»Hi«, sagte ich. »Ich bin Shaman Bond, zu Ihren Diensten. Die sehr gefährliche Person neben mir ist Molly Metcalf, die ausgesprochen legendäre wilde Waldhexe. Sie hat Interesse an dem geäußert, was hier beim Orden der Jenseitigen so vor sich geht und ich, weil ich viel zu viel Angst habe, ihr das abzuschlagen, sagte, dass ich sicher sei, Sie lassen sie herein.«
»Weil, wenn Sie das nicht tun, dann werde ich mir verschiedene Namen merken und Arschtritte verteilen«, sagte Molly fröhlich.
Die Empfangsdame kämpfte um ihre Haltung. »Haben Sie einen Termin?«
»Nein«, sagte Molly. »Ich werde viel Spaß haben. Und anfangen werde ich mit Ihnen, wenn Sie nicht voran machen.«
Ich sah, wie die Empfangsdame nach dem Alarmknopf unter dem Tisch angelte und wackelte mit dem Finger vor ihrer Nase herum. »Molly Metcalf? Verwandelt Menschen in Sachen? Hat einen ganz grässlichen Sinn für Humor - klingelt da bei Ihnen was?«
»Gehen Sie einfach den Gang hinunter«, sagte die Empfangsdame. »Ich wollte diesen Job sowieso nie.«
Sie drückte einen anderen Knopf unter ihrem Tisch und eine große Falltür öffnete sich auf der anderen Seite des Raums im Boden, still und wie von selbst. Molly und ich gingen hinüber und sahen hinunter. Eine lange, steinerne Treppe führte hinab tief in die Erde. Da war ein starker Geruch nach Blut und Schwefel und ein entferntes Stimmengemurmel. Ich bestand darauf, zuerst zu gehen, und Molly ließ mich das büßen, indem sie sich die ganze Zeit gegen meinen Rücken drängte. Die Falltür schlug hinter uns mit einem lauten, satten und sehr endgültig klingenden Knall wieder zu. Von den nackten Steinmauern lief Wasser wie Schweiß und die Luft wurde heiß und stickig, als wir weiter hinabgingen. Ich konnte spüren, dass dort unten Präsenzen waren, wie schwere Gewichte, die sich auf die Welt drückten und sie schreien ließen. Wir gingen an einen bösen Ort, wo schlechte Dinge auf uns warteten.
Schließlich bogen die Stufen in einem scharfen Knick zu einer Seite hin ab und führten uns in eine große Höhle aus natürlichem Stein, tief unter der Straße gelegen. Der Steinboden erstreckte sich in alle Richtungen und war über und über mit blauen Kreide-Pentagrammen, Salzkreisen und Reihen von gedrungenen Käfigen aus Stahl, Silber oder Messing übersät. Alles war dazu da, die armen besessenen Kreaturen festzuhalten, die den eigentlichen Zweck des Ordens der Jenseitigen ausmachten. Da gab es Männer und Frauen und selbst Kinder, gefangen wie Tiere. Einige saßen da und erklärten vernünftig, warum sie nicht an einen solchen Ort gehörten. Andere heulten und tobten und warfen sich immer wieder gegen die Gitter, die sie festhielten und schlugen mit bloßen Händen, die keinen Schmerz kannten, gegen die soliden Stäbe. Andere saßen einfach nur herum, starrten trotzig vor sich hin, hasserfüllt, ohne zu blinzeln und warteten darauf, dass jemand einen Fehler machte.
Vor jedem besessenen Gefangenen war ein Mitglied des Ordens platziert, der ihn mit Schmeicheln und Locken dazu brachte, mit ihm zu reden. Normalerweise brauchte es nicht viel dazu. Besessene lieben es zu reden, jemanden zu ärgern und ihm zu drohen und das Publikum mit Lügen, Halbwahrheiten und schrecklichen Tatsachen zu erschrecken.
Keiner, der dem Orden der Jenseitigen angehörte, war daran interessiert, auch nur einem einzigen dieser Leute zu helfen. Sie scherten sich einen Dreck um die Opfer. Sie wollten nur zuhören und alles aufschreiben, was sie hörten. Überall gab es Mikrofone, das ausgeklügeltste Equipment. Eine ganze Bande von Schreibern wartete darauf niederzulegen, was von diesen Stimmen gesagt wurde, das man nicht aufnehmen konnte, weil die Technologie nicht hinnahm, dass es existierte.
Und überall in bequemen Sesseln saßen die geladenen Gäste, die sehr gut dafür zahlenden Kunden des Ordens der Jenseitigen, und hörten konzentriert zu. Dazu gehörte, wer auch immer darauf hoffte, etwas über das Verbotene Wissen oder die Hinweise auf Geheimnisse von Himmel und Hölle zu erfahren. Der Orden der Jenseitigen schickte komplette Transkripte von allem Gehörten an einen großen Verteiler; gegen eine exorbitante Gebühr, versteht sich. Aber es ging nichts darüber, persönlich hier zu sein, um selbst alles zu hören. Und jedem anderen damit voraus zu sein.
Molly und ich standen wachsam am Fuß der Steintreppe und nahmen uns die Zeit, uns an das dämmrige Licht zu gewöhnen, das Auf- und Abschwellen der harten, sich überlappenden Stimmen und den Geruch von Hass und Furcht und den Dingen, die in unserer, wie wir glaubten, geistig gesunden und rationalen Welt nicht erlaubt sein sollten. Nicht alle Stimmen klangen menschlich, auch wenn sie von menschlichen Lippen stammten.
Da ist ein Fluss in der Hölle, der aus den Tränen der Selbstmörder besteht. Tränen sind unter den Verdammten wie Wein.
Habt acht vor den Vielwinkligen, der Hyperbrut! Habt acht vor der Schwarzen Sonne und dem, was darin brütet! Habt acht vor dem endlosen Heulen und den Zähnen, die die menschliche Seele zerfleischen! Selbst der Tod ist kein Ausweg aus dem, was da wartet, in den Welten jenseits aller Welten!
Sie beobachten dich von der anderen Seite deiner Spiegel und geben nur vor, dein Spiegelbild zu sein, denn sie warten darauf, dass ihre Zeit kommt. Und dann, mitten in der Nacht, kommen sie heraus. Während du schläfst, greifen sie nach dir und zwingen dich auf die andere Seite des Spiegels, sodass sie deinen Platz einnehmen können und tun schreckliche Dinge an deiner Stelle. Nur, weil sie so aussehen wie du, sind sie es noch lange nicht.
Blut soll es regnen und Gedärm und das große Tier, dass da heißt Babylon, wird wiederkehren und die Hölle wird mit ihm kommen …
Die Himmlischen werden kommen und ihr Urteil über uns sprechen in ihren Raumschiffen, die über eine Million Meilen lang sind und vor ihnen werden wir wie die Ameisen sein …
Bitte, ich will nicht hier sein, ich sollte nicht hier sein, da ist etwas, das in mir auf- und abläuft und es tut weh, so weh, so weh …
Man kann jeden Tag Sendungen von Himmel und Hölle empfangen, auf ganz bestimmten Frequenzen. Um eine zu hören, wählen Sie einfach nur diese Nummer …
»Okay«, sagte Molly. »Das meiste davon ist Bullshit und ich sollte das wirklich wissen.«
»Ich wünschte, du würdest so etwas nicht sagen«, meinte ich. »Ich finde es wirklich sehr beunruhigend, immer daran erinnert zu werden, dass ich in ein veritables Höllenmädchen verliebt bin.«
Molly zuckte mit den Achseln. »Man ist keine ernstzunehmende Hexe, wenn man sich nicht alle Seiten offenhält. Und ich muss dir sagen, Eddie, welche Seite welche ist, kommt sehr auf den Standpunkt an.« Sie betrachtete die düsteren Gestalten in den verschiedenen Käfigen genauer und zog die Nase hörbar hoch. »Die Leute bezahlen wirklich Geld für diesen Mist? Ich habe fast erwartet, dass einer von denen Erbsensuppe ausspuckt und dabei schreit ›Deine Mutter strickt Socken in der Hölle!‹. Dämonen lügen. Das tun sie nun mal.«
»Außer, wenn eine Wahrheit einen mehr treffen kann«, erinnerte ich sie.
Und dann rief mich ein ekelhaft fetter Mann, über dessen halbem Gesicht sich ein purpurfarbenes Muttermal ausbreitete, beim Namen. Bei meinem richtigen Namen, nicht meiner Cover-Identität. Ich war sicher, es wäre in dem enormen Stimmengewirr fürs Erste untergegangen, aber ich ging schnell zu seinem Käfig mit silbernen Gitterstäben hinüber, bevor er den Namen noch einmal verwenden konnte. Mein Reif würde die Aufnahmebänder daran hindern, etwas aufzunehmen, das Besorgnis erregen könnte, aber ich wollte niemandes Aufmerksamkeit erregen. Ich wollte hier nur Shaman Bond sein. Der Besessene war komplett nackt, seltsame Zeichen aus getrocknetem Blut, Exkrementen und Kotze waren auf seine totenbleiche Haut geschmiert. Er kicherte sanft und tätschelte mit seinen fetten Händen die Gitterstäbe, sodass ich sehen konnte, dass er all seine Finger abgenagt hatte. Seine Augen blinzelten nicht und waren voller Blut, und wenn er sprach, klang seine Stimme wie ein Kind, das mit Rasierklingen gurgelte. So, als würde dein bester Freund sagen, er hätte mit deiner Frau geschlafen oder wie ein Tumor reden würde, wenn er Stimmbänder hätte.