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Trurl gab sein Wort und sagte:

„Aber wie bist du nur auf den Gedanken gekommen, daß dir die Demontage droht, falls du mich nicht zufriedenstellst?“

„Ich weiß auch nicht, ich hatte einfach so ein dumpfes Gefühl.“

Trurl erriet, daß diese Ängste wohl auf die Tatsache zurückzuführen waren, daß er zum Bau seines Gegenübers Teile des Kochtopfadvokaten verwendet hatte. Spuren der Erinnerung an diesen Vorfall mußten in den neuen Schaltkreisen zurückgeblieben sein und dort eine Art unterbewußten Komplex verursacht haben.

„Nun, und deine endgültige Meinung?“

„Die lautet so: Da es keine zuständigen Tribunale gibt, kann es auch kein Verfahren geben. Der Prozeß kann weder gewonnen noch verloren werden.“

Trurl sprang auf und drohte dem maschinellen Anwalt mit der Faust, sein gegebenes Wort aber mußte er halten und so tat er ihm nichts Böses. Er ging zu Klapauzius und erzählte ihm alles.

„Ich habe gleich gewußt, daß die Sache hoffnungslos ist, aber du wolltest mir ja nicht glauben“, sagte Klapauzius.

„Der Schurke wird nicht ungestraft davonkommen“, gab Trurl zurück, „wenn ich auf gerichtlichem Wege keine Genugtuung bekommen kann, so werde ich mich auf andere Weise an diesem königlichen Halunken rächen!“

„Ich bin neugierig, wie du das machen willst. Du gabst dem König den Ratgeber, und welche Not und Plagen oder welches Unglück du immer über den König und sein Reich heraufbeschwören magst, er wird sie alle abwehren. Ja, Trurl, davon bin ich fest überzeugt, denn ich habe volles Vertrauen zu deinen Fähigkeiten als Konstrukteur!“

„Du hast recht. Es sieht ganz so aus, als hätte ich mich selbst durch den Bau des Perfekten Ratgebers jeder Möglichkeit beraubt, mit diesem Scheusal von König abzu rechnen. Aber auch in dieser Festung muß irgendwo ein schwacher Punkt stecken, und ich werde weder ruhen noch rasten, bis ich ihn gefunden habe!“

„Was willst du tun?“ fragte Klapauzius, aber Trurl zuckte nur mit den Achseln und machte sich auf den Heimweg. Lange Zeit ging er nicht aus dem Haus, sondern saß da und meditierte; bald durchblätterte er in der Bibliothek Hunderte von Bänden, bald führte er im Laboratorium geheimnisvolle Experimente durch. Klapauzius besuchte ihn von Zeit zu Zeit und staunte über die Verbissenheit, mit der Trurl versuchte, sich selbst zu besiegen, denn der Ratgeber war ja in gewissem Sinne ein Teil von ihm, er hatte ihm schließlich all seine Weisheit verliehen. Eines Nachmittags kam Klapauzius zur gewohnten Zeit, traf Trurl jedoch nicht zu Hause an. Die Tür war verschlossen, die Fensterläden verriegelt, vom Hausherrn keine Spur. Klapauzius gelangte zu dem Schluß, Trurl habe mit seinen Operationen gegen den Herrscher der Vielianer begonnen, und er sollte sich nicht getäuscht haben.

Mandrillion genoß indessen seine Macht wie nie zuvor, denn wenn es ihm an guten Ideen fehlte, dann brauchte er nur den Ratgeber zu fragen, der davon einen unerschöpflichen Vorrat zu besitzen schien. Der König hatte weder Hofintrigen und Palastrevolutionen noch einen äußeren Feind zu fürchten, er regierte mit eiserner Hand, und im Süden des Landes reiften nicht soviele Weinreben heran wie Gehenkte an den Galgen des Reiches schaukelten.

Der Ratgeber besaß inzwischen vier Kisten voll mit Orden, die ihm der König für seine erfolgreiche Tätigkeit verliehen hatte. Ein Mikrospion, den Trurl ins Land der Vielianer entsandt hatte, kehrte mit der Neuigkeit zurück, der König habe den Ratgeber in aller Öffentlichkeit als seinen „Herzbruder“ bezeichnet. Soviel Wohlwollen hatte sich der Ratgeber mit der Idee verdient, eine große Parade zu veranstalten, bei der die Untertanen als Konfetti benutzt wurden.

Trurl ging jetzt ohne Zaudern und Zögern vor, denn sein Aktionsplan war fertig ausgearbeitet; er setzte sich also hin und schrieb auf cremefarbenem Papier, geschmückt mit der Freihandzeichnung einer Erdbeerpflanze einen Brief an den Ratgeber. Der Inhalt des Briefs war simpeclass="underline"

Lieber Ratgeber! Ich hoffe, daß es Dir ebenso gut geht wie mir, vielleicht sogar noch besser. Ich habe gehört, daß Dir Dein Monarch sein ganzes Vertrauen schenkt, und daher bitte ich Dich im Hinblick auf diese große Verantwortung vor der Geschichte und der Staatsraison, Deine Pflichten gewissenhaft und unter Anspannung aller Kräfte zu erfüllen. Solltest Du einmal Schwierigkeiten haben, einen Wunsch des Königs zu erfüllen, so wende die Extra-Spezial-Methode an, die ich Dir seinerzeit bis ins letzte Detail erklärt habe. Falls Du Lust hast, schreib mir bitte ein paar Zeilen, doch nimm es mir nicht übel, wenn ich nicht gleich antworte, ich bin zur Zeit sehr beschäftigt, weil ich gerade einen Ratgeber für König D. baue. Mit einem Gruß an Dich und den untertänigsten Empfehlungen an Deinen Herrn bin ich Dein Konstrukteur Trurl

Dieser Brief erregte natürlich das Mißtrauen der vielianischen Geheimpolizei und wurde peinlich genau untersucht.

Man fand jedoch keinerlei geheime Chemikalien im Papier, und auch die sorgfältige Prüfung der die Erdbeerpflanze darstellenden Zeichnung im Hinblick auf darin verborgene Zahlen blieb ergebnislos. Dieser Umstand rief ungeheure Aufregung im Hauptquartier der Polizei hervor, der Brief wurde mehrfach photographiert, kopiert und von Hand abgeschrieben, das Original jedoch erhielt ein funkelnagelneues Siegel und wurde dem Adressaten zugestellt. Der Ratgeber las das Schreiben und war bestürzt, denn er begriff sehr wohl, daß dies ein Schachzug Trurls war, der ihn kompromittieren, wenn nicht gar ruinieren sollte. Daher erzählte er dem König sogleich von dem Brief und stellte Trurl als üblen Schurken hin, der es darauf abgesehen habe, ihn in den Augen des Königs zu diskreditieren; dann versuchte er, die Botschaft zu dechiffrieren, denn er war sicher, daß die unschuldigen Worte nur eine Maske waren, hinter der die finstersten Scheußlichkeiten verborgen lagen.

Plötzlich unterbrach der schlaue Ratgeber seine Arbeit, legte den Kopf schief und dachte nach; dann stand er auf und teilte dem König mit, er wolle Trurls Brief dechiffrieren, um dessen perfide Intentionen zu entlarven. Dazu besorgte er sich die notwendige Menge an Stativen, Filtern, Trichtern, Reagenzgläsern und Chemikalien, um eine äußerst komplizierte Analyse des Kouverts und des Briefpapiers vorzunehmen. All das wurde genauestens von der Geheimpolizei überwacht, die in die Wände seiner Gemächer die üblichen Horch— und Spähapparaturen eingebaut hatte. Als die Chemie versagte, machte sich der Ratgeber an die Kryptoanalyse des Textes selbst, indem er ihn zunächst unter Zuhilfenahme der Logarithmentafel und elektronischer Rechenmaschinen in endlose Zahlenkolonnen verwandelte. Er ahnte nicht, daß die besten Spezialisten der Polizei, angeführt vom Code— und Feldmarschall selbst, jede seiner Operationen nachvollzogen. Je länger die vergeblichen Anstrengungen der Spezialisten dauerten, desto unruhiger wurde man im Hauptquartier der Polizei, denn allen Fachleuten war klar, daß der, der allen Versuchen ihn zu knacken widerstand, zu den raffiniertesten gehören mußte, die jemals angewandt wurden. Der Marschall sprach davon zu einem Höfling, der den Ratgeber schon seit langem um die Gunst des Königs beneidete. Dieser Höfling, dem an nichts mehr gelegen war, als im Herzen des Königs Zweifel zu säen, erzählte Mandrillion, sein erklärter Favorit habe sich eingeschlossen und verbringe ganze Nächte damit, den verdächtigen Brief zu studieren. Der König lachte und sagte, darüber sei er bestens informiert, denn der Ratgeber habe ihm selbst davon Mitteilung gemacht. Der neidische Höfling verstummte verwirrt und hinterbrachte die Nachricht sogleich dem Marschall.