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»Ich kriege wieder eine Meldung von Callan«, unterbrach uns Seltsam. »Ich glaube wirklich, das musst du hören, Eddie.«

»Okay, stell ihn durch«, antwortete ich. »Callan, hoffentlich hast du was Gutes für uns.«

»Das kommt drauf an, was du gut nennst«, sagte Callan. »Truman hat herausgefunden, dass wir hier sind. Und anstatt uns sofort umzubringen, will er, dass ich dir eine Nachricht überbringe. Er ist bereit, die Seele Albions zu zerstören, es sei denn, die Drood-Familie begibt sich unter sein Kommando. Besonders will er Zugang und Kontrolle zu den verbotenen Waffen, die unter den Armageddon-Kodex fallen. Scheinbar glaubt er, er kann sie benutzen, um die Eindringlinge aus unserer Realität fernzuhalten, nachdem er sie dazu benutzt hat, die Welt zu erobern. Der Idiot! Ich hätte jetzt wirklich gern die Erlaubnis, mich zurückzuziehen, bitte. Ich mag das Gefühl nicht, dass er genau weiß, wo wir sind. Ich kann förmlich spüren, wie sich die Geier versammeln.«

»Du bleibst, wo du bist«, sagte ich. »Sprich mit Truman, versprich ihm alles, halt ihn hin. Solange er glaubt, dass es immer noch eine Chance gibt, wird er nichts unternehmen. Ich werde mich wieder bei dir melden, sobald wir eine Entscheidung getroffen haben. Seltsam, Verbindung kappen.«

»Er spricht immer noch mit dem Lageraum«, sagte Seltsam. »Auch wenn ›brüllen‹ der zutreffendere Ausdruck wäre. Du liebe Zeit, was für eine Sprache …«

»Alles der Reihe nach«, sagte ich. »Wir müssen rausfinden, wer die Verräter in der Familie sind.«

»Wir haben keine Zeit für eine Hexenjagd«, meinte Harry. »Nicht, wenn es so viele wichtige Entscheidungen zu treffen gilt.«

»Klar, dass du sagen würdest, Harry«, sagte ich. »Ich denke, ich fange damit an, einen netten kleinen Schwatz mit der Matriarchin zu halten. Ich denke, sie wird mit mir reden, wenn ich ihr erst von Sebastian erzähle.«

»Du kannst nicht zu ihr«, sagte Harry. »Sie ist krank. Sie empfängt niemanden.«

»Sie wird mich empfangen«, antwortete ich. »Seltsam, zeig mir, was die Familie während meiner unbeabsichtigten Abwesenheit unternommen hat, um gegen die Abscheulichen vorzugehen. Fürs Erste nur die Höhepunkte. Den Rest nehme ich später nebenher mit. Zeig mir nur, was ich wissen muss.«

Visionen erschienen in Seltsams karmesinrotem Leuchten. Wechselnde Szenen von golden gerüsteten Familienmitgliedern in Schlachten mit Drohnen der Abscheulichen in den albtraumartigen Straßen der Ghoulstädte. Ich sah Dutzende von gerüsteten Gestalten gegen Hunderte von Drohnen vorgehen und jeden töten, der nicht zur Familie gehörte. Die Drohnen waren oft schrecklich missgestaltet, Monster, die nur entfernte Ähnlichkeit mit den Menschen hatten, die sie einmal gewesen waren. Die Droods schlugen sie mit goldenen Fäusten nieder und rissen die Drohnen Glied für Glied auseinander. Ein schneller Tod war die einzige Gnade, die sie zu geben hatten. Sie stürmten durch die engen Straßen, ihre goldene Rüstung schimmerte hell in dem grellen, schmerzhaften Licht der Ghoulstädte. Sie zerstörten Gebäude, rissen sie nieder und schleiften sie mit brutaler Gewalt, um sicherzugehen, dass sie nichts, was sich noch darin verstecken mochte, übersahen. Zuletzt steckten sie die Ruinen in Brand.

Ganze Städte gingen in Flammen auf. Es wird ja erzählt, dass Feuer reinigt.

Manchmal waren die Drohnen bereits tot und verfielen, und wurden nur von den unnatürlichen Energien in ihrem Innern aufrechterhalten. Manchmal sahen sie auch aus wie du und ich. Sie kamen auf die Straßen, bettelten und weinten und wiesen laut auf ihre Unschuld hin. Aber sie waren schon so verändert, dass sie vergessen hatten, wie normale Menschen zu klingen und sich so zu benehmen. Besonders die Kinder. Die gerüsteten Droods töteten sie alle. Sie mussten Abscheuliche sein, sonst wären sie nicht in einer Ghoulstadt gewesen.

Manchmal ließen Familienmitglieder die Rüstung fallen, um sich zu übergeben oder zu weinen oder nur auf dem Bürgersteig zu hocken und sich wie zusammengeschrumpft vor- und zurückzuwiegen.

Wir haben uns nie als Killer gesehen. Das ist nicht die Art der Droods. Wir haben es immer vorgezogen, hinter den Kulissen zu operieren, mit kleinen Änderungen hier und da. Um zu verhindern, dass die ganze Familie so etwas wie das hier tun musste. Geheime Kriege sind eine Sache, Massenmord eine andere. Aber wir waren Droods, und wir waren immer in der Lage gewesen, die schwierigen, notwendigen Dinge zu tun. Um die Menschheit zu beschützen.

Ich konnte nur hoffen, dass wir keinen Geschmack daran fanden.

Ich sah meine Familie die Türme in den Ghoulstädten vernichten; große, unnatürliche Strukturen, teilweise technischer Natur und teilweise organisch. Manchmal schrien die Türme, wenn sie fielen. Sie fielen und fielen und doch gab es irgendwie immer mehr von ihnen …

Die Visionen endeten. Ich stand schweigend da und dachte nach. Der Seneschall räusperte sich bedeutsam.

»Wir sind weiterhin gehandicapt, weil wir all das vor der breiten Öffentlichkeit geheimhalten wollen. Wir können nicht erlauben, dass sie wissen, was geschieht. Wir halten die Regierungen und die Politiker bis zu einem gewissen Grad auf dem Laufenden und sie kooperieren. Mehr oder weniger. Weltweite Panik und Chaos sind nicht gerade in unserem Interesse.«

»Jetzt hast du gesehen, wie schlimm es steht«, sagte Harry. »Die Chancen, die wir haben. Vielleicht hat Truman recht. Vielleicht sollten wir den Armageddon-Kodex öffnen.«

»Nein«, sagte ich. »Noch nicht.«

»Sag mir, dass du einen wirklich guten Plan hast«, meinte der Seneschall.

»Naja«, sagte ich. »Ich habe zumindest einen Plan.«

Kapitel Dreizehn

Die Wahrheit - und noch ein paar andere Dinge - kommen ans Licht

Ich warf jeden hinaus, so schnell ich konnte, ohne dabei allzu offensichtlich zu sein. Ich schickte Giles Todesjäger mit dem Seneschall weg, damit sie neue Trainingsprogramme für die Familie erstellen konnten. Mit den beiden hätte ich gegen jede Armee auf unsere gewettet. Harry und Roger staksten alleine hinaus, zweifellos, um irgendwo anders wieder Unruhe zu stiften. Keiner von ihnen sah mich auch nur an, während er ging. Und nach einer diskreten Pause sagten Molly und ich auch auf Wiedersehen zu Freddie und Seltsam und suchten uns einen stillen Ort, an dem wir sicher und privat miteinander reden konnten.

Die Leute starrten uns hinterher, als wir durch die Korridore gingen. Keiner jubelte oder buhte uns tatsächlich aus, sie beobachteten uns nur und behielten ihre Gedanken für sich. Die meisten sahen aus, als würden sie nur darauf warten, dass man ihnen sagte, was sie am besten tun sollten. Ich wusste genau, wie sie sich fühlten. Molly und ich kamen schließlich zum Hauptspeisezimmer im hinteren Teil des Herrenhauses. Es war komplett leer zwischen den Schichten, die Tischreihen standen still und mit makellos weißen Tischtüchern gedeckt da. Es war schwer zu glauben, dass wir achtzehn Monate nicht hier gewesen waren. Molly und ich setzten uns gegenüber hin und ich bemerkte plötzlich, dass ich nicht die geringste Ahnung hatte, was ich sagen sollte. Was sagen Sie, wenn die Frau, die Sie lieben, stirbt?

»Es ist nicht, als hätten wir das nicht schon gehabt«, sagte Molly freundlich. »Erinner' dich daran, als du von der seltsamen Materie befallen warst und dachtest, du hättest nur ein paar Tage zu leben? Wir haben auch nicht herumgesessen und haben uns die Augen aus dem Kopf geheult, wir haben einfach weitergemacht. Wir haben es überlebt. Wir werden auch das überleben.«

»Wie fühlst du dich?«, sagte ich. »Ich meine, wirklich. Fühlst du dich … irgendwie anders?«

»Ich kann etwas … anderes in mir spüren«, sagte sie langsam. »Wie nach einem ausgiebigen Essen. Ein Gefühl der Völle. Als wäre ich auf einmal mehr. Meine üblichen magischen Schutzmechanismen hüllen es für den Moment ein.« Sie lächelte kurz. »Aber auf der anderen Seite würde ich das ja sagen, oder? Wenn ich vom Verstand oder dem Körper her schon eine Drohne der Abscheulichen wäre.«