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»Oh, mit dem größten Vergnügen!« rief Robert aus. »Ich wünsche nichts sehnlicher, als daß Sie mir Gelegenheit geben, Ihnen nützlich sein zu können.«

»Die werden Sie bald bekommen.«

»Das ist ein Wort. Sie sind ein Mann, der alles voraussieht, und wahrscheinlich haben Sie auch schon den Augenblick festgelegt, wo das geschehen wird.«

»Vielleicht?«

»Wollen Sie ihn mir mitteilen?«

»Nein, noch nicht. Alles hängt von einem Umstand ab … Eine Idee, die mir durch den Kopf geschossen ist, aber deren Ausführung noch im ungewissen liegt.«

»Wann denken Sie denn, im Gewissen zu sein?«

»Übermorgen.«

Bei dieser Antwort konnte Robert eine Geste der Überraschung nicht verbergen.

»Sie hoffen demnach, morgen die Küste zu erreichen?«

»Ja, was ist daran so verwunderlich?«

»Ich habe elf Tage gebraucht bis zu der Stelle, an der ich Ihnen begegnet bin. Wir haben diesen Ort erst vor vier Tagen verlassen, und Sie denken, daß morgen …«

»Sich die Wellen zu unseren Füßen brechen. So ist es. Seien Sie versichert, das hat nichts mit Zauberei zu tun. Ich habe nur die Umwege vermieden, die Sie aus Unkenntnis des Landes gemacht haben.«

»Umwege? Mit meinem Kompaß?«

James lachte frei heraus, als er das verblüffte Gesicht des Franzosen sah.

»Umwege, die durch natürliche Hindernisse bedingt waren. Deshalb folgten Sie einer Linie, die oftmals gebrochen war, und mußten eine Wegstrecke zurücklegen, die zweimal so lang wie nötig gewesen ist. Machen Sie sich keine Vorwürfe, Ihr Mut steht außer Frage.«

Am nächsten Tag erreichten die vier Männer tatsächlich am späten Nachmittag den Ozean.

»Wo sind wir genau?« fragte Robert den Buckligen.

»Zehn Kilometer westlich von der Mündung des Russel River.«

»Wir werden Sydney nicht auf dem Landweg erreichen?«

»Nein. Dazu brauchten wir Wochen.«

»Aber …?«

»Sie möchten wissen, wo sich das Schiff befindet, das uns aufnehmen wird?«

»So ist es.«

»Es wird uns nachts holen.«

Und als er das verblüffte Gesicht Roberts sah, sagte er mit einem spitzbübischen Lachen: »Ich werde ihm ein Zeichen geben, daß wir warten.«

Mora-Mora und der Junge, der James begleitete, waren schon seit einiger Zeit verschwunden. Nun tauchten sie wieder auf, mit Oyats beladen, einem trockenen und harten Gras, das die Dünen bedeckte.

Vor Robert angelangt, warfen sie ihre Last zu Boden und formten drei gleich große Haufen, die ein Dreieck bildeten, deren Ecken etwa zwanzig Meter voneinander entfernt waren.

»Wenn es dunkel wird«, sagte James, den die Neugier des Franzosen entschieden amüsierte, »werden wir mit dem Feuer ein Signal geben.«

»Ein Signal für wen?« fragte Robert verwundert. »Ich habe mit den Augen das Meer abgesucht, dort ist nichts, was auch nur im entferntesten einem Schiff ähnlich sieht.«

Plötzlich wurde James von einem heftigen Lachen geschüttelt, in das auch sein Begleiter einfiel.

»Lassen Sie sich von meiner Heiterkeit nicht ärgern«, sagte er zu dem Franzosen. »Ich wollte mir nur eine Überraschung für Sie aufheben, das ist alles. Die Matrosen werden uns sehr gut sehen können.«

»Wenn es so ist, dann muß es sich um ein Geisterschiff handeln«, sagte Robert, nachdem er noch einmal mit den Blicken die weite graue Fläche des Ozeans abgesucht hatte.

»Fast, obwohl es einen soliden Panzer aus Metall besitzt.«

Es hatte keinen Zweck, hinter das Geheimnis kommen zu wollen. Robert half seinen Freunden, die Mahlzeit zuzubereiten, und bald nagten sie alle vier an einem Stück Emu, das der australische Führer im Laufe des Tages erlegt hatte.

Währenddessen verfolgte die Sonne weiter ihre Bahn. Sie senkte sich zum Horizont und schien von ihm aufgesogen zu werden. Schließlich blieb nichts weiter von ihr übrig als der rote Feuerschein, der den Himmel glühen ließ. Doch dann wichen auch diese Farben, wurden rosa, violett, grau. Alle Gegenstände nahmen einen gräulichen, aschefarbenen Ton an, der immer dunkler wurde. Die Nacht breitete ihren Mantel über Land und See.

Da erhob sich James.

»Zündet die Feuer an!« befahl er.

Mora-Mora und das Kind liefen jeder zu einem der Oyats-Haufen, während sich der Bucklige selbst vor dem dritten postierte. Drei Streichholzflämmchen flimmerten als helle Punkte in der Dunkelheit. Es gab ein Knistern, dann schossen drei klare Flammen über den Strand und leckten mit tanzenden Zungen zum Himmel empor. In weniger als fünf Minuten waren die Häufchen verbrannt und ließen nur schwarze Ascheflecke zurück, in denen es rauschte wie in einem Insektenschwarm. Der Junge näherte sich James Pack.

»In zwanzig Minuten werden sie hier sein, nicht wahr?« fragte er.

»Ja, etwa.«

»Es ist Zeit für Mora-Mora.«

»Du hast recht, wie immer.«

Packs Stimme war sanft, fast respektvoll, als er diese Worte aussprach. Robert bemerkte es wohl, aber der Dialog, der sich nun zwischen dem Buckligen und dem Führer entspann, ließ ihn diese Tatsache rasch wieder vergessen.

»Mora-Mora, ich danke dir«, sagte James Pack. »Du bist treu und ergeben. Es fällt mir schwer, mich von dir zu trennen.«

Der Eingeborene verneigte sich.

»Ich liebe die Erde, in der meine Vorfahren ruhen. Mein Leben ist an meine Wälder, an die Wüstenei dieses Eilands gebunden. Wäre dem nicht so, würde ich dir folgen.«

»Wir werden uns wiedersehen, denn ich erwarte noch viel von dir.«

»Sprich. Mora-Mora leiht dir sein Ohr. Er wird gehorchen. Sein Herz sind seine Lippen.«

»Ich weiß. Du wirst also nach Brimstone Mounts gehen, um dem zu sagen, der dort wartet, daß die Stunde bald kommen wird. Lang ist der Weg …«

Mit einem Lächeln unterbrach ihn der Australier: »Jeder Weg ist kurz, wenn man schnell marschiert.«

»Wenn du den Weg hinter dir hast«, fuhr James fort, »dann wirst du am Skaim River an den drei Nadeln auf den warten, der ich sein wird, ohne ich zu sein.«

»Ich werde ihn erwarten.«

»Und du wirst ihn führen?«

»Ich werde ihn führen.«

»Du hast nicht vergessen, wo ich dich später erwarte?«

»Mora-Mora vergißt nie etwas. Gedächtnis ist die erste Tugend der Krieger. Jederzeit muß er wissen, wo seine Freunde wohnen und sich seine Feinde verstecken. Vergeßlichkeit kommt nur Frauen zu.«

Bei diesen Worten hielt der Eingeborene nachdenklich inne; ein Ausdruck von Scham huschte über sein Gesicht. Seine Augen glitten zwischen James und dem Jungen hin und her, dann sagte er zögernd: »Mora-Mora gibt eine Redewendung seines Stammes wieder. Er hat unwahr gesprochen. Es gibt auch Frauen, die niemals vergessen.«

»Reden wir nicht mehr davon«, sagte James schnell. »Nach unserer Abfahrt wartest du auf das Signal.«

»Ja.«

»Und du wirst es wiedererkennen?«

»Es hat sich in meinen Geist eingegraben.«

»Gut. Laß mich dich umarmen, bevor ich an Bord gehe.«

Die beiden Männer umarmten sich, während Robert vor sich hin murmelte: »Wenn ich nur wüßte, wo er an Bord gehen will, zum Teufel!«

Aber kaum hatte er diesen Gedanken in Worte gefaßt, als er zusammenzuckte; an sein Ohr drang weitentfernter Ruderschlag.

»Ich träume«, flüsterte er.

Nein, er träumte nicht. Der Ton war auch von seinen Begleitern wahrgenommen worden, und Pack sagte: »Sie kommen. Auf Wiedersehen, Freund, auf Wiedersehen.«

»Auf Wiedersehen«, antwortete ihr Führer.

In seiner Stimme schwang ein Ton unterdrückter Trauer. Die Trennung fiel ihm offensichtlich nicht leicht, aber mit dem Stolz des Naturmenschen beherrschte er seine Gefühle.