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Ein leichtes Lächeln blitzte in den Augen des Sekretärs auf; doch tat er, wie der Journalist wünschte, und paßte seinen Schritt dem seines Gesprächspartners an. Dieser schwenkte in die erste Seitenstraße ein, auf die er stieß, so daß man ihn auch von Allsmines Haus in der Paramata Street nicht mehr sehen konnte. Dort endlich begann er zu sprechen.

»Ich habe eine Botschaft für Sie, Mr. Pack.«

»Eine Botschaft? Ich höre. Von wem denn?«

»Von Korsar Triplex.«

Bei der Erwähnung dieses Namens lächelte der Bucklige.

»Ach ja. Von dem Korsar, den mein aufrechter Chef in Brimstone Mounts gefangengenommen hat.«

»Genau.«

»Sehr gut.«

James lächelte wieder.

»Und Sie haben Zweifel an seiner Identität?« fragte er. Und da er die Überraschung auf den Zügen seines Gegenübers bemerkte: »Sehen Sie mich genau an, Mr. Lavarède. Ich verstehe Ihren Gemütszustand sehr gut, glauben Sie mir, sehr gut. Nur …, ich muß Ihnen gestehen, daß Ihre Aufregung umsonst ist. Ich bin über alles informiert.«

»Über alles?«

»Ich weiß sogar, was Sie mir mitteilen sollen.«

Armand fuhr zusammen.

»Sie belieben zu scherzen.«

»Ganz und gar nicht.«

»Der Beweis?«

»Nichts leichter als das.«

Und sich zum Ohr des Journalisten beugend, flüsterte er: »Fort Macquarie.«

Armand schaute verdutzt.

»Ihr Informationsdienst ist ausgezeichnet«, erklärte er. »Das ist tatsächlich der Name, den ich Ihnen mitteilen wollte. Sie kennen ihn, schön. Der Wunsch des Gefangenen ist ausgeführt.«

»Teilweise. Er hat noch einen anderen geäußert.«

»Einen anderen?«

»Aus dem Gefängnis herauszukommen!«

»Ah, das stimmt; aber das zu realisieren erscheint mir wenig wahrscheinlich.«

Pack lachte kurz auf.

»Gehen Sie, gehen Sie, Mr. Lavarède, Ihr Cousin ist da anderer Meinung.«

»Dann weiß er mehr als ich.«

»So ist es. Er weiß zum Beispiel, daß er übermorgen abend außerhalb der Mauern von Fort Macquarie ist.«

»Übermorgen!« rief der Journalist, baff vor Erstaunen.

»Ja. Kehren Sie nach Hause zurück. Warten Sie im Zimmer, und halten Sie sich bereit, dem Mann zu folgen, der Sie aufsuchen wird.«

Mit diesen Worten machte James Pack auf dem Absatz kehrt und ließ den zum erstenmal in seinem Leben fassungslosen Journalisten allein zurück. Bald war er an der Straßenecke zur Paramata Street verschwunden.

»Nein«, murmelte erst geraume Zeit später Lavarède und bewies damit, daß er zumindest teilweise die Überraschung verdaut hatte. »Nein, mit so einem geheimnisvollen Geheimnis habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht zu tun gehabt.«

Ohne zu zögern, machte er sich dann auf den Weg zum Hotel, um Aurett und Lotia die überraschende, aber schließlich alles andere als traurige Neuigkeit mitzuteilen.

Während sich Roberts Cousin also seiner Aufgaben zu entledigen suchte, wie wir soeben beschrieben haben, nahm dieser, von zwei Polizisten flankiert, in einer Kutsche Platz. Das Fahrzeug rollte durch die engen Straßen des alten Sydney, erreichte die breiten Avenuen der neueren Stadt und hielt schließlich vor der massiven Eingangspforte von Fort Macquarie.

Bewacher in grauen Uniformen empfingen den Gefangenen aus den Händen der Polizisten. Mit metallischem Knirschen schlossen sich die Gefängnistore hinter ihm. Er wurde in einen kleinen Raum geführt, wo ein weiterer Wärter mit der Schreibfeder in der Hand darauf wartete, ein neues Opfer in seine Liste einzutragen.

Der Schreiber blickte auf ein Schriftstück, das auf seinem Pult lag, und fragte höflich: »Sie sind der Korsar Triplex?«

Robert nickte.

»Gut. In Europa hat man die entsetzliche Gewohnheit, den Gefangenen Nummern zu geben. Das ist etwas, was wir, freie Söhne eines freien Australien, niemals dulden werden; das heißt, wünschen Sie Ihren Namen zu behalten, oder bevorzugen Sie irgendein Pseudonym?«

Robert riß die Augen auf ob soviel Freiheitssinn und erwiderte: »Da Sie der individuellen Freiheit soviel Respekt bezeigen, könnten Sie mich da nicht gleich freilassen?«

Die Idee schien dem Wärter so exzellent, daß er in Gekicher ausbrach.

»Alles, nur das nicht. Nicht wir halten Sie hier gefangen, sondern die Gesellschaft. Innerhalb dieser Mauern sind wir allmächtig, aber unsere Autorität endet an der Gefängnismauer. Sie werden sehen, daß wir uns im Inneren der größten Freizügigkeit erfreuen.« Und mit gewinnendem Ton fügte er hinzu: »Zweifellos wünschen der Herr Korsar ein komfortables Zellchen?«

»Nun …«

»Vielleicht ist Ihnen auch die Küche des Hauses wenig schmackhaft, und Sie würden es gern sehen, wenn Ihre Mahlzeiten von außerhalb kämen?«

»Sie erraten meine Wünsche.«

»Zu glücklich, Ihnen zu Diensten zu sein. Ich möchte hinzufügen, daß es Ihnen freisteht«, er betonte das letzte Wort besonders, »alles, was Sie wünschen, zu beschaffen. Selbst wenn Ihnen die Strafe, die ein strenges Gerichtsurteil beschließt, zu hart sein sollte, wird Sie nichts daran hindern, sich ein befreiendes Gift zu besorgen. Ich insistiere in dieser Hinsicht nicht weiter, aber sollten Sie sich zu diesem Schritt entschließen, steht die Apotheke des Hauses Ihnen selbstverständlich zur Verfügung. Und die Preise sind hier sogar billiger als in der Stadt.«

Robert lachte bei diesem seltsamen Vorschlag freiheraus. Seine gute Laune mißfiel dem Schreiber mitnichten, der hinzufügte: »Ich rede zu Ihnen wie zu einem unerfahrenen Schurken. Ein Mann Ihrer Erfahrung, verehrter Herr Korsar, hat gewiß alles vorhergesehen, und sicher haben Sie schon das Mittel, dem Galgen zu entgehen, in Ihrer Tasche.«

Der Gefangene schüttelte den Kopf.

»Sie müssen sich nicht verteidigen. Ein freier Mann hat das Recht, Gift dem Galgen vorzuziehen. Man wird Sie, entgegen den barbarischen Gepflogenheiten auf dem alten Kontinent, auch nicht durchsuchen. Ich fasse zusammen: Ihre Eintragung enthält den Vermerk: Korsar Triplex – komfortable Zelle: drei Shilling je Tag; Mahlzeiten von draußen: acht Shilling je Tag sind doch nicht zuviel?«

»Ich akzeptiere gern.«

»Nun, Sir Korsar, dann gestatten Sie mir, daß ich Sie auf das herzlichste willkommen heiße.« Und zu einem Wärter gewandt, sagte der Schreiber: »Crossby, dieser Gentleman auf Zimmer Nummer zwei; ich bitte, dafür zu sorgen, daß es ihm an nichts fehlen möge.«

Danach machte unser Mann vor dem soeben ordentlich ins Gefängnis überführten Robert einen tiefen Bückling und setzte seine Arbeit fort.

Auf ein Zeichen Crossbys verließ Robert mit diesem das Büro, überquerte Höfe und dunkle Korridore und gelangte schließlich zu einem relativ geräumigen Zimmer, in dem ein Bett stand, ein Glasschrank, ein Waschtisch, mehrere Stühle, ein Tisch. Diese Zelle machte den Eindruck eines Hotelzimmers zweiter Kategorie. Am vergitterten Fenster hingen geblümte Vorhänge, und auf dem Fußboden lag ein Teppich.

»Keine schlechte Zelle«, erklärte der angebliche Korsar.

»O Sir, es ist die beste auf dem Kontinent«, sagte der Wärter. »Bisher hat sich hier jeder sehr wohl gefühlt. Wenn Sie auf den Stuhl steigen, können Sie hinter der Umfassungsmauer die ganze Altstadt und den Hafen sehen. Herrliches Panorama. Sehr gute Luft. Bedauerlich, daß Ihre Angelegenheiten mit der Justiz wohl nicht zulassen, daß Sie für längere Zeit bei uns weilen.« Und indem er sich mit der Hand auf den Mund schlug: »Ich sage da Sachen, die sicher ganz dumm sind. Entschuldigen Sie. Wenn Sie erlauben, werde ich mich um Ihr Menü kümmern. Ich kenne hier in der Nähe einen Koch, dessen Mahlzeiten Tote wieder zum Leben erwecken.«

Als er ging, verschloß er sorgfältig die Tür. Schloß und Riegel schnappten zu und bewiesen dem Gefangenen, daß man zwar seinem Appetit schmeichelte, aber ganz gewiß nicht seiner Lust, hier zu entweichen.