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„Was wünschen Hoheit denn nun wirklich von mir?“

„Edler Konstrukteur!“ antwortete Daumenschraub. „Du sagst, deine Geschichten seien belehrender Natur, doch ich kann das nicht finden. Sie sind jedoch, wie ich zugeben muß, erheiternd, und daher ist es mein Wunsch, daß du mir mehr und mehr erzählst und gar nicht wieder aufhörst.“

„Mein König!“ antwortete Trurl. „Du wolltest von mir erfahren, was Vollkommenheit ist, und wie man sie erlangen kann, erweist dich jedoch als unempfänglich für die tiefen Gedanken und Wahrheiten, von denen meine Geschichten erfüllt sind. Wahrlich, du suchst Erheiterung, nicht Weisheit — doch wenn du mir gut zuhörst, so werden meine Worte deinen Geist nach und nach durchdringen, bis sie in ihm die Wirkung einer Zeitbombe entfalten. Erlaube mir, daß ich dir in dieser Hoffnung von einem ebenso verwickelten wie ungewöhnlichen und beinahe wahren Ereignis berichte, aus dem auch deine königlichen Ratgeber nützliche Lehren ziehen können.

Wohlan, edle Herren, so hört denn die Geschichte von Voluptikus, König der Kymbern, Deutonen und Halbgargoten, den seine Lüsternheit ins Verderben stürzte. Voluptikus entstammte dem großen Geschlecht der Gewindianer, das in zwei Hauptzweige gespalten war: Die Rechtsdrehenden Gewindianer, die an der Macht waren, und die Linksdrehenden, die von selbiger ausgeschlossen und daher von Haß gegen ihre herrschenden Vettern erfüllt waren. Voluptikus' Erzeuger, Cholerion, war eine morganatische Ehe mit einer ganz gewöhnlichen Maschine eingegangen, die Brandsohlen an Stiefelschäfte nähte, und so hatte der König von der mütterlichen Linie eine Passion für das Schusterhandwerk geerbt, von der väterlichen hingegen Furchtsamkeit, gepaart mit einem ausgeprägten Hang zur Sinnenfreude. Den Feinden des Throns, den Linken Gewindianern, blieb das nicht verborgen, und so sannen sie über Mittel und Wege nach, um ihm seine eigenen lüsternen Neigungen zum Verhängnis werden zu lassen. Und daher schickten sie einen Kybernerianer zu ihm, einen Seeleningenieur namens Perfidolin, den der König rasch so liebgewann, daß er ihn zum Thaumaturgen und Apotheotiker der Krone ernannte. Der listige Perfidolin ersann verschiedene Mittel, um Voluptikus' zügellose Leidenschaften zu befriedigen, wobei er insgeheim hoffte, den König so zu schwächen und von Kräften zu bringen, daß der Thron am Ende verwaist sein würde. Er baute ihm einen Techtelmechtel-Tempel und ein Erotodrom, veranstaltete eine Kyborgie nach der anderen, doch die eiserne Natur des Königs hielt allen Strapazen dieses wüsten Treibens stand. Die Linken Gewindianer wurden ungeduldig und verlangten von ihrem Agenten, er möge all seine Listen und Ränke in die Waagschale werfen, um das heißersehnte Ziel so rasch wie möglich zu erreichen.

„Wollt ihr“, fragte er sie bei einem konspirativen Treffen in den Katakomben des Schlosses, „daß ich den König kurzschließe oder sein Elektronengehirn entmagnetisiere, damit er völlig den Verstand verliert?“

„Niemals!“ sagten sie. „Niemand darf eine Handhabe besitzen, um uns den Tod des Königs anzulasten. Möge Voluptikus an seinen eigenen Gelüsten ersticken, mag ihn die Wollust zugrunderichten und töten, doch nicht wir!“

„Gut“, sagte Perfidolin. „Er wird in eine Schlinge hineintappen, gewoben aus Träumen; zunächst soll ihn ein Köder locken, den er begierig schlucken wird, ist das geschehen, wird er aus eigenem Antrieb Trugbildern und Hirngespinsten nachjagen, und wenn er in die Träume eingetaucht ist, die in den Träumen lauern, so werde ich ihn so gründlich mit kyberotischen Fieberphantasien umgarnen, daß er lebendig nie mehr in die Wirklichkeit zurückfindet!“

„Sehr gut“, sagten sie. „Doch prahle nicht, Kybernerianer, denn es sind nicht Worte, sondern Taten, die wir brauchen, auf daß Voluptikus zum Autoregizida, d.h. zum Mörder seiner selbst wird!“

Und der Kybingenieur Perfidolin machte sich ans Werk und arbeitete ein ganzes Jahr an seinem furchtbaren Plan, wobei er aus der königlichen Schatzkammer immer neue Barren von Gold, Silber und Platin sowie Edelsteine ohne Zahl anforderte; als Voluptikus gegen diese Verschwendung protestierte, erzählte er, er baue etwas für ihn, was kein anderer Monarch auf der ganzen Welt besitze.

Nachdem ein Jahr vergangen war, wurden drei riesige Schränke in feierlicher Prozession aus Perfidolins Werkstatt getragen; man mußte sie im kleinen Saal vor den königlichen Privatgemächern aufstellen, denn sie paßten nicht durch die Tür. Alarmiert durch dumpfes Poltern und den schweren Schritt der Träger, kam Voluptikus heraus und erblickte die Schränke an der Wand, prunkvoll und massiv, vier Klafter hoch, zwei Klafter breit, mit Edelsteinen besetzt. Der erste, auch der Weiße Schrein genannt, war ganz mit Perlmutt und funkelnden Albiten inkrustiert, der zweite, schwarz wie die Nacht, ganz mit Agaten und Morionen, der dritte hingegen, beschlagen mit Rubinen und Spinellen, erglühte in dunklem Rot. Jeder hatte Füße, geschmückt mit geflügelten Greifen, aus purem Gold, und einen polierten Pilasterrahmen, im Innern aber steckte ein Elektronengehirn voll von Träumen, die sich selbst träumten, ohne dazu jemanden als Zeugen oder Teilhaber zu benötigen. Der König war sehr erstaunt, als er diese Erklärungen hörte und rief aus:

„Was erzählst du da, Perfidolin? Träumende Schränke? Was, zum Teufel, soll mir das? Welchen Nutzen habe ich davon? Und woher weiß man überhaupt, daß sie tatsächlich etwas träumen?“

Da verbeugte sich Perfidolin ehrerbietig und zeigte ihm Reihen kleiner Löcher, die im Rahmen jedes Schranks von oben nach unten liefen; neben jedem Loch war ein Perlmuttäfelchen mit einer Inschrift eingelassen, und der verblüffte König las:

„Kriegerischer Traum mit Zitadellen und Demoisellen“ — „Durch Liebesessenz zur Schraubenpotenz“ — „Traum vom Ritter Flinkian und der schönen Trotteleide, Tochter des Hetärikus“ — „Traum vom Kybermariechen und ihrem Kybermariner“ — „Prinzessin Hopsalas Himmelbett“ — „Der alte Soldat oder die Kanone ohne Pulver und Blei“ — „Salto erotale oder amouröse Akrobatik“ — „Süßer Traum in den achtfachen Armen der zärtlichen Oktopauline“ — „Perpetuum amorobile“ — „Kommt die Fastenzeit herbei, schmeckt uns auch der Kohl aus Blei“ — „Frühstück mit Jungfrauen und Musik“ — „Wie man die Sonne in ein Watt-Meer verwandelt, damit sie holde Wärme ausstrahlt“ — „Königin Blödianas Hochzeitsnacht“ — „Traum vom Schrott im Brot“ — „Traum vom doppelten Korn“ — „Von Samt, Seide und Häschen“ — „Kyborgien und andere Schäferspiele oder Feigen ohne Blätter und andere verbotene Früchte“ — „Wie Lachtäubchen und Weintäubchen einander so lieb hatten“ — „Traum voller Wollust und Liederlichkeit mit Röstzwiebeln“ — „Mona Lisa oder das Labyrinth der süßen Unendlichkeit“.

Der König ging zum zweiten Schrank und las unter der Überschrift „Traumspielchen zur Zerstreuung und Unterhaltung“: „Galgenstrick und Galgenstrickerin“ — „Das Scharfe Salz— und Pfefferspiel“ — „Klopstock und Kritiker“ — „Jungfrauenspiel, viechisch-römisch“ — „Immer in die Schnauze“ — „Bettdecke und Ventilator“ — „Back die Kontemplätzchen“ — „Noch einmal, immer in die Schnauze“ — „Von Fürsten im Bett und Bürsten im Fett“ — „Kopfabspiel oder eins, zwei, drei, wer hat das Beil?“ — „Hol dich der Kyberkuckuck!“ — „Kyborgott und Kyborgöttin“ — „Eene, meene, muh, ins Glas schaust du!“ — „Kybajadere“ — „Kyberber und Kybernante“ — „Haremsrennen“.