»Richtig«, grollte Jacob der Geist. »Die Dinge haben sich in deiner Abwesenheit sehr verschlechtert, mein Junge.«
»Wo zur Hölle bist du all die Zeit gewesen?«, fragte der lebende Jacob.
»Wie lange waren wir denn weg?«
»Achtzehn Monate«, sagte der Geist.
»Was?« Ich wirbelte herum und starrte Tony böse an. »Du hast geschworen, dass du uns nur ein paar Sekunden, nachdem wir gefahren sind, wieder zurückbringen würdest!«
»Das ist nicht Ivors Schuld!«, schrie Tony zurück. »Er wurde von diesem Energiestrahl verletzt! Es ist ein Wunder, dass er uns überhaupt heil wieder zurückgebracht hat!«
»Wir reden später«, sagte ich. Ich drehte mich widerwillig zu den beiden Jacobs um. »Achtzehn Monate? Wirklich? Heulender Jesus … Okay, dann klärt mich mal auf, was alles passiert ist. Nein, einen Moment, wie kann ich euch nennen? Ihr könnt nicht beide Jacob bleiben.«
»Das haben wir schon vor Ewigkeiten geklärt«, sagte der Geist. »Ich bin Jacob und das ist Jay. Und seit du weg bist, ist alles den Bach runtergegangen. Die Abscheulichen haben sich mit Trumans neuem und wiedererstandenem Manifestem Schicksal zusammengetan, um Nester und Türme auf der ganzen Welt zu bauen. Es gibt jetzt Tausende. Die Familie hat unter Harrys Herrschaft ernsthaft versucht, sie auszurotten, aber für jeden Einzelnen, den wir vernichten, sprießen ein Dutzend andere in die Höhe. Die Abscheulichen werden wohl bald damit beginnen, ihre Massenbeschwörung abzuhalten, um die Hungrigen Götter in unsere Realität zu bringen.«
»Und dann sind wir am Arsch«, sagte Jay.
»Moment mal, Moment«, sagte ich. »Was soll das heißen, unter Harrys Führung?«
»Als du weg warst, hat er die Kontrolle über die Familie übernommen«, sagte Jay. »Mit Unterstützung der Matriarchin. Sie haben den Inneren Zirkel entlassen und Harry hat seitdem ziemlich allein entschieden. Er und sein Freund, dieses Höllengezücht.«
»Und die Familie verliert den Krieg«, sagte Jacob grimmig. »Sag mir wenigstens, dass du ein paar wirklich wirkungsvolle Waffen aus der Zukunft mitgebracht hast.«
»Ich hab eine Strahlenwaffe«, sagte ich ein bisschen defensiv. »Der Waffenmeister sollte in der Lage sein, irgendetwas Sinnvolles daraus zu entwickeln. Und ich habe diesen Gentleman hier als Tutoren mitgebracht: Der Krieger Giles Todesjäger. Er weiß eine Menge darüber, wie man Krieg führt.«
»Ich habe noch keinen verloren«, sagte Giles heiter. Er nickte hinüber zu Jacob. »Ein ziemlich gutes Hologramm. Auch wenn du deinen Fokus sicher neu justieren müsstest.«
»Sag es ihm nicht. Wir sollten ihn den merkwürdigeren Mitgliedern unserer Familie nach und nach und ganz vorsichtig vorstellen. Also, wie schlimm steht es?«
»Wirklich schlimm«, sagte Jay. »Die Familie ist über die ganze Welt verteilt und zerstört Nester, sobald wir sie geortet haben, aber es gibt einfach zu viele. Selbst mit unserer neuen Rüstung ist das eine hoffnungslose Aufgabe. Wir haben einfach keine Ahnung, wie viele Eklige es gibt und wie viele Nester im Untergrund. Sie müssen das über Jahrzehnte geplant haben.«
»Wie lange, bis sie ihre Beschwörungen beginnen?«
»Drei, vier Tage höchstens«, sagte Jacob. »Ihr seid gerade rechtzeitig zum Ende zurückgekommen.«
»Na ja, könnten wir nicht den Zeitzug nehmen, und in der Zeit nochmal achtzehn Monate zurückgehen?«, meinte Molly. »Um das alles ungeschehen zu machen?«
»Ivor geht nirgendwohin«, sagte Tony rundheraus. »Ich habe Monate an Arbeit vor mir, bevor er wieder losfahren kann.«
»Na gut«, sagte ich. »Ich habe also nur noch ein paar Tage Zeit, die bösen Jungs daran zu hindern, die Welt zu zerstören und die Familie vor sich selbst zu beschützen. Wenn ich das nicht schon mal gemacht hätte, würde ich mir jetzt echt Sorgen machen.«
Kapitel Zwölf
Ein Zirkel voller Geheimnisse
»Tut mir leid, Giles«, sagte ich. »Aber es sieht so aus, als würdest du ins kalte Wasser geworfen. Ich habe keine Zeit, dich ordentlich einzuweisen und dir eine Tour durchs Herrenhaus zu geben. Also tu einfach dein Bestes, dir alles anzusehen, während wir loslegen.«
Er lächelte kalt, eine große, dunkle Gestalt, die in ihrer futuristischen Rüstung eine gefährliche Ausstrahlung hatte. »Ich habe in meiner Zeit genug außerirdische Welten und Kulturen kennengelernt, ich denke, ich kann mit allem fertig werden, das ihr hier habt. Trinken die Leute Wein, haben sie Sex? Und gibt es Prahler, Schurken und Leute, die getötet werden müssen? Dann denke ich, passe ich prima hierhin.«
»Der Mann hat's drauf«, sagte Molly.
»Naja, ich liebe euch, aber ich muss gleich wieder gehen«, sagte Jay munter. »Es gibt Arbeit, die ich erledigen muss, zusammen mit Rafe und William in der alten Bibliothek. Wenn es um die Abscheulichen geht, ist Wissen Munition und wir sind bedauernswert schlecht dran mit beidem.«
Er verneigte sich knapp vor Giles und verließ beinahe fluchtartig den Hangar.
»Und du hast auch Arbeit vor dir«, sagte Jacob der Geist und warf mir einen ominösen düsteren Blick zu. »Harry, dieser schlechte Abklatsch eines Menschen, und der nutzlose Haufen von Kröten und Jasagern, die er gegen deinen Inneren Zirkel ausgetauscht hat, entscheiden gerade wichtige Dinge im Sanktum und machen ein richtiges Schlamassel daraus. Du musst dabei sein, Junge, bevor Harry diese Familie noch weiter reinreitet.«
»Du scheinst dich wieder gefangen zu haben«, sagte ich. »Irgendwie konzentrierter. Sowohl im Körper als auch im Geist.«
Das Gespenst zuckte schnell mit den Achseln und blaue Bläschen von Ektoplasma schwebten von seinen Schultern in die Höhe. »Mein lebendes Gegenstück um mich zu haben, hat mir sicher geholfen, mich daran zu erinnern, was ich war. Es geht doch nichts über eine massive Notlage und den beinahe sicheren Untergang der ganzen verdammten Welt, um sich klasse zu konzentrieren. Auf der anderen Seite - meine Erinnerungen an diese gemeinsame Zeit sind immer noch beinahe nichtexistent. Ich denke, ich habe mir das freiwillig angetan. Vielleicht, damit ich meinem lebenden Selbst nicht sagen muss, wie es stirbt.«
»Glaubst du immer noch, dass es hier in dieser Zeit, sterben muss, um uns zu helfen?«
»Oh ja. Ein glorreicher Tod … aber immer noch kein Frieden für die Hinterhältigen. Er wird sterben und zu mir werden, und ich - ich werde Jahrhunderte lang auf diesen Ort und diesen Zeitpunkt warten. Und alles, was ich sagen kann, ist, dass es besser einen verdammt guten Grund dafür geben sollte.«
»Du weißt also immer noch nicht, warum du hier bist?«, fragte Molly.
Jacob schenkte ihr sein typisch fieses Lächeln. »Zur Hölle, nein. Wer weiß das schon?«
»Du bist kein Hologramm, nicht wahr?«, fragte Giles.
»Dazu würde ich mich nie herablassen«, antwortete Jacob. »Ich bin zu hundert Prozent aus Ektoplasma und stolz darauf. Ich kann an guten Tagen durch Wände gehen, auch wenn ich das meist nicht tue, weil es so unangenehm ist. Was ist los, Krieger, gibt's keine Geister in der Zukunft?«
»Nein«, sagte Giles. »Wir sind zivilisiert.«
»Lasst uns mal ins Sanktum gehen«, unterbrach ich. »Und wenn es nur aus dem Grund ist, dass mir dieses Gespräch Kopfschmerzen bereitet. Molly, Giles, bleibt dicht bei mir und bringt keinen um, bis ihr glaubt, es ist unbedingt nötig. Jacob, kommst du?«
»Das würde ich nicht mal für's Jenseits verpassen wollen«, sagte der alte Geist und grinste unangenehm.
Ich benutzte Merlins Spiegel, um uns in den Korridor direkt vor dem Sanktum zu transportieren. Es schien, dass nicht einmal ein Spiegel, der von Merlin erschaffen worden war, durch Seltsams andersdimensionale Barrieren kam. Also traten wir durch den vergrößerten Spiegel in den Korridor und fanden uns auf der Stelle einem Dutzend Männern gegenüber, die die Türen bewachten. Es waren alles große, muskulöse Typen, die genauso gut auch das tätowierte Wort Vorstadtschläger auf ihren niedrigen Stirnen hätten tragen können. Ein paar davon gibt es immer, in jeder Familie. Ich gebe schlechter Hygieneerziehung die Schuld daran. Die Wachen traten uns schnell in den Weg und hatten ihre bedrohlichsten Mienen aufgesetzt. Einer ließ uns gegenüber sogar seine Muskeln spielen.