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»Das ist wirklich ein riesiger Bastard«, sagte Tony. »Glaubt ihr, dass er versuchen könnte, Ivor zu schaden?«

»Vielleicht hat er noch nie Dosenfutter gesehen«, meinte Molly.

»Er ist größer als wir und er hat wirklich fiese Zähne und Klauen«, sagte ich. »Ich würde drauf wetten, dass er kein Vegetarier ist.«

»Ist Ivor bewaffnet?«, fragte Molly. »Hast du irgendwelche Waffen an Bord?«

»Es gibt ein paar Verteidigungssysteme«, meinte Tony und sah mich an. »Unglücklicherweise sind die alle in den Waggons.«

»Ich wusste irgendwie, dass alles meine Schuld ist«, erwiderte ich.

Der Drachen schwang sich herum und kam direkt auf uns zugeflogen; die riesigen Kiefer öffneten sich weiter und weiter, als plane er, Ivor im Ganzen zu verschlucken. Vielleicht brüllte oder heulte er, aber ich hörte nichts. Die absolute Stille ließ die Situation nur noch albtraumhafter erscheinen. Ich zog meinen Revolver und feuerte die Waffe wieder und wieder auf den massigen Kopf ab. Jeder Schuss traf, aber die Kugeln waren einfach zu klein, um der monströsen Kreatur wirklich zu schaden. Tony riss mit beiden Händen einen langen Stahlhebel komplett herum und Ivor tat mit neuer Kraft einen Satz nach vorn. Der Drache schoss an uns vorbei, beinahe unmöglich groß, und eine gelbe Pfote kratzte über Ivors schwarze Stahlflanke. Riesige Schauer von schweigenden Funken flogen in die Finsternis, als diamantenscharfe Klauen lange Furchen in Ivors Seite rissen.

Der stieß einen langen Dampfstrahl aus wie einen Schrei.

Das Führerhaus ruckte von einer Seite zur anderen und Molly und ich mussten uns an den Seiten der Kabine festhalten, um nicht herausgeschleudert zu werden. Tony schrie lauthals einige Obszönitäten und riss wütend an seinen Hebeln herum. Molly schrie mich an. »Lenk das verdammte Ding ab, während ich mir einen Zauber überlege!«

»Ihn ablenken? Was willst du, das ich tue? Meine Hosen runterlassen und ihm meinen Hintern präsentieren?«

»Mach einfach was!«

Ich schnappte mir die Seite des Führerhauses mit beiden Händen und lehnte mich zwecks besserer Sicht nach draußen. Der riesige gelbe Drache wandte sich schon wieder um und flog einen neuen Angriff. Ich zog wieder den Revolver, zielte sorgfältig und schoss die glühenden Augen des Drachen heraus, eines nach dem anderen. Die schrecklichen Kiefer der Kreatur öffneten sich in einem Aufheulen von Wut und Schmerz noch weiter, das ich wenn schon nicht hören, so dennoch spüren konnte. Es fühlte sich wie Fingernägel auf der Tafel meiner Seele an. Der Drache schüttelte seinen Kopf hin und her, als wolle er versuchen, den plötzlichen Schmerz und die Blindheit loswerden, aber er kam immer noch auf uns zu, direkt in unsere Richtung. Er wurde einfach immer größer und größer und versperrte uns die Vordersicht, bis seine gelbe Gestalt die Sicht komplett ausfüllte.

Und dann lehnte sich Molly aus ihrer Seite des Führerhauses hinaus, stieß mit einem einzelnen Finger in Richtung des Drachen und sprach einige unerfreuliche Worte der Macht. Der schreckliche Laut der Worte schien sich in der Stille endlos fortzupflanzen und der Drache schien auf einmal gar nicht mehr so groß und beeindruckend. Zappelnd und bebend schrumpfte er schnell, wurde kleiner und kleiner, und als er wieder dicht bei Ivor war, war er nur noch so groß wie ein Insekt. Es flatterte um unsere Köpfe, summte wütend und Molly langte nach vorn und zerquetschte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger.

Und das war's.

Molly wischte sich die Hand an der Hüfte ab und lächelte mich süß an. »Du hättest dich daran erinnern können«, sagte sie. »Im Raum ist alle Größe relativ.«

»Manchmal machst du mir Angst«, erwiderte ich.

Wir fuhren weiter durch einen Raum, der keiner war, und sahen viele seltsame und wundersame Dinge. Planeten kamen und gingen an uns vorbei. Ein Planet öffnete sich wie ein Auge und starrte uns kalt an, als wir vorbeiflogen, ein anderer hatte ein Dutzend Ringe, die sich wie verrückt um ihn herum drehten, alle mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und in unterschiedliche Richtungen. Er sah aus wie ein großes Spielzeug-Uhrwerk, das man zu Beginn des Universums in Gang gesetzt hatte und das nun langsam ablief. Ein anderer Planet öffnete sich auf einmal wie eine Blume und Hunderte von langen Tentakeln sprossen heraus. Sie hangelten und griffen nach Ivor, um den Zug zu sich heranzuziehen. Tony schickte Ivor weiter auf seinem Kurs hierhin und dorthin. Mit bedachtem Verwenden der Hebel wich er geschickt jedem Tentakel aus, der uns erreichen und sich um uns wickeln wollte. Ein paar schlugen harmlos an Ivors Flanken und Ivor schien bei der Berührung zu zittern. Aber wir ließen den Planeten bald hinter uns und er schloss sich wieder; schmollend zog er die Tentakel wieder zurück.

Ein anderer Planet verschwand einfach komplett, als wir herankamen und erschien erst erneut, nachdem wir uns wieder in sicherer Entfernung befanden.

Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange die Reise dauerte. Es gab genügend Sichtungen und Ereignisse, die das Vergehen der Zeit markierten, aber wir hatten keinen wirklichen Sinn für die Dauer. Es hätten Minuten oder Tage oder Wochen sein können. Ich fühlte mich nie müde oder hungrig oder gelangweilt. Aber endlich begannen die Sterne vor uns zu tanzen und zu wirbeln, flogen in komplizierten Mustern um uns herum und verbanden sich schließlich zu einem enormen Regenbogen unter uns, der aus so leuchtenden und lebendigen Farben bestand, dass sie das Auge blendeten. Es gab Schattierungen und Farbtöne, die in der täglichen und öden Welt keine Entsprechung hatten. Es war das Schönste, was ich je gesehen hatte. Molly und ich klammerten uns aneinander, damit wir angesichts etwas so unmenschlich Schönem einen Halt hatten. Tony hielt sich an Ivor fest.

»Was ist das?«, sagte Molly endlich atemlos.

»Das ist der Sternenbogen«, sagte Tony, seine Stimme schwach und voller Ehrfurcht. »Ich habe davon in Großvaters Tagebuch gelesen, aber ich hätte mir nie vorgestellt …«

»Ich habe davon gehört«, sagte ich. »Aber ich hätte nie erwartet, ihn zu sehen. Es wird erzählt, dass man ihm bis zum Ende des Universums folgen kann und dort vielleicht seinen Herzenswunsch erfüllt bekommt.«

»Oh Eddie«, sagte Molly. »Könnten wir nicht …«

»Ja«, sagte ich. »Könnten wir. Aber wir müssen woanders hin. Wir haben Pflichten. Und Verantwortung.«

»Ja«, sagte Molly und ließ den Sternenbogen nicht aus den Augen. »Wenn wir nur könnten …«

»Wenn wir nur könnten«, erwiderte ich. »Das sind immer die schlimmsten Worte. Tony, bring uns hier heraus.«

Er beschleunigte und langsam ließen wir den Sternenbogen hinter uns. Manchmal denke ich, dass das Traurigste war, was ich je hatte tun müssen.

Endlich erschien wieder Merlins Spiegel vor uns und wir röhrten hindurch. Mit einem Mal waren wir wieder in der Realität angelangt, die wir kannten und zurück in der Zukunft, die ich schon gesehen hatte. Der Zeitzug schien für einen Moment wie ein Stein zu fallen, dann erschien eine große eisige Ebene unter uns und plötzlich fraß sich Ivor durch dicken Schnee. Molly, Tony und ich wurden hin und her geworfen, als Ivors Geschwindigkeit mit fiesen Schocks und Sprüngen langsamer wurde. Tony rang mit beiden Händen die Kontrollen nieder, er schrie und fluchte und endlich kam der Zeitzug zum Stillstand.

Es war plötzlich sehr kalt, unser Atem dampfte dick in der Luft. Mein nacktes Gesicht und die Hände brannten in der plötzlichen Kälte, und ich lugte aus dem Führerhaus hinaus, um mich zu orientieren. Diesmal waren wir wirklich auf der fremdartigen Welt mit dem rosafarbenen Himmel und den drei grell scheinenden Sonnen. Die Schneewüste erstreckte sich so weit das Auge reichte. Dünne Nebelschwaden wurden von der eisigen Luft hin und her geweht.