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»Ich werde dich nie verlassen, Eddie. Ich werde immer bei dir sein, für immer und immer und immer. Jetzt sag du es!«

»Ich werde dich jeden Tag meines Lebens lieben, Molly Metcalf, und wenn ich gestorben bin und du nicht dort bei mir im Himmel bist, dann werde ich in die Hölle hinabsteigen und zu dir kommen. Denn der Himmel wäre kein Himmel ohne dich.«

»Du glattzüngiger Teufel, Eddie Drood!«

Etwas später, als ich wieder Luft bekam, zog ich mich an und machte die Tasche auf, die ich aus meiner Londoner Wohnung mitgebracht hatte. Ich machte mich daran, meine wenigen Habseligkeiten im Zimmer zu verteilen. Es dauerte nicht lange. Eine Reihe CDs auf einem Regal, meine Lieblingsbücher aufgereiht auf einem anderen. In alphabetischer Reihenfolge selbstverständlich; in solchen Dingen bin ich sehr genau. Und ein paar Lieblingsklamotten, die den massiven Mahagonikleiderschrank nicht einmal annähernd ausfüllten. Ich schaute Molly an, die gerade vor dem Spiegel ihr zerzaustes Haar attackierte.

»Hast du keine Kleider, die du aufhängen willst? Frauen haben doch immer Kleider. Und Schuhe. Und Sachen.«

Sie zuckte unbeschwert die Schulter. »Wann immer mir langweilig wird, zaubere ich mir einfach eine neue Aufmachung herbei. Ich brauche nur was zu sehen, was mir gefällt, und mit einem Gedanken kann ich ein Duplikat davon herstellen. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie etwas für Kleider ausgegeben, und sie passen immer perfekt. Ich verwende schon seit Jahren immer wieder denselben Stoff.«

Ich hoffe, du nimmst dir die Zeit und wäschst ihn ab und zu, dachte ich, hatte aber genug Verstand, es nicht auszusprechen.

Ich trat zurück und betrachtete meine über den Raum verstreuten Besitztümer. Sie sahen … irgendwie verloren aus. Es waren moderne, vergängliche Sachen in einem Zimmer, das schon hier gewesen war, als ich noch nicht geboren war, und das noch hier sein würde, wenn ich schon tot war. Von den alten Sachen meiner Eltern war nichts mehr da; sie waren wohl schon vor langer Zeit weggeworfen oder neu verteilt worden, als der nächste Bewohner eingezogen war. Die Familie hat Rührseligkeit nie gefördert; wir sollen uns nichts aus Besitztümern machen, denn nur die Familie ist wichtig. Nach vorne blicken, nie zurück. Und nie etwas oder jemanden zu lieb gewinnen, denn das wird der Feind gegen einen verwenden.

Was sie einem nicht sagen, ist, dass der Feind manchmal die Familie mit einschließt.

»Willst du denn gar nichts aus deiner alten Wohnung hierher bringen?«, fragte ich Molly.

Sie schüttelte träge den Kopf. »Ich habe meinen magischen iPod, voll mit meiner Lieblingsmusik. Unendliche Kapazität, keine Batterien, die leer werden können, und ich kann jede Melodie aus jeder beliebigen Zeit reinkriegen. Er kann sogar an Karaokeabenden zweistimmig mit mir singen. Aber das war es auch schon, ehrlich. Ich habe mir nie viel gemacht aus … Sachen. Sachen kann man immer mehr bekommen. Mit meiner Zauberei habe ich Betteln, Borgen und Beklauen zu einer Kunstform erhoben.«

»So«, sagte ich. »Wie findest du das Zuhause der berüchtigten Drood-Familie, jetzt, wo du eine Zeit lang hier gewesen bist? Hält es, was du dir davon versprochen hast?«

»All das und mehr«, antwortete Molly. »Es ist zweifellos … beeindruckend.«

»Es gefällt dir nicht!«, sagte ich und war selbst überrascht, wie enttäuscht ich mich anhörte.

»Sei nicht verärgert, Süßer«, meinte Molly. Sie kam herüber und schlang einen Arm um meine Hüfte. »Es ist einfach nicht mein Ding, das ist alles. Ich komme mir eingesperrt vor, bedrückt. Das ist immer so, wenn ich mich drinnen aufhalte. Ich bin der Geist der wilden Wälder, schon vergessen? Ich brauche Natur, offenes Gelände und Raum zum Atmen! Nicht all dieses tote Holz und den kalten Stein.«

»Aber gegen Hotels hast du nichts einzuwenden.«

»Nur weil ich weiß, dass ich sie jederzeit verlassen kann, wenn mir danach ist. Hier stecke ich fest mit dir. Nicht, dass ich nicht bei dir sein wollte. Das nicht, ganz und gar nicht, aber …«

»Wir haben doch weitläufige Parkanlagen«, sagte ich. »Du könntest den ganzen Tag und die ganze Nacht darin herumspazieren und immer noch nicht alles sehen, was es zu sehen gibt. Und du weißt auch, dass ich dich nicht hier halten wollte, wenn du unglücklich wärst.«

»Natürlich weiß ich das, Eddie!« Sie gab mir einen schnellen Kuss. »Das hat jetzt alles ganz anders geklungen, als ich es meinte. Ich will mit dir zusammen sein, und du musst hier sein. Das weiß ich.«

»Wir werden nicht immer hier sein müssen. Sobald der neue Rat bereit ist, die Leitung der Dinge zu übernehmen, werde ich mich zum Frontagenten degradieren und so schnell hier raus sein, dass jeder, der mir dabei zusieht, sich ein Schleudertrauma zuzieht.«

»Aber wie lang wird das dauern, Eddie?«

»Ich weiß es nicht. Es wird so lange dauern, wie es dauert. Molly …«

»Scht! Ist schon gut. Wir werden uns etwas einfallen lassen.«

»Ja«, sagte ich, »das werden wir.«

Und die ganze Zeit, in der ich sie festhielt, dachte ich: Wenn sie nicht hierbleiben könnte … Wenn sie ginge, würde ich mit ihr gehen? Und aus der Ferne zusehen, wie meine Familie sich zerfleischt? Die Zukunft der gesamten Menschheit aufs Spiel setzen, weil ich meinen Job nicht zu Ende gebracht habe? Würde ich die Welt der Verdammnis überantworten, nur um bei ihr zu sein? Würde ich das tun? Könnte ich das tun?

Am Ende ließ sie als Erste los und ging zum Bett, um in dem Handspiegel, der auf dem Nachttisch lag, den Zustand ihres Make-ups zu überprüfen.

»Also«, sagte sie aufgeräumt. »Was ist das für eine Geschichte mit dem Zeitzug?«

»Ich hatte gehofft, du hättest es vergessen«, stöhnte ich.

»Ist es wirklich eine Zeitmaschine?«

»O ja. Oder besser, so was in der Art. Es begann als das Lieblingsprojekt von jemandem. Früher oder später kriegt jeder Waffenmeister einen Fimmel für irgendwas: irgendeine Lieblingstheorie, eine großartige Idee. Irgendetwas, von dem er überzeugt ist, dass es seinen Namen innerhalb der Familie unsterblich machen wird - wenn er nur seine Matriarchin davon überzeugen kann, es zu finanzieren. Einer war sich sicher, dass er eine Bombe bauen könnte, die so wirkungsvoll wäre, dass man damit die ganze Welt in die Luft jagen könnte.«

»Wie ging es weiter?«, fragte Molly fasziniert.

»Als die Matriarchin ihn nicht dazu bringen konnte einzusehen, was für eine ausgesprochen miese Idee das war, musste sie ihn in den Scheintod versetzen.«

»Warum hat sie ihn nicht einfach getötet?«

»Weil wir vielleicht eines Tages eine Bombe brauchen könnten, die so wirkungsvoll ist, dass sie die ganze Welt zerstören kann.«

Molly schauderte. »Deine Familie kann manchmal richtig gruselig sein, Eddie. Also ist der Zeitzug eine dieser fixen Ideen, richtig?«

»So ziemlich. Ich glaube nicht, dass wir das Ding in den zwei Jahrhunderten seit seiner Konstruktion ein Dutzend Mal benutzt haben.«

»Wieso nicht?«, wollte Molly wissen. »Ich meine, ich kann mir ein Dutzend wirklich guter Verwendungszwecke für eine Zeitmaschine vorstellen, von denen jeder einzelne uns unglaublich reich machen könnte.«

»Ich dachte, du machst dir nichts aus Materiellem?«

»Hier geht es ums Prinzip!«

»So einfach ist es nicht«, erklärte ich. »Die Möglichkeiten für echt fürchterliche Schlamassel, Katastrophen, Desaster und Paradoxien sind so zahlreich, dass keiner darüber nachdenken kann, ohne Albträume zu bekommen. Frag mich erst gar nicht, wie der Zeitzug funktioniert, sonst fange ich an zu wimmern! Zeitreisen in Theorie und Praxis verursachen mir Kopfschmerzen. Tu mir einen Gefallen, Molly, und wechsle nochmal das Thema!«

»In Ordnung. Lass uns über die Personen sprechen, die wir als Tutoren herbringen wollen. Und zieh nicht so ein Gesicht, Eddie Drood! Der Wind könnte wechseln, und dann hast du den Salat! Du weißt, dass wir das bereden müssen.«