»Nur weil meine Auswahl zweckmäßig und vernünftig war und du zwei Monster ausgesucht hast!«
»Sie sind keine Monster! Oder wenigstens nicht die ganze Zeit über. Und überhaupt, Eddie, zweckmäßig und vernünftig? Na ja. Janitscharen Jane hat einen guten Ruf als Kämpferin, besonders wenn sie ein paar Drinks intus hat, aber seien wir doch mal ehrlich: Ihre Blütezeit hat sie lange hinter sich.«
»Sie ist eine langjährige Dämonenbekämpferin!«, hielt ich ihr entgegen. »Hast du eine Ahnung, wie selten das ist? Sie tötet schon länger Dämonen, als die meisten Dämonenbekämpfer überhaupt leben! Es gibt vieles, was sie uns beibringen könnte. Falls wir sie überreden können, hierher zu kommen.«
»Na schön, aber was ist mit dem Blauen Elfen?« Molly zog ein verdrießliches Gesicht. »Er ist schwach, Eddie, und wird es immer sein. Und er stellt ein Risiko dar: Er ist ein Halbelb, und einem Elb kann man nie trauen! Sie haben immer eigene Pläne. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede!«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Bist du gerade dabei, mir von einem weiteren alten Freund zu erzählen?«
»Ein Elb? Bitte!« Molly schauderte theatralisch. »Vorher würde ich sie mir zunähen!«
»Wenn ich dieses unerwartete geistige Bild einmal entschlossen beiseiteschieben dürfte«, sagte ich. »Meine Auswahl ist vertretbar. Deine ist völlig unakzeptabel. Ich meine, komm schon - ein Psychokiller und eine Glücksvampirin?«
»Sie waren mir immer gute Freunde«, erwiderte Molly unbeirrt. »Und sie können deiner Familie von einer Welt erzählen, von der sie nichts weiß. Warst du es nicht, der gesagt hat, dass diese Welt nicht nur aus Guten und Bösen besteht? U-Bahn Ute und Mr. Stich können deiner Familie eine ganz neue Sicht auf die Dinge ermöglichen. Das ist es doch, was du wolltest, oder? Die enge Weltanschauung der Droods weit aufzubrechen und ihnen neue Arten des Denkens beizubringen? So, wie ich es mit dir gemacht habe?«
»Na ja, schon, aber …«
»Kein Aber! Sie werden hervorragende Tutoren abgeben - solange man ein wachsames Auge auf sie hat. Und vielleicht werden sie sogar hervorragende Kämpfer in unserem bevorstehenden Krieg gegen die Dämonen.«
»Wenn Mr. Stich ein Mädchen auch nur auf eine Art ansieht, die mir nicht gefällt, werde ich ihn töten!«, versprach ich.
»Du kannst es versuchen«, meinte Molly. »Und verlass dich drauf, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit werde ich diesen Roger Mist-Morgenstern töten! Ich hätte nie zulassen dürfen, dass er in dein Zuhause kommt. Es ist mir egal, was er sagt oder wer für ihn bürgt; seine oberste Loyalität wird immer der Hölle gelten.«
»Keine Angst«, sagte ich. »Er wird nicht lange hier sein. Die Familie gestattet es nicht, dass Außenstehende ins Herrenhaus ziehen.«
»Ich bin eine Außenstehende«, wandte Molly ein.
»Aber du bist mit mir zusammen. Wir sind ein Paar, bewohnen gemeinsam ein Zimmer. Solche Sachen werden … akzeptiert, wenngleich offiziell missbilligt - vorausgesetzt dein Rang ist hoch genug, um damit davonzukommen.«
»Je mehr ich über deine Familie lerne, desto weniger mag ich sie«, stellte Molly fest.
»Siehst du?«, meinte ich. »Wir haben so viel gemeinsam! Komm, lass uns eine Weile aus dem Haus verschwinden, fort von der verdammten Familie und ihren Anforderungen!«
»In Ordnung«, stimmte Molly zu. »Lass uns die Tutoren für uns gewinnen! Sie werden alle etwas Überzeugungsarbeit brauchen, um hierher zu kommen, und wer kann überzeugender sein als wir?«
»Ganz recht«, sagte ich. »Ich muss nur noch kurz bei Harry vorbeischauen, bevor wir gehen. Ich will unmissverständlich klarstellen, was mit ihm passieren wird, falls er versucht, die Familie gegen mich aufzuhetzen, während ich weg bin.«
»Glaubst du wirklich, ein paar harte Worte werden ihn von irgendetwas abhalten?«, fragte Molly.
»Nein, aber hoffentlich überlegt er es sich dann zweimal, und bis dahin müssten wir wieder zurück sein. Insbesondere werde ich ihn daran erinnern, dass ich ein Torques habe und er nicht.«
Molly betrachtete mich nachdenklich. »Beabsichtigst du, ihm einen der neuen Torques zu geben?«
»Selbstverständlich«, entgegnete ich. »Er ist James' Sohn und selbst ein hervorragender Frontagent; die Familie braucht erfahrene Männer wie ihn. Aber ich denke nicht, dass ich ihm das gerade jetzt sagen werde.«
»Und was, wenn er dich, nachdem er seinen Torques bekommen hat, zu einem Zweikampf um die Führerschaft der Familie herausfordert? Was, wenn er sich nicht einmal die Mühe macht, eine Herausforderung auszusprechen, sondern dich einfach aus dem Hinterhalt überfällt?«
»Oh, dass er das machen wird, glaube ich nicht.«
»Und wieso nicht? Er treibt sich mit einem Höllengezücht herum!«
»Schon, aber er ist ein Drood. Die Familie würde niemals jemanden, der derart verschlagen ist, als Anführer akzeptieren, und das weiß er.«
Molly seufzte. »Du hast ein solches Vertrauen in die Familie, Eddie; selbst nach all den Dingen noch, die sie dir angetan haben.«
»Die Droods sind gute Menschen, im Grunde ihres Herzens. Wir alle werden von Kindesbeinen an darin ausgebildet, den guten Kampf zu kämpfen. Wir sind bloß … vom Weg abgekommen, das ist alles. Und Harry hat wirklich einen ausgezeichneten Ruf; wenn er seine Sache als Anführer besser machen kann als ich, dann soll er ruhig. Ich würde nur zu gern verzichten und meinen alten Job als Frontagent wieder ausüben und niemandem gegenüber verantwortlich sein außer mir selbst.«
»Du meinst, er würde dich gehen lassen?«
Ich grinste. »Das wird er, wenn er weiß, was gut für ihn ist.«
Molly lachte und drückte mich fest an sich. »Das ist mein Eddie! Du könntest der mächtigste Mann auf der Welt sein und die mächtigste Organisation auf der Welt leiten, und du würdest es tatsächlich alles aufgeben, stimmt's?«
»Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit«, sagte ich. »Ich habe den ganzen Kram hier nie gewollt; ich hatte schon immer meine Probleme mit Autoritätspersonen und wollte bestimmt nie eine sein. Alles, was ich will, bist du und ein gemeinsames Leben für uns beide.«
Sie küsste mich und schob mich dann weg. »Geh und rede mit Harry; ich werde derweil einen Spaziergang in den Anlagen machen. Wo sollen wir uns treffen?«
»In der Waffenkammer, in einer Stunde«, sagte ich. »Wenn wir hinter Janitscharen Jane, dem Blauen Elfen, U-Bahn Ute und Mr. Stich her sind, dann möchte ich wirklich gut bewaffnet sein.«
Ich schaute kurz beim Seneschall vorbei, nur um mich zu vergewissern, dass Harry auch dort gelandet war, wo er sein sollte: in Onkel James' altem Zimmer. Der Seneschall weiß immer, wo jeder ist; das ist Teil seiner Arbeit. Er bestätigte, dass der Neuankömmling sich tatsächlich im alten Zimmer des Grauen Fuchses befand. Das schien er angemessen zu finden, aber ich merkte, dass etwas anderes ihn ärgerte.
»Etwas scheint dich zu stören, Seneschall«, sagte ich. »Bist du nicht damit einverstanden, dass Harry endlich heimgekehrt ist?«
»Er scheint ein recht angenehmer Gentleman zu sein«, erwiderte der Seneschall bedächtig. »Aber sein … Begleiter - das ist etwas anderes. Hätte nie gedacht, dass ich den Tag erlebe, wo die Familie zulässt, dass sich ein Höllengezücht unter unserm Dach aufhält!«
»Harry verbürgt sich für ihn«, sagte ich. »Das ist sein gutes Recht. Aber lass dich nicht davon abhalten, ein sehr wachsames Auge auf alles zu haben, was Roger Morgenstern veranstaltet solange er hier ist.«
Der Seneschall nickte. »Als ob ich dich bräuchte, um mir das zu sagen, Junge!«
»Werd' nicht übermütig, Cyril! Was kannst du mir über Harry erzählen?«
»Nichts, was du nicht schon wüsstest.«
»Mein Onkel James hat nie mit dir über ihn gesprochen?«
»Nein. Hat er nie. Der Graue Fuchs hat sich nie über seine Beziehungen außerhalb der Familie unterhalten.«