir Toby Allsmine, Oberster Chef der Pazifikpolizei Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien.«