„Niederknien sollt ihr!“ erklärte der Konstrukteur. Da polterten sie nieder. Er aber bückte sich sogleich und stach ihnen nacheinander die Stecknadel in den Kopf, so daß der violette Schein zitternder Funken die Felswände erhellte. Beide Roboter fielen knacksend um. Denn Kreazius hatte sie kurzgeschlossen.“Biskalar denkt wohl, ich käme allein zurück, wenn überhaupt!“ — sprach Kreazius. Er ging von Roboter zu Roboter, öffnete alle Köpfe und verband die Stahldrähtchen anders. Und als die ganze Meute erwacht war, gehorchte sie nur noch ihm. Da stellte er sich an die Spitze der Heerschar und marschierte auf die Hauptstadt los. Im Schloß befahl er seinen Eisensklaven, den König zu ergreifen, entthronte ihn, öffnete die Schatzkammer allen Untertanen des Grausamen und riet den solcherart Beglückten, aus ihren Reihen einen Würdigeren zum König zu wählen. Er selbst aber nahm nur sein Döschen mit den dienstbaren Funken und machte sich auf die Wanderschaft. Und auf seinen schwarzen sterngespickten Wegen wandert er noch heute; früher oder später wird er gewiß auch uns besuchen.
Erg Selbsterreg überwindet den Bleichling
Der mächtige König Schlagenot schwärmte für Kuriositäten. Er verbrachte sein Leben damit, sie zu horten, und vergaß über ihnen oftmals wichtige Staatsgeschäfte. Er hatte eine Uhrensammlung, darin gab es sogar tanzende Uhren, Uhren aus Morgenröte und Uhren aus Wölkchen. Er hatte auch ausgestopfte Mißgeschöpfe aus den fernsten Bereichen des Weltalls, und in einem eigenen Saal stand unter einem Glassturz das allerseltenste Wesen namens Homus Antrobus, wunderlich bleich, zweibeinig und sogar mit Augen: die waren freilich leer. Da ließ ihnen der König zwei Rubine gar lieblich einsetzen, auf daß Homus mit roten Blicken schaue. In Rauschlaune bat Schlagenot gern seine liebsten Gäste in diesen Saal und zeigte ihnen das Scheusal.Einmal beherbergte der König bei Hof einen Elektrowisser. Der war so alt, daß sich in seinen Kristallen der Verstand vor Alter schon ein wenig verwirrte. Dennoch war dieser Elektrowisser namens Halazon eine Fundgrube aller galaktischen Weisheit. Es hieß von ihm, er verstehe die Kunst, Photonen auf Fäden aufzufädeln, so daß lichtvolle Halsgeschmeide entstünden; es hieß sogar, er wisse das Mittel, um einen lebenden Antrobus zu fangen. Der König kannte die schwache Stelle des Weisen und ließ sogleich die Keller aufsperren. Zu einer kleinen Stärkung sagte der Elektrowisser nicht nein. Und als er einen Schluck zuviel aus der Leidener Flasche getan hatte, so daß sich im ganzen Körper wohliger Strom verzweigte, da verriet der Weise das furchtbare Geheimnis dem König und versprach, für ihn einen Antrobus zu beschaffen, den Beherrscher einer Völkerschaft im Zwischensternland. Der festgesetzte Preis war hoch: mit faustgroßen Brillanten sollte der Antrobus aufgewogen werden. Doch der König zuckte mit keiner Wimper.
So zog Halazon auf die Reise, Schlagenot aber prahlte vor dem Thronrat mit der erwarteten Neuerwerbung. Im übrigen konnte der König dies ohnehin nicht verheimlichen. Denn im Sdiloßpark, wo die herrlichsten Kristalle wuchsen, ließ er bereits aus dicken Eisenstangen einen Käfig bauen. Besorgnis überkam die Höflinge. Als sie den König unnachgiebig fanden, beriefen sie ins Schloß zwei weise Homologen. Der König empfing sie gnädigen Herzens, denn er war neugierig, was ihm die beiden Vielwisser Salamid und Thaladon über das bleiche Wesen Neues sagen konnten, was er selbst noch nicht wußte.Er wartete kaum ab, daß sie sich vom geziemenden Kniefall wieder erhoben, und fragte schon: „Ist es wahr, daß der Homus weicher ist als Wachs?“
„Jawohl, Eure Herrlichkeit“ — entgegneten die beiden.“Und ist auch dies wahr, daß er mit dem Schlitz seiner unteren Gesichtshälfte mancherlei Geräusche hervorbringen kann?“
„Auch dies, Majestät, dies und noch mehr: in ebendieses Loch steckt der Homus auch verschiedene Sachen und bewegt dann das untere Stück des Kopfes, das mit Scharnieren ans obere angehängt ist. So werden die Sachen zerkleinert, er aber zieht sie in sein Inneres hinein.“„Eine seltsame Sitte, von der ich schon gehört habe“ — sagte der König. „Doch sprecht, ihr weisen Männer! Sagt, wozu er das tut!“
„In dieser Angelegenheit gibt es vier Theorien, Eure Majestät“ — entgegneten die Homologen. „Erstlich, er tue es, um überschüssiges Gift abzustoßen (denn giftig ist er über alle Maßen). Zweitens, es geschehe um der Zerstörung willen, denn diese Lustbarkeit zieht er ja jeder anderen vor. Drittens, er tue es aus Raffgier, denn alles verschlänge er, wenn er könnte. Viertens… „„Schon gut, schon gut“ — sagte der König. „Ist es wahr, daß er aus Wasser ist und dennoch undurchsichtig wie mein Ausgestopfter?“
„Auch dies ist wahr, o Herr! Er trägt in sich eine Vielzahl glitschiger Röhrchen. Darin kreisen die Wässer: gelbe und perlhelle, doch am meisten rote. Diese führen ein furchtbares Gift, das Gas Oxygenium oder Sauerstoff, das sofort in Rost oder Lohe verwandelt, was es trifft. Er selbst aber schillert in jenen Farben: Perlhell, Gelb und Rosig. Gleichwohl flehen wir in Demut: Eure Majestät möge gnädiglich dem Vorsatz entsagen, einen lebendigen Homus holen zu lassen, denn dieses Wesen ist mächtig und bösartig wie kein anderes…“„Das müßt ihr mir näher auseinandersetzen“ — sprach der König. Er stellte sich willens, die Ratschläge der Weisen zu beherzigen. In Wahrheit wollte er nur seine große Neugier stillen.
„O Herr, die Wesen, deren eines der Homus ist, heißen Wabbelige. Zu ihnen zählen die Silikonen und die Proteiden. Die Erstgenannten sind von dichterer Konsistenz und heißen deshalb Backige oder Versulzte. Die anderen sind seltener; ihre Namen sind von Autor zu Autor verschieden: Schleimler oder Schleimpatzen bei Pollomeder; Sümpfichte oder Kleberiche bei Dreikopp von Arboris; endlich Klebäugige Schwabbler bei Analzimander Kupfersalz…“„Ist es denn wahr, daß selbst ihre Augen glitschig sind?“ fragte lebhaft König Schlagenot.
„Jawohl, Herr. Diese Wesen scheinen schwach und mürb, und schon beim Sturz aus sechzig Fuß Höhe müßte jedes zur roten Pfütze zerspritzen. Dennoch bilden sie kraft ihrer angeborenen Schlauheit eine schlimmere Gefahr als der ganze Astralring mit all seinen Wirbeln und Riffen! Also flehen wir dich an, o Herr, du mögest mit Hinblick auf das Wohl des Reiches.. „„Schon gut, meine Teuren, gut“ — unterbrach der König. „Ihr könnt gehen. Ich aber werde mich mit der nötigen Besonnenheit entscheiden.“
Die weisen Homologen verneigten sich bis zur Erde und gingen beunruhigt fort. Denn sie spürten, daß König Schlagenot den gefährlichen Vorsatz nicht aufgegeben hatte.Alsbald brachte bei Nacht ein Sternschiff gar riesige Kisten. Die wurden gleich in den Königlichen Garten geschafft. Bald öffnete sich seine goldglänzende Flügeltür allen Untertanen des Königs. Zwischen Brillantgebüsch, geschnitzten Jaspislauben und marmorner Schnurrpfeiferei erblickten sie einen eisernen Käfig und darin ein bleiches schlaffes Wesen. Das saß auf einem kleinen Fäßchen und hatte eine Schüssel vor sich. Ihr absonderlicher Inhalt roch zwar nach Öl, aber nach verdorbenem, über dem Feuer angebranntem Öl, das nicht mehr zu gebrauchen war. Doch das Wesen schippte in aller Gemütsruhe mit einem schaufelartigen Werkzeug ganze Häufchen ölbeschmierter Masse aus der Schüssel ins Gesichtsloch.
Den Beschauern verschlug es die Rede vor Entsetzen, wenn sie die Aufschrift des Käfigs lasen. Die besagte nämlich, das Ding vor ihnen sei ein lebender Antrobus Homus Bleichlingius. Der Pöbel suchte ihn zu reizen. Da stand der Homus auf, schöpfte etwas aus dem Fäßchen, worauf er gesessen hatte, und bespritzte die Gaffer mit tötendem Wasser. Manche flüchteten, andere packten Steine, um das Ekel totzuschlagen. Doch die Wachen verjagten die Menge im Nu.Von diesen Vorfällen erfuhr Elektrina, die Königstochter. Sie hatte offenbar ihres Vaters Neugier geerbt und wagte sich dicht vor den Käfig, worin das Mißgeschöpf seine Zeit damit verbrachte, sich zu kratzen oder in riesigen Mengen Wasser und verdorbenes Öl einzusaugen, genug, um hundert königliche Untertanen auf der Stelle umzubringen.