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»Und was machst du dann wieder hier?«, fragte ich, als Freddie endlich einmal Luft holen musste.

»Ich brauche einfach einen Torques, Süßer. Es gibt heutzutage einfach zu viele Krankheiten da draußen. Keine Sorge, ich bin gern bereit, für mein Abendessen zu singen. Ein Mädchen in meiner Lage hört in der Regel ein paar Dinge. Ich bin sicher, ich kann dir alles Mögliche sagen, was du hören willst.«

»Da bin ich sicher«, erwiderte ich. »Okay, ihr beide erschreckt mich über alle Maßen, aber unglücklicherweise seid ihr jetzt in diesem Moment gerade das, was die Familie braucht. Herein mit euch, meldet euch beim Seneschall und findet einen Weg, euch nützlich zu machen. Seb, ich denke, wir können dich mit einer Reihe Seminaren und Vorlesungen beschäftigen. Wie man einen Torques für Illegales benutzen kann, um etwas aufzubrechen oder wie man in etwas hereinkommt und so etwas in der Art. Freddie, versuch dich zu beschäftigen und keinen Arger zu machen.«

»Süßer, so beschäftigt wie ich sein werde, war ich in meinem Leben noch nicht«, erwiderte Freddie.

Mit einem Winken und einem Augenzwinkern tänzelte er ins Herrenhaus, gefolgt von Sebastian mit Leichenbittermiene.

»War das schlau?«, fragte Molly. »Man könnte einen Zehner wetten, dass die nur gekommen sind, um das Herrenhaus auszuräumen.«

»Vielleicht«, sagte ich. »Hoffentlich wirft der Seneschall ein wachsames Auge auf sie. Entweder das, oder er bringt sie um. Und wir brauchen die Vogelfreien hier im Haus. Wir brauchen ihre unterschiedlichen Blickwinkel, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten.«

»Selbst wenn das heißt, solchen Abschaum wie Sebastian wieder willkommen zu heißen?«

»Jeder verdient eine Chance«, sagte ich. »Ich muss daran glauben, dass jeder erlöst werden kann.«

In diesem Moment kam Freddie wieder, ohne Sebastian. »Ich hatte eine Idee«, sagte er strahlend. »Wenn ich das richtig verstehe, dann hat die Familie doch alle Vogelfreien wieder zurückgerufen, aber kaum jemand nimmt das Angebot an, oder? Dachte ich mir, ihr Süßen. Eigentlich verständlich, so leid mir's tut. Nicht jeder traut einem neuen Regime zu, so komplett anders zu sein als das alte. Aber ich bin bekannt dafür, dass ich zu meiner Zeit alle möglichen Vogelfreien getroffen habe, an allen möglichen interessanten Orten. Einige sind lange vergessen, ein paar tot geglaubt, jedenfalls von der Familie. Wie wäre es wenn ich rausgehe in die Welt, diese flüchtigen Kerlchen einfange und meinen geballten Charme einsetze, um sie wieder zur Heimkehr zu bewegen? Für ein großzügiges Kopfgeld pro Nase, versteht sich.«

»Oh, natürlich«, sagte ich. »Klingt gut für mich. Mach deine Sache gut und ich garantiere dir einen neuen Torques. Hat ja nicht lange gedauert, bis du die alte Heimstatt wieder leid warst, oder?«

»Süßer, ich habe ganz vergessen, wie bedrückend dieses alte Gemäuer ist«, sagte Freddie. »Ich könnte hier nie leben. Ich würde vertrocknen, ihr Schätzchen, absolut vertrocknen! Ich muss meine Freiheit haben!«

»Und du hast sie«, sagte ich. »Hau schon ab.«

»Und das Kopfgeld?«

»Kommt drauf an, was du lieferst. Du findest deinen Weg raus, oder?«

»Das tu ich immer, Herzchen.«

Er tänzelte den langen Kiesweg hinunter und schwang dabei die Hüften noch ein wenig mehr, weil er wusste, wir sahen zu. Irgendwie wusste ich einfach, dass Freddie immer dann am glücklichsten war, wenn er Publikum hatte.

»Deine Familie hört nicht auf, mich zu überraschen«, sagte Molly.

»Mich überrascht sie auch manchmal«, erwiderte ich. »Mein eigener Innerer Zirkel hat sich gegen mich gewendet, weil du nicht da warst.«

»Eddie, das ist nicht fair«, sagte Molly. »Wenn du sie nicht kontrollieren kannst, dann kannst du das sicher nicht von mir erwarten.«

»Ich will sie nicht kontrollieren«, sagte ich. »Nicht auf diese Weise. Ich will, dass diese dummen Idioten begreifen, dass ich recht habe. Sie müssen daran glauben, dass ich das Richtige tue. Oder alles, was ich getan habe, um die Seele der Familie zu retten, war umsonst.«

»Dafür brauchst du mich nicht«, sagte Molly.

»Doch, das tue ich. Ich brauche dich einfach, Molly. Ich bin stärker, selbstsicherer, wenn du bei mir bist.«

Molly lächelte und kam mir ganz nah. Sie legte die Hände auf meine Brust. »Das ist sehr süß, Eddie. Aber ich kann nicht immer bei dir sein. Das kann ich einfach nicht. Nicht hier. Ich hab dir gesagt, dass ich nie hierher passen werde. Ich gehöre in die Wildnis. Ich fange an zu glauben, dass ich einen Fehler gemacht habe, indem ich mit dir hierher kam. Ich liebe dich, Eddie, du weißt, dass ich das tue. Du bedeutest mir mehr als jeder andere vor dir. Ich will dich, Eddie, aber all das hier will ich nicht.«

Sie sah mich einen langen Moment an, ihre dunklen Augen glichen tiefen und unauslotbaren Abgründen. »Du fängst einen Krieg an, Eddie. Einen Krieg, von dem ich nicht weiß, ob du ihn gewinnen kannst. Die Abscheulichen waren schlimm genug, aber dieses Ding, das sie beschworen haben? Überdimensional schlimm. Ich war einverstanden, gegen Dämonen zu kämpfen, nicht gegen Götter. Du musst mit etwas Kleinerem anfangen, etwas Überschaubarerem. Sowas wie das Manifeste Schicksal. Truman ist immer noch da draußen und stellt seine widerliche kleine Organisation wieder auf die Beine. Und diesmal wird er keine Null-Toleranzler auf seiner Seite haben, die ihn zügeln und ihn zurückhalten. Fang bei ihm an, Eddie. Mit einem Kampf, den du gewinnen kannst.«

»Ich werd's mir überlegen«, sagte ich. »Und jetzt komm bitte wieder mit rein. Wenigstens für eine Weile. Ich bin müde, ich muss mal loslassen. Ein bisschen schlafen, die Welt und ihre Probleme für eine Weile vergessen. Morgen ist ein harter Tag.«

»Aber natürlich, Süßer. Komm und leg dich mit mir hin und ich werde deine Sorgen für eine Weile verschwinden lassen. Und du kannst mir helfen, meine zu vergessen. Aber was ist denn an morgen so Besonderes? Was passiert morgen?«

»Die Beerdigungen«, sagte ich.

Der nächste Morgen kam viel zu schnell, und das beharrliche Scheppern eines nervigen Weckers stellte sicher, dass Molly und ich frisch, fröhlich und früh genug den neuen Tag begrüßten. Und natürlich all die Probleme und Kalamitäten, die er versprach. Molly und ich gingen hinunter, um in einem der großen Speisesäle zu frühstücken. Lange Reihen von mit weißem Tuch gedeckten Tischen standen dort, ein langer Tresen, auf dem alle Arten von Frühstück standen, die man sich nur vorstellen kann, und es gab lange Fenster, die einen Blick über die Rasenflächen gestatteten. Es gab geschmorte Nierchen, gebratenen Reis mit Fisch und Eiern, selbst Porridge, auch wenn man mich wohl nie dazu bringen würde, dieses Zeug zu essen, egal, wie viel Salz man darüber streute.

Ich bin nicht gerade ein Frühaufsteher, das war ich nie. Und ich bin auch nicht sehr scharf auf Frühstück, aber an diesem Tag aller Tage musste ich gesehen werden, damit mich niemand beschuldigen konnte, die Beerdigungen zu versäumen. Meine Abwesenheit hätte als ein Schuldeingeständnis verstanden werden können. Also hielt ich mich an einer Tasse starken schwarzen Kaffees fest, während Molly sich den Bauch mit einem kompletten Teller Gebratenem, mit Leber und Pilzen und mehr Rührei, als ihren Arterien gut tun konnte, vollschlug. Ich hatte noch nie bemerkt, wie laut sie aß, aber vielleicht lag das auch nur an der Uhrzeit. Jedes Geräusch klingt am frühen Morgen noch lauter und eindringlicher. Es waren auch eine Menge Leute um uns herum, die frühstückten und angeregt miteinander sprachen Keiner von ihnen hatte mir oder Molly etwas zu sagen.