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Einen Augenblick überlegte Niari, dann willigte er ein.

»Es sei. Ich fühle, daß Ihre Worte wahr sind. Wenn sich Robert Lavarède verpflichtet, unsere Männer in den Kampf zu führen, werde ich ihm helfen, den Namen Thanis abzulegen.«

Pritchell wollte etwas sagen, doch dazu hatte er keine Zeit mehr. Leicht wie ein Hauch erklang neben seinem Ohr eine sanfte Stimme.

»Ja«, sagte diese Stimme, »ja, Robert, willige ein. Hilf mir, die Aufgabe zu erfüllen, die mir meine Ahnen hinterlassen haben.«

Lotia war aus ihrer Ohnmacht erwacht. Sie hatte die letzten Worte Niaris mit angehört und bedachte in ihrer Verwirrung nicht, daß das, worum sie ihren Geliebten bat, sie einst entzweit hatte.

Ihre Bitte ließ Robert erbleichen, aber Armand und Joe redeten gleichfalls auf ihn ein.

»Es geht um das Leben Lotias«, sagte Joe.

»Du kannst deinen Vatersnamen wieder annehmen und dich zugleich für die erlittene Unbill an denen rächen, die dich in dieses ägyptische Abenteuer hineinschlittern ließen«, sagte sein Cousin.

Robert dachte nach, dann wandte er sich an Niari.

»Wir werden nach Frankreich zurückkehren. Du wirst erklären, daß ich nicht Thanis bin; deine Erklärung wird notariell beglaubigt, und ich werde wieder ich selbst.«

»Ja.«

»Und ich gebe dir mein Wort, daß ich alles tun werde, was du von mir verlangst, um der ägyptischen Unabhängigkeit zu dienen.«

»Ist das wahr?«

»So wahr ich Robert Lavarède bin.«

»Du wirst Anführer der Erhebung sein?«

»Ich werde der Anführer sein.«

»Du wirst dein Leben unserer Sache weihen.«

»Das werde ich.«

»Und nach dem Sieg wirst du Hadors Tochter gemäß der Sitte deines Landes heiraten?«

»Ja.«

»Wenn du es dir anders überlegen willst, so ist es immer noch an der Zeit, dich von ihr zu trennen«, gab der Ägypter zu bedenken.

»Ich werde ein Feuerwerk an Ideen und Mut aufbringen, um sie im Brautkleid zu erleben. Ich habe geschworen. Ich werde nach Ägypten gehen, ich werde auf meinem Weg alles kurz und klein schlagen, ich werde den Nil umleiten, wenn du es wünschst, aber Lotia soll leben!«

Zwölftes Kapitel

Ganz Sydney sieht endlich die Augen von Triplex

Einen Monat nach diesen Ereignissen war Sydney in Feierstimmung. Eine lärmende, begeisterte und fröhliche Menge füllte die Straßen der Stadt.

Inmitten der lärmenden Menge sah man die Reporter des Instantaneous und der New Sydney Review, denen früher Armand Lavarède schon einmal zu Füßen des Galgens von Sir Toby Allsmine begegnet war. Sie strahlten. Denn als Ausgleich für den bösen Streich, den er ihnen einmal gespielt hatte, als er die fotografischen Platten vernichtete, die sie von Sir Toby aufgenommen hatten, erzählte ihnen der Franzose auf der Überfahrt von der Goldinsel nach Sydney – er und seine Begleiter sowie die fast vollzählig vertretene australische Presse hatten diese Überfahrt auf dem Flaggschiff von Lord Strawberry gemacht – die vollständigen Abenteuer von Korsar Triplex. Das erlaubte den beiden Blättern, diese wunderbare Geschichte achtundvierzig Stunden früher als die anderen Blätter zu veröffentlichen. Man kann sich denken, daß auch die Auflagenhöhe dieser beiden Blätter wunderbar war.

So hatte also die Öffentlichkeit den Sturz Toby Allsmines und die bevorstehende Hochzeit des Korsaren alias Joe Pritchell mit Miß Maudlin Green, der Tochter des von dem Polizeichef ermordeten Lords, erfahren.

Die doppelte Neuigkeit war mittels Telegrafen entlang der gesamten australischen Küste übermittelt worden und hatte für einen »unbeschreiblichen Tumult« gesorgt. Jedermann wollte durch seine Anwesenheit die Hochzeit des illustren Seemannes ehren. Die Eisenbahnergesellschaften hatten Sonderzüge bereitgestellt, die Schiffahrtunternehmen hatten Dampfschiffe gechartert, um unzählige Bewunderer des Korsaren in die Stadt zu bringen, und einige, die weder auf der Bahn noch auf dem Schiff Platz gefunden hatten, waren mit dem Ballon gekommen.

Auf allen Straßen ergoß sich ein ununterbrochener Strom von Fahrrädern, Pferden, Automobilen nach Sydney. Transportunternehmer machten ein Vermögen. Die Einwohnerzahl von Sydney hatte sich verzehnfacht. Man lief Gefahr, erdrückt zu werden. Sowohl auf den Straßen als auch in den Häusern. Die Hotels hatten ihre Preise in die Höhe geschraubt. In einem Einbettzimmer wurden fünf Personen untergebracht, was den Hotelbesitzer nicht daran hinderte, zwei Guineen je Tag von den Gästen zu verlangen. Die Preise für Roastbeef und Brot waren in unermeßliche Höhen geklettert.

Aber dazu muß man sagen, daß diese fabelhaft hohen Preise dem allgemeinen Frohsinn keinen Abbruch taten. Die Australier handeln gern, und sie fanden es ganz natürlich, daß man eine so außergewöhnliche Gelegenheit zum Handeln auch nutzte.

Die Fahrt der Eheleute Pritchell vom Schiff zur Kirche wurde zum Triumphzug. Ihre Fahrzeuge mußten sich durch eine doppelte Hecke von Neugierigen kämpfen, die frenetisch applaudierten. Mit einem Wort, es war ein rauschendes Fest, wie die Zeitungen am nächsten Tag übereinstimmend versicherten.

Am zweiten Tag schien die allgemeine Verrücktheit noch zuzunehmen. Die Schiffe der Pazifikflotte, die an dem Unternehmen teilgenommen hatten, schossen Salut, der von den Küstenbatterien erwidert wurde. Und zu guter Letzt hatte die Menge das Vergnügen, die geheimnisvollen Schiffe des Korsaren im Hafen auftauchen zu sehen.

Endlich sah man Triplex’ Augen!

Währenddessen saß Toby Allsmine besiegt, entehrt, gebrochen in seiner Kabine und dachte nach. Teilnahmslos starrte er vor sich hin; der Applaus der Menge, den ihm der Wind herübertrug, war für ihn eine Drohung.

Zu Boden geworfen zu werden, wenn man die Spitze aller Ehrungen erreicht hat! Gefangener zu sein, wenn man der allmächtige Herr über Millionen von Menschen, die an den Ufern des Pazifiks wohnten, gewesen war … Das war entsetzlich! Aber noch entsetzlicher war, den Triumph seines Feindes mit ansehen zu müssen.

Durch das kleine Bullauge blickte Allsmine zum Hafen hinüber. Die vielen bunten Fähnchen, die man dort an den Signalmasten gehißt hatte, die Detonationen der Kanonen, deren Knall dumpf über das Wasser rollte, die Vivatrufe der Sydneyer trafen ihn mitten ins Herz.

Triplex war alles. Und er war ein Nichts.

Ohnmächtiger Zorn stieg in ihm hoch. Man würde ihn nach England bringen. Wie der schlimmste Verbrecher würde er auf der Armesünderbank sitzen müssen. Der teuflische Korsar hatte seine – Allsmines – Geheimdossiers vernichtet. Wehrlos war er allen Anschuldigen ausgeliefert. Niemand würde jetzt mehr für ihn einen Finger rühren. Aus der Traum, die Mächtigen nach seiner Pfeife tanzen zu lassen! Man würde ihn hängen wie den gewöhnlichsten Spitzbuben.

Ja, sein Gegner hatte recht behalten in der Nacht des Dockerfestes. Wieder hörte er den Korsaren mit schneidender Stimme sagen: »Ich könnte Sie töten, ich ziehe es jedoch vor, Sie lächerlich zu machen, während ich darauf warte, daß die englische Justiz Sie richtet.«

Und wie er Wort gehalten hatte! Er war zum Gespött der Leute geworden. Und nun war alles aus, alles!

Allmählich wurde es stiller an Land. Das große Schweigen der Nacht breitete sich über die Stadt und den schlafenden Hafen. Und auch der Gefangene kam auf andere Gedanken.

Er fühlte ein unstillbares Bedürfnis nach Ruhe. Sein Leben war doch voller Ereignisse gewesen … Mit achtundvierzig Jahren hatte er mehr erlebt als viele seiner Altersgenossen. Er hatte Armut kennengelernt, dann, indem er alle Stufen der Hierarchie durchlaufen hatte, die angenehme Süße der Allmacht. Immer hatte er Hindernisse beiseite geräumt – außer diesem letzten. Na und? Er hatte gespielt, er hatte verloren, er würde bezahlen.