Ich stand im Hintergrund und sah zu. Es ist immer eine Freude, einen wirklichen Profi am Werk zu sehen.
Die Leute von der Kommunikation hatten schon bald die Verbindung mit den Regierungsoberhäuptern der ganzen Welt hergestellt - jede Regierung, jedes Land und jedes Individuum, das etwas zu sagen hatte. Monitore rund um den Lageraum zeigten Gesichter, die grimmig dreinschauten, und die Translatorprogramme gaben ihr Bestes, als die Matriarchin sich mit gewohnt ruhiger Autorität an sie wandte. Einige der Adressaten schienen froh zu sein, dass sie zurück war. Martha ging von Monitor zu Monitor und sprach mit jedem persönlich. Durch eine sorgfältig kombinierte Mischung aus ruhiger Vernunft, Süßholzraspeln, unterschwelligen Drohungen und hin und wieder der Erinnerung daran, dass sie wusste, wer alles eine Leiche im Keller hatte, hatte die Matriarchin schon bald alle wichtigen Leute dieser Welt so weit, dass sie sich überschlugen, um mit uns gegen die Abscheulichen zu kooperieren. Sie versprachen Geld, Verstärkung, Militärressourcen und - und das war das Wichtigste - sie waren alle damit einverstanden, uns von den Füßen zu bleiben, solange wir taten, was nötig war. Martha schaltete schließlich einen nach dem anderen ab und streckte sich dann, langsam, wohlig, wie eine Katze. Sie setzte sich mit königlicher Würde an ihre Kommandostation und lächelte mich kurz an.
»Und das ist der Grund, Edwin, warum die Familie das Sagen haben muss. Weil wir diejenigen sind, die das Equipment haben, das wirklich ganze Bild zu sehen und dabei unabhängig genug sind, dass die Leute unseren Rat als objektiv betrachten. Wir können jeden überzeugen, unabhängig von der Politik, das zu tun, was zum Wohle aller ist. Du kannst Politikern nie trauen, das Richtige zu tun, Edwin, weil sie tief in ihrem Herzen nichts anderes im Sinn haben, als an der Macht zu bleiben. Sie leben in der Gegenwart, es ist an uns, langfristig zu denken.«
Ich lächelte nur, nickte und sagte nichts. Später war noch Zeit für philosophische Streitereien, wenn wir erst einmal geschafft hatten, dass es ein ›Später‹ geben würde. Ich blieb nur so lange, bis ich sicher war, dass sie die Dinge fest im Griff hatte, dann verließ ich den Lageraum und ging hinunter in die Waffenmeisterei, wo Molly auf mich wartete.
Ich war froh, die Waffenmeisterei wieder so lärmend und hochgefährlich vorzufinden, wie sie gewöhnlich war; voller Knalle, greller Blitze und den gelegentlichen unglücklichen Transformationen. Fröhliches Chaos und Durcheinander herrschten um mich herum, als ich durch das Gewölbe ging und nach Molly und Onkel Jack suchte. Jetzt, wo die Laborpraktikanten ihre Rüstung zurückbekommen hatten, waren sie auch wieder zu ihren üblichen, waghalsigen Methoden zurückgekehrt und dachten wieder in ihren gewohnten produktiven und selbstzerstörerischen Bahnen.
Am Schießstand wechselte sich ungefähr ein Dutzend gerüsteter Gestalten dabei ab, neue Gewehre aneinander auszuprobieren. Die Rüstung absorbierte alle Arten von Geschossen, von Projektilwaffen, Fluchschleudern bis zu handlichen Granatwerfern. Der Lärm in dem begrenzten Areal war ohrenbetäubend.
Ich erinnerte mich noch daran, dass der Waffenmeister einmal eine Waffe erfunden hatte, die kleine Schwarze Löcher verschoss. Es brauchte sechs Leute, um ihn zu Boden zu ringen und ihm das verdammte Ding aus der Hand zu winden, bevor er demonstrieren konnte, wie es funktionierte.
Eine junge Dame probierte gerade die neueste Version eines Teleportationsgewehrs. Ich blieb stehen, um mir das anzusehen. Die Familie versucht schon seit Jahren, die Fehler des Dings auszumerzen. Die Grundidee ist recht einfach: Man richtet die Waffe auf etwas und es verschwindet. Praktisch tendierte das Gewehr dazu, nach hinten loszugehen und wir hatten so schon eine Menge Praktikanten verloren. Diese Praktikantin hier war fest an einen Bolzen im Boden gekettet, als sie ihr Gewehr auf einen Zieldummy abfeuerte. Das linke Bein der Puppe verschwand und sie kippte vornüber. Die Praktikantin schrie triumphierend auf und tanzte einen kleinen Siegestanz. Auf einmal erschien das Bein wieder, und flog mit voller Kraft auf sie zu. Wo auch immer die Teleporterwaffe das Ding hingeschickt hatte, dort hatte man es offenbar nicht haben wollen.
Jemand anderes versuchte, einen Tarnumhang zum Funktionieren zu bringen, aber alles, was der Mantel bewirkte, war, den Träger halb transparent erscheinen zu lassen. Wir konnten sehen, wie seine Organe arbeiteten. Schönheit ist wirklich etwas sehr Oberflächliches. Eine große Explosion schickte ein halbes Dutzend gerüstete Gestalten quer durch die Luft. Keiner sah sich um. Zwei mutigere oder vielleicht auch selbstmörderisch eingestellte Praktikanten duellierten sich mit atomar betriebenen Würgehölzern hinter tragbaren Strahlenschilden. Na, lieber die als ich. Und einer mit einem dritten Auge auf der Stirn blätterte hektisch in seinen Notizen, um herauszufinden, was falsch gelaufen war.
Alles beim Alten in der Waffenmeisterei.
Ich fand Molly im Gespräch mit dem Waffenmeister, der wie üblich an seiner Arbeitsstation saß. Oder wenigstens hörte Molly zu, während er sprach. Offenbar war Onkel Jack sehr enttäuscht darüber, dass sein Test, die Drohnen in der Familie zu finden, so schlecht funktioniert hatte. Er unterbrach sich, um mich düster anzustarren, als ich herankam.
»Wurde auch Zeit, dass du wieder auftauchst. Ich habe dich gewarnt, es kommt nichts Gutes dabei raus, wenn man mit Zeitreisen rumspielt.«
»Ich hab dir eine Energiewaffe mitgebracht«, sagte ich.
Er schnaubte laut. »Ich hab sie gesehen. Das Ding ist Schrott. Ich habe schon Besseres während meiner Teepausen in Gedanken entworfen. Und mich kümmert nicht, was andere sagen, mein Test war perfekt geeignet!«
»Wie hat er funktioniert?«, fragte ich geduldig.
Er schnaubte erneut, diesmal sogar noch abfälliger. »Als ob du das verstehen würdest, selbst wenn ich dir das in einsilbigen Worten und zusammen mit einer Diashow erklären würde.«
»Versuch's doch mal.«
»Er prüfte, sehr gründlich, die Anwesenheit von andersdimensionalen Energien im Testobjekt. Im Prinzip suchte er nach allem, was nicht in unsere Realität gehörte.«
Ich nickte. »Ja, das hätte funktionieren müssen.«
Der Waffenmeister zog eine Grimasse und fummelte geistesabwesend an einer übergroßen Granate auf dem Tisch vor ihm herum, bis ich sie ihm wegnahm.
»Wir müssen den Test an jedem Einzelnen wiederholen«, sagte er unglücklich, »Und diesmal die Torques berücksichtigen! Die sind ja auch andersdimensionale Dinge, ich hätte erkennen müssen, dass sie dazu benutzt werden könnten, die Resultate zu verstecken oder zu verzerren.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Ich werde wohl alt. Sonst geht mir so etwas nicht durch die Lappen.«
»Du baust immer noch die besten Spielzeuge der Welt, Onkel Jack«, versicherte ich ihm.
Er lächelte kurz. »Also, hast du diesmal eine Chance bekommen, mein neues Teleportationsarmband auszuprobieren?«
»Ah …«, sagte ich.
»Das ist nicht fair!«, meinte der Waffenmeister verbittert. »Ich arbeite jede Stunde von Gottes schönen Tagen und auch an ein paar, von denen er nichts weiß, erfinde Waffen und Geräte für diese Familie und dann kümmert sich keiner auch nur einen Deut darum, sie auch mal in einem verdammten Einsatz auszuprobieren!«
»Hör zu, ich war beschäftigt, okay?«, sagte ich. »Da in der Zukunft waren scheußlich viele Leute darauf aus, mich zu töten.«