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Er lächelte. »Nennen Sie mich Jack.«

»Ach, Sie!«

Und sie gingen Arm in Arm zusammen davon.

Ich steckte Merlins Spiegel weg und rannte mit Höchstgeschwindigeit zum Haupteingang. Ich wollte nicht, dass Penny mit Mr. Stich alleine war, weit weg von jeder Hilfe. Ich glaubte zwar nicht, dass er eine Drood direkt vor Drood Hall angreifen würde, aber … Ich lief durch die Hallen und Verbindungsräume und alle Familienmitglieder wichen zurück und machten mir großzügig Platz. Einige warfen mir böse Blicke zu, einige murmelten etwas vor sich hin, aber keiner hatte mir etwas zu sagen. Auch gut. Ich hatte ihnen auch nichts zu sagen. Als ich endlich zum Haupteingang kam, wartete Molly dort auf mich, zusammen mit einem Bekannten und einem Fremden. Sie hatte sie beide geradezu gemein an den Ohren gepackt und übte gerade genug Druck aus, um sie beide still zu halten. Sie warfen ihr wütende Grimassen zu.

»Schau mal, wen ich gefunden habe!«, sagte sie fröhlich. »Die haben hier im Park herumgeschnüffelt.«

»Wir haben nicht geschnüffelt!«, protestierte das Gesicht, das mir bekannt vorkam, mit so viel Würde, wie man aufbringen konnte, wenn einem jemand das Ohr in einen fiesen Knoten dreht. »Wir haben uns nur Zeit gelassen, entdeckt zu werden.«

»Hallo, Sebastian«, sagte ich. »Ist schon ein Weilchen her, seit du mich an das Manifeste Schicksal verraten und versucht hast, mich zu töten. Wer ist denn dein sich windender Freund?«

»Halt still!«, sagte Molly bissig. »Oder ich werde euch die Ohren abreißen und euch zwingen, sie zu essen.«

»Alles in Ordnung, Molly«, sagte ich besänftigend. »Du kannst sie jetzt loslassen. Sogar ein so eingefleischter Dieb und Bauernfänger wie Sebastian Drood ist vernünftig genug, keinen Streit im Herrenhaus anzufangen. Stimmt's, Sebastian?«

»Natürlich, natürlich! Lass mich los, Frau, bevor mein Ohr völlig deformiert ist! Ich werde brav sein. Ich versprech's.«

»Verdammt, ja, genau das wirst du sein«, grummelte Molly.

Sie ließ widerwillig los und Sebastian und sein Begleiter richteten sich auf und befingerten zimperlich ihre geröteten Ohren. Sebastians übliches kultiviertes Gehabe war dahin, aber er sah in seinem meisterlich geschnittenen Anzug noch sehr distinguiert aus und war für einen Mann in den Sechzigern sehr gut in Form. Selbst sein dünner werdendes Haar war offensichtlich gefärbt.

»Ich bin nicht nur ein alternder Dieb«, sagte er hoheitsvoll. »Ich bin ein Gentleman-Einbrecher. Ich stehle wunderschöne Objekte von Leuten, die sie nicht zu schätzen wissen und gebe sie weiter an Menschen, die das können. Für eine kleine Provision. Ich stehle nur das Allerbeste, von den Allerbesten. Ich habe meine Prinzipien.«

»Wie seid ihr ungesehen in den Park gekommen?«, fragte ich. »Wir haben die Sicherheitssysteme des Herrenhauses komplett überarbeitet, als ich wiederkam. Der Alarm hätte überall hörbar losgehen müssen, in dem Moment, in dem ihr auch nur daran gedacht habt, hier einzubrechen.«

Sebastian schenkte mir sein bestes hochmütiges Lächeln. »Ich bin ein professioneller Einbrecher, mein Lieber, und ein Experte auf meinem Gebiet. Und ich habe ein paar alte Gefallen eingefordert. Du weißt ja, wie das ist.«

»Nicht im Entferntesten«, sagte ich. »Erleuchte mich.«

»Erzählst du mir vielleicht all deine Geheimnisse? Überflüssig zu sagen, dass es ein einmaliger Deal war und höchstwahrscheinlich nicht wiederholt werden kann. Und wenn du jetzt fragst, warum ich einen so unauffälligen Weg hierher gewählt habe, will ich nur sagen, ich war mir nicht völlig sicher, ob ich willkommen sein würde. Sieh nur deine eigene Vergangenheit. Deine Botschaft an die Vogelfreien besagte, dass alle Sünden vergeben sind, aber ich fürchte, ich bin in der Zeit, in der ich von der Familie getrennt war, schrecklich zynisch geworden.«

»Du hast so viele Sünden, die dir vergeben werden müssten«, sagte ich. »Einschließlich derer, die du gegen Molly und mich verübt hast. Aber Schwamm drüber, Seb, du hast mich ja nur an meine Feinde verraten. Das erwarten wir heutzutage innerhalb der Familie. Aber du schienst doch so gut zurechtzukommen, draußen in der Welt. Warum hast du deine kleine Luxushöhle in Knightsbridge denn aufgegeben? Und wag es nicht, das Wort ›Pflicht‹ zu benutzen; ich kenne dich, Seb.«

»Ich will meinen Torques wiederhaben«, sagte Seb rundheraus. »Ich habe mir in all den Jahren zu viele Feinde gemacht, um ohne einen lang überleben zu können.«

»Ehrlich bist du ja«, meinte ich. »Aber wenn im Herrenhaus auch nur eines unserer kostbaren Erbstücke verschwindet, während du hier bist, dann weiß ich, dass du das warst. Und ich werde Molly dich in irgendetwas viel Schleimigeres verwandeln lassen, als du sowieso schon bist.«

»Etwas ganz besonders Zähflüssiges und Glibbriges, mit Augäpfeln vorne drauf und Tentakeln«, sagte Molly hämisch. »Ich hab's geübt.«

»Und da sagt man immer, man könne nicht heimkommen«, erwiderte Sebastian. »Genau so erinnere ich mich an die Familie: Kalt vorverurteilend und extrem bedrohlich. Sorge dich nicht, Edwin, ich bin nicht hier, um viel Lärm zu machen, ich will nur meine Rüstung. Selbst wenn ich - und ich kann nicht fassen, dass ich das sage - etwas tun muss, um sie zu verdienen.«

»So ist es recht«, lobte ich. »Du wirst dich hier wohlfühlen.«

»Ich habe gehört, du suchst Tutoren«, sagte er. »Ich hätte da so einige Tricks in petto, die ich … nun, sagen wir, geistig offenen jungen Droods beibringen könnte. Dinge und Fähigkeiten, von denen sie wahrscheinlich nicht einmal träumen würden.«

»Ich hoffe, dass du das nicht tust«, sagte ich. »Oder wir müssten sie rauswerfen, so wie dich.«

Sebastian schnüffelte verletzt. »Da ist wirklich nicht für einen Cent Nächstenliebe in dir, Edwin, oder?«

»Kein bisschen«, antwortete ich. »Wurde mir alles chirurgisch entfernt. Also, wer ist dein Freund hier?«

»Oh, ich bin Freddie Drood, Schätzchen«, sagte der junge Mann an Mollys anderer Seite. »Es ist ja so fabelhaft, dass wir uns kennenlernen!«

Freddie war groß und hübsch, mit einer kaffeefarbenen Haut und kurzgeschnittenem, jettschwarzem Haar. Er trug eine Jacke aus Schlangenhaut über einem bis auf den Nabel offenstehenden Seidenhemd und Levi's, die so eng waren, dass ich sicher war, er hatte sie im Wasserbad schrumpfen lassen. Um seine Augen herum trug er Mascara. Er hatte einen buschigen Schnurrbart und ein breites Grinsen, bei dem er blendend weiße Zähne zeigte.

»Freddie«, sagte ich. »Ich kann nicht behaupten, dass ich den Namen kenne.«

»Wie unfreundlich«, sagte Freddie schmollend. »Ich war zu meiner Zeit absolut berüchtigt, mein Liebchen. Aber ich befinde mich finanziell in einer winzig kleinen Notlage, also hab ich mich mit Sebbie hier zusammengetan, sozusagen als Partner. Ich habe ihn in all die In-Partys eingeführt, damit er die Orte ausbaldowern konnte und dann sind wir später wiedergekommen und haben die armen Lieblinge ausgeraubt.«

»Und warum hat die Familie dich rausgeworfen?«, wollte ich wissen.

»Oh, ich war immer besonders. Auffälliger und größer als das Leben selbst, Süßer«, sagte Freddie, warf seinen Kopf zurück und nahm eine dramatische Pose ein. »Ich habe als Frontagent angefangen, aber einmal von den trockenen Familienbanden befreit, bin ich förmlich aufgeblüht! Ich war beinahe ein Star, Schätzchen, und wirklich hinter allem her, was mich in die Nähe der Reichen und Berühmten brachte. Die Familie hat das zuerst unterstützt, weil ich den allerfeinsten Klatsch über unsere vermeintlichen Herren und Meister kannte. Aber ich konnte nicht länger unter dem Radar bleiben, ich wurde langsam bemerkt. Also sagte mir die Familie, ich sollte wieder nach Hause kommen. Ich weigerte mich und sie drehten mir den Geldhahn zu. Diese herzlosen Schweine!

Glücklicherweise lebte ich schon beim ersten einer ganzen Reihe von Sugar Daddys. Und alle waren sie bereit, mir den Lebensstil zu ermöglichen, an den ich mich schon gewöhnt hatte und den ich auf keinen Fall aufgeben wollte. Also hieß es für eine lange Zeit, Party, Party und lass es krachen! Bis ich den Fehler machte zu versuchen, selbst etwas zu meinem Lebensunterhalt beizutragen, mit einer kleinen, diskreten Erpressung. Die erste Person, die ich mir aussuchte, beging Selbstmord, das arme Herzchen. Er hinterließ einen Brief, der alles enthüllte. Danach war ich in den besseren Kreise eine Persona non grata, für eine so lange Zeit! Deshalb bin ich jetzt bei Sebbie. Ich lebe auf sehr großem Fuß, Liebelein: Tanzen und Trinken und Prassen, die ganze Nacht!«