„Natürlich, aber doch nur auf ausdrücklichen Befehl, sonst würde er ja eine Indiskretion begehen“, gab der Ratgeber zurück, öffnete eine kleine Klappe in seinem Bauch und drehte an einem kleinen Knopf mit der Aufschrift „Telepathograph“. Dann lächelte er verständnisvoll und sagte:
„Eure Königliche Hoheit möchten Trurl keinen roten Heller geben, nicht wahr?“
„Wenn du irgendjemandem auch nur ein Wort davon erzählst, dann lasse ich dich in die große Mühle werfen, deren Steine dreißigtausend meiner Untertanen auf einmal zermahlen können“, drohte der König.
„Keiner Seele werde ich etwas erzählen!“ versicherte der Ratgeber. „Eure Majestät haben nicht den Wunsch, für mich zu bezahlen, nichts leichter als das. Wenn Trurl wiederkommt, so sagt Ihr ihm einfach, von Euch werde er kein Gramm Gold sehen, und er solle gefälligst seiner Wege gehen.“
„Du bist ein Idiot, aber kein Ratgeber!“ sagte der König wutschnaubend. „Ich will nicht bezahlen, aber es muß so aussehen, als sei das einzig und allein Trurls Schuld. Als stünde ihm absolut nichts zu, verstehst du?“
Der Ratgeber schaltete den Apparat zum Lesen der königlichen Gedanken ein, schwankte leicht hin und her und sagte: „Eure Majestät möchte den Eindruck erwecken, daß Sie gerecht und in völliger Übereinstimmung mit Ihrem einmal gegebenen Wort handeln, während Trurl als schändlicher Schuft und Scharlatan dastehen soll… Ausgezeichnet. Mit Erlaubnis Eurer Majestät werde ich mich jetzt auf Höchstderoselbst stürzen, Euch bei der Kehle packen und würgen, wenn Hoheit dann bitte die Liebenswürdigkeit hätten, entsprechend laut zu schreien und um Hilfe zu rufen…“
„Bist du verrückt geworden?“ sagte Mandrillion. „Wes halb solltest du mich würgen, und weshalb sollte ich um Hilfe rufen?“
„Damit Ihr Trurl anklagen könnt, weil er mit meiner Hilfe versucht hat, das Verbrechen des Königmords zu begehen!“ erklärte der Ratgeber strahlend. „Wenn Eure Hoheit ihn dann auspeitschen und von den Zinnen des Schlosses in den Burggraben werfen lassen, so wird jedermann sagen, daß dies ein Akt höchster Gnade war, denn gewöhnlich wird solch ein Verbrechen durch Rädern und Vierteilen gesühnt, nach voraufgegangener Folter, versteht sich. Mich hingegen, als das unwissende Werkzeug in Trurls Händen, werden Eure Majestät von aller Schuld freisprechen und begnadigen, und jedermann wird die Großherzigkeit und Güte des Königs rühmen, und alles wird ganz so sein, wie Eure Majestät es wünschen.“
„Na schön, dann würg mich, aber vorsichtig, du Schuft!“ sagte der König.
Und alles geschah genau so, wie es der Perfekte Ratgeber vorausgesagt hatte. Der König wollte eigentlich, daß man Trurl die Beine ausriß, bevor man ihn in den Burggraben warf, aus irgendeinem Grunde aber kam es dazu nicht. „Schuld daran waren meine unklaren und etwas verworrenen Befehle“, dachte der König voller Bedauern, in Wirklichkeit war es jedoch der Ratgeber, der diesen barbarischen Akt durch eine diskrete Intervention verhindert hatte. Der König begnadigte den Ratgeber wie geplant und setzte ihn wieder in all seine Rechte bei Hofe ein. Trurl hingegen, den man ausgepeitscht und jämmerlich verprügelt hatte, humpelte inzwischen von Schmerzen geplagt nach Hause. Gleich nach seiner Rückkehr begab er sich zu Klapauzius, erzählte ihm die ganze Geschichte und sagte:
„Dieser Mandrillion ist ein viel größerer Schurke, als ich gedacht habe. Er hat mich nicht nur schändlich betrogen, sondern er hat sogar den von mir gebauten Ratgeber dazu benutzt, um einen niederträchtigen Anschlag gegen mich auszuhecken und mich um meinen Lohn zu prellen! Er täuscht sich jedoch, wenn er meint, daß ich das Spiel verloren gebe. Der Rost soll mich total zerfressen, wenn ich jemals die Rache vergesse, die ich diesem Tyrannen schuldig bin!“
„Was also willst du tun?“ fragte Klapauzius.
„Vor Gericht werde ich ihn bringen, er wird mein Honorar auf Heller und Pfennig zahlen! Und das ist erst der Anfang, denn er schuldet mir weit mehr als Gold für all die Schmerzen und Mißhandlungen.“
„Das ist eine schwierige juristische Frage“, sagte Klapauzius, „ich schlage vor, du suchst dir einen guten Anwalt, bevor du irgendetwas unternimmst.“
„Weshalb sollte ich zu einem Anwalt gehen?“ gab Trurl zurück. „Ich werde mir selbst einen machen.“
Und Trurl ging nach Hause, schüttete sechs gehäufte Löffel Transistoren in einen Topf, gab die gleiche Menge an Kondensatoren und Widerständen dazu, goß noch etwas Elektrolyt hinein, rührte gut um und deckte das Ganze mit einem Deckel zu, dann legte er sich schlafen, und innerhalb von drei Tagen hatte sich die Mischung selbst organisiert und war ein erstklassiger Anwalt geworden. Trurl war zu faul, ihn aus dem Topf herauszunehmen, denn er brauchte ihn ja nur für diesen einen Fall, also stellte er den Topf auf den Tisch und fragte:
„Wer bist du?“
„Ich bin niedergelassener Anwalt und Notar“, sagte der Topf in glucksendem Ton, denn durch ein Versehen war etwas zuviel Elektrolyt hineingeraten. Trurl trug die ganze Sache vor, woraufhin der Topf sagte:
„Du hast das Programm des Ratgebers mit der Einschränkung versehen, daß er deine Vernichtung in keinem Fall zulassen darf?“
„Ja, damit er mich nicht vernichten konnte, mehr habe ich wirklich nicht hineinprogrammiert.“
„Damit hast du den Vertrag nicht hundertprozentig erfüllt, denn der Ratgeber sollte ja alles können, ohne Ausnahme. Da er dich aber nicht zerstören konnte, war er auch nicht perfekt.“
„Und wenn er mich vernichtet hätte, wer hätte dann das Honorar in Empfang nehmen sollen?“
„Das ist ein gesondertes Problem und eine andere Sache, die im Lichte der Paragraphen betrachtet werden muß, die im Hinblick auf eine strafrechtliche Verantwortlichkeit Mandrillions heranzuziehen wären, deine Forderung hingegen hat eindeutig zivilrechtlichen Charakter.“
„Das wird ja immer schöner. Nun will mich schon ein Topf Zivilrecht lehren!“ schrie Trurl zornig. „Wessen Anwalt bist du eigentlich, meiner oder der von diesem Strolch, dem König?“
„Deiner, aber der König war im Recht, als er dir die Bezahlung verweigerte.“
„War er etwa auch im Recht, als er mich von den Zinnen in den Burggraben werfen ließ?“
„Das ist ein anderer, ein strafrechtlicher Fall und ein gesondertes Problem“, gab der Topf zurück.
Trurl bebte vor Zorn.
„Da macht man aus einem Bündel alter Drähte, Spulen und Widerstände ein intelligentes Wesen und bekommt statt eines vernünftigen Rats nichts als Ausflüchte zu hören! Du schäbiger elektronischer Winkeladvokat, ich werde dir zeigen, daß mit mir nicht zu spaßen ist!“
Und er stülpte den Topf um, schüttete den ganzen Inhalt auf den Tisch und demontierte ihn so rasch, daß dem Anwalt keine Zeit blieb, gegen diesen Schritt Berufung einzulegen.
Trurl machte sich erneut an die Arbeit und baute einen zweistöckigen Juris Consilarius, vierfach verstärkt im Hinblick auf das Bürgerliche und das Strafgesetzbuch, um aber ganz sicher zu gehen, schloß er ihn zusätzlich an das Verwaltungs— und Völkerrecht an. Dann schaltete er den Strom ein, trug seinen Fall vor und fragte:
„Wie kann ich zu meinem Recht kommen?“
„Der Fall ist kompliziert“, sagte die Maschine, „du mußt mir in beschleunigtem Verfahren oben noch fünfhundert und an der Seite zweihundert Transistoren einbauen.“
Trurl kam diesem Wunsch sogleich nach, woraufhin die Maschine sagte:
„Zu wenig! Ich bitte um einen Zusatzverstärker und zwei extrastarke Spulen.“
Danach sprach sie wie folgt:
„Der Casus als solcher ist interessant; jedoch sind hier zwei Dinge zu berücksichtigen: zum einen die Gründe für die Klage — und da wäre sehr viel zu machen —, zum anderen das Verfahren selbst und die Frage nach der zuständigen Instanz. Es kommt überhaupt nicht in Betracht, den König in einem Zivilprozeß vor irgendein Gericht zu zitieren, denn das stünde im Widerspruch zum internationalen wie auch zum interplanetarischen Recht. Meine endgültige Meinung zu dem Fall werde ich dir mitteilen, wenn du mir versprichst, daß du mich hernach nicht gleich in sämtliche Einzelteile zerlegst.“