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Ich sah die grimmigen Gestalten und unmöglichen Transformationen immer wieder vor staunendem Publikum herstolzieren und ich wusste nicht genau, ob ich das gutheißen sollte. Gerade jetzt brauchten wir eine Armee, die über jede Waffe verfügte, die wir kriegen konnten. Aber was würde nach dem Krieg aus uns werden? Wenn keine goldenen Monster oder strahlenden Gladiatoren mehr gebraucht würden? Unter normalen Umständen brauchte die Familie nur eine begrenzte Anzahl besonders trainierter Frontagenten, um den Frieden aufrecht zu erhalten. So wie ich einer gewesen war. Würden diese goldenen Soldaten einfach so bereit sein, die neuen Möglichkeiten aufzugeben?

Und was würde passieren, wenn die Rüstung auf einmal begann, auch auf unbewusste Kommandos zu reagieren und nicht nur auf die bewussten? Würden wir dann alle zu instinktbeherrschten, räuberischen Monstern werden, die nur von ihren persönlichen Dämonen angetrieben wurden? Vielleicht würden wir sogar zu Gefangenen unserer Rüstungen werden, wenn sie auf tiefe unbewusste Bedürfnisse einging und unser bewusstes, zutiefst erschrockenes Flehen ignorierte?

Aber das waren Albträume für einen anderen Tag. Hier und jetzt bestand mein Job darin, dafür zu sorgen, dass die Welt überhaupt einen anderen Tag sah. Zuerst musste der Krieg gewonnen werden, dann konnten wir uns Gedanken um den Frieden machen. Also warf ich mich wieder in die Schlacht, in der eine Rüstung auf die nächste prallte, den ganzen heißen Tag lang. Und vor meinen Augen wurde die Drood-Familie zusehends zu etwas Neuem, etwas Entschlossenerem, Feinerem und auf das Ziel Konzentrierterem. Giles Todesjäger trieb die Familie an ihre Grenzen.

Und wir liebten es.

Während einer anderen kurzen Pause, saß ich erschöpft auf dem Rasen und trank ein wunderbar gekühltes Becks direkt aus der Flasche. Die Matriarchin war herausgekommen, um zu sehen, was die Manöver brachten und hatte - sehr aufmerksam von ihr - einen Picknickkorb mitgebracht. Ich durfte zuerst zugreifen. Rang hat eben seine Vorteile. Also kaute ich auf kalten Hähnchenschenkeln herum, genoss mein schönes Becks und ignorierte demonstrativ die Gurkensandwiches. Manchmal denke ich, Großmutter nimmt diesen ganzen Adelskram viel zu ernst.

Sie ließ sich neben mir auf einem kleinen Jagdstuhl nieder, gekleidet wie immer in den üblichen Tweed und die Perlen und betrachtete alles mit großem Interesse. Sie legte Wert darauf, sich mit mir in regelmäßigen Abständen zu beraten und sich mit allem einverstanden zu erklären, was ich sagte. Natürlich war das nur zur öffentlichen Kenntnisnahme, damit die ganze Familie sehen konnte, dass ich ihre volle Unterstützung genoss. Nach einer Weile kam Giles Todesjäger zu uns herüber. Er hatte härter gearbeitet als jeder von uns, aber er schien nicht einmal zu schwitzen oder aus der Puste zu sein. Er sah aus, als täte er das jeden Tag und nach allem, was ich wusste, stimmte das vielleicht sogar. Er war Oberster Krieger, was zum Teufel das auch immer sein mochte. Giles verbeugte sich höflich vor der Matriarchin und nickte mir fröhlich zu.

»Du machst dich gut, Eddie. Du bist gut in Form und hast einen unbedingten Siegeswillen. Ich bin beeindruckt. Also, was sagst du, wenn ich eine kleine Show veranstalte, um deiner Familie zu demonstrieren, was zwei versierte Kämpfer so alles tun können. Nichts wirklich Anstrengendes, nur ein kleines Duell so zum Spaß. Was meinst du?«

Ich seufzte innerlich, hielt mein Gesicht aber ruhig und gefasst. Es schien, als würde jeder, den ich neu hierhin brachte, erst einmal kämpfen wollen. Als ob jeder meinte, erstmal meine Autorität auf die Probe stellen zu müssen. Oder um sich selbst an mir zu testen, bevorzugt so, dass alle anderen es sehen konnten. Jeder will immer wissen, ob der legendäre Revolverheld wirklich so schnell ist wie seine Legende. Und ich hatte das verdammt satt. Wenn Molly hier gewesen wäre, hätte sie laut geschnaubt und gesagt: Männer! Warum holt ihr sie nicht einfach raus und vergleicht sie? Und das mit einer lauten und weithin schallenden Stimme.

Aber Molly war nicht hier. Sie wanderte wieder einmal durch den Park und setzte sich mit ihrem inneren Selbst auseinander. Wer oder was auch immer das derzeit sein mochte.

»Natürlich«, sagte Giles leichthin. »Wenn du zu müde bist, Eddie, oder keine Lust dazu hast, dann verstehe ich das natürlich. Das würde jeder andere auch.«

»Genug davon«, sagte die Matriarchin kurzerhand. Sie stand geschmeidig von ihrem Jagdklappstuhl auf und ließ ihn zurück, wo er ein wenig verloren und verlassen aussah. Sie schritt nach vorn zum verdutzten Giles und sah ihn mit ihrem klaren Blick an. »Ich weiß nicht, wie man die Dinge in deiner Zeit handhabt, Giles Todesjäger, aber wir wählen unsere Führer nicht durch Herausforderung. Wir sind hier alle Krieger. Du musst weit mehr als ein Kämpfer sein, um die Droods zu führen. Aber wenn du so verzweifelt auf ein Duell aus bist, dann werde ich dir zur Verfügung stehen.«

»Du?«, sagte Giles und gab sich nicht einmal die Mühe, seine Überraschung zu verbergen. Und dann lächelte er sie von oben herab an.

»Oh nein«, sagte ich leise. »Nicht lächeln.«

»Ich bin sicher, du warst zu deiner Zeit sicher eine gute Kämpferin«, meinte Giles, aber Martha unterbrach ihn sofort.

»Ich bin die Drood-Matriarchin«, erwiderte sie und jedes Wort bestand aus klirrendem Eis. »Und jeder Drood ist einem dahergelaufenen Zukunftssöldner gewachsen.«

Giles hob die Hand in einer versöhnlichen Geste. Martha schnappte sich den Arm, drehte ihn um und warf ihn mit dem Gesicht zuerst ins Gras. Er traf hart genug auf, um aufzustöhnen. Und dann trat sie ihn so hart in die Rippen, dass Leute, die noch mehr als sechs Meter entfernt standen, zusammenzuckten. Giles krabbelte weg von ihr und stand schnell auf. Jetzt lächelte er nicht mehr. Er wollte etwas sagen, unterbrach sich aber, als Martha sich ihm wieder in eindeutiger Absicht näherte. Er nahm eine Standard-Verteidigungshaltung ein - und es nutzte ihm verdammt nochmal kein kleines bisschen. Martha verarbeitete ihn in seine Einzelteile, parierte seine zunehmend verzweifelten Schläge mit lässigem Können, warf ihn hierhin und dorthin und ließ das alles ganz leicht aussehen. Alles, ohne auch nur einmal aufrüsten zu müssen.

Giles hätte es wirklich besser wissen müssen. Man wird nicht die Matriarchin der Droods, indem man diesen Posten einfach erbt. Martha hatte dreißig Jahre lang unbewaffneten Nahkampf unterrichtet und hatte das nur aufgegeben, weil sie schließlich jemand gefunden hatte, der es besser konnte als sie.

Giles war nicht dumm. Nachdem ihm klargeworden war, dass er nicht hoffen konnte, sie zu schlagen oder auch nur zu bestehen, gab er auf. Martha trat sofort zurück und erlaubte ihm, auf die schmerzenden Beine zu kommen.

»Ich verstehe, was Sie meinen, Matriarchin«, sagte Giles und wischte sich mit dem Handrücken Blut aus dem Mundwinkel. »Ich bin beeindruckt.«

»Das solltest du auch sein«, sagte Martha kalt. »Ich hoffe, wir werden das nicht noch einmal tun müssen. Und Giles, auch wenn du irgendwelche Intentionen hegst, du könntest nie hoffen, uns zu führen. Du gehörst nicht zur Familie.«

Sie wandte ihm den Rücken zu und entließ ihn, und er war klug genug, das hinzunehmen. Er schrie jedem, der zugesehen hatte, zu, dass das Training weiterging und alle gehorchten. Martha ließ sich wieder auf ihrem Klappstuhl nieder und sah mich prüfend an.