„Genug! Genug!!!“ rief der Mäuler. „Halt ein! Was nützt es, wenn sich diese Atome so fügen, wenn sie gleich wieder auseinanderfliegen, ich glaube auch nicht, daß man unschätzbare Wahrheiten von allerlei Gehampel und Gehüpfe isolieren kann, das keinen Sinn hat und niemand frommt!“
„Du bist ja wirklich weniger dumm, als ich angenommen habe“, sagte Trurl, „die Schwierigkeit besteht wirklich nur darin, wie man diese Selektion in Gang setzen soll. Und ich habe gar nicht die Absicht, dich von ihrer Möglichkeit theoretisch zu überzeugen, sondern ich werde, wie versprochen, gleich hier, auf der Stelle, den Dämon Zweiter Ordnung bauen, damit du dich mit eigenen Augen von der wunderbaren Vollkommenheit dieses Allinformators über zeugen kannst! Du brauchst mir nichts weiter als eine Schachtel oder eine Kiste zu geben; sie kann klein sein, aber sie muß dicht halten; wir machen darin mit einer Nadelspitze ein kleines Loch und setzen über diese Öffnung den Dämon; er wird breitbeinig darauf sitzen und nur sinnvolle Informationen aus dem Kasten herauslassen, sonst nichts. Wenn sich nämlich irgendein Häufchen Atome zufällig so zusammenfügt, daß es etwas bedeutet, dann packt sie der Dämon gleich am Kragen und schreibt diese Bedeutung auf einen Papierstreifen, von dem ich einen ganzen Haufen bereitschaffen muß, denn er wird Tag und Nacht arbeiten — bis der Kosmos aufgehört hat, nicht früher… Und das hundertmilliardenmal pro Sekunde, du wirst es gleich selbst erleben; so nämlich arbeitet der Dämon Zweiter Ordnung.“
Mit diesen Worten begab sich Trurl zum Raumschiff, um den Dämon anzufertigen; Mäuler fragte indes den Klapauzius: „Und wie ist der Dämon Erster Ordnung beschaffen?“
„Ach, der ist weniger interessant, ein gewöhnlicher thermodynamischer Dämon, der nur soviel kann, daß er die schnellen Atome durch die Öffnung läßt und die langsamen nicht; auf diese Weise entsteht dann ein thermodynamisches Perpetuum mobile. Mit Information hat das jedenfalls nichts zu tun, schaff also lieber das Gefäß mit dem Loch herbei, Trurl ist nämlich gleich wieder da!“
Der diplomierte Räuber begab sich in einen zweiten Keller, polterte dort mit den Blechen, fluchte und wetterte, türmte Eisengerümpel auf, wühlte darin herum, bis er schließlich ein leeres altes Eisenfaß hervorkramte, ein kleines Loch darein bohrte und damit zurückkehrte, und da nahte auch schon Trurl, den Dämon in der Hand.
Das Faß war voll Luft, die so faulig war, daß die Nase geradezu abfallen wollte, wenn man sie an die Öffnung hielt, aber dem Dämon machte das nichts aus; Trurl setzte dieses winzige Etwas mit gespreizten Beinen über dem kleinen Loch aufs Faß, brachte eine große Trommel mit Papierband an und führte dieses unter den Brillantschreiber, der vor Lust zitterte, und das Klopfen begann — tak — tak, tak — tak, wie in einem Telegraphenamt, aber eine Million Mal schneller. Das kleine Schreibzeug mit dem winzigen Brillanten an der Spitze zitterte und vibrierte nur so, und das Informationsband glitt langsam mit dem Text auf den sehr schmutzigen, über die Maßen verdreckten Kellerfußboden.
Der Räuber Mäuler hockte sich neben das Faß, hielt das Papierband an seine hundert Augen und las ab, was der Dämon da als Informationssieb aus dem ewigen atomaren Gehüpfe herausfischte; und die wichtigen Inhalte fesselten ihn gleich dermaßen, daß er gar nicht merkte, wie die beiden Konstrukteure um so rascher den Keller verließen, ihr Schiff an den Steuervorrichtungen packten, einmal, zweimal, dreimal daran zerrten, bis sie es aus der Falle gezogen hatten, in die es der Räuber gestoßen hatte, hineinsprangen und so sehnell davonrasten, wie sie nur konnten; denn obwohl sie wußten, daß ihr Dämon tätig war, argwöhnten sie, daß die Ergebnisse dieser Wirkung Mäuler mit größerem Reichtum ausstatten würden, als es wünschenswert war. Dieser aber saß ans Faß gelehnt und las beim Piepsen des Brillantschreibers, mit dem der Dämon auf dem Papierband alles niederschrieb, was er von den zitternden Atomen erfuhr, darüber, wie sich die arlebardischen Gliederfüßler gliedern und daß die Tochter des Königs Petricius aus Labaudien Garbunda hieß, und was Friedrich II., der König der Blasser, zum Zweiten Frühstück aß, als er den Guendolinern den Krieg erklärte, und wie viele Elektronenhüllen ein Termionoliumatom besäße, wenn ein solches Element möglich wäre, und wie groß die Abmessungen des hinteren Lochs des kleinen Vogels sind, welcher Krugelhahn heißt und von den Lockschwänigen Marleien auf Ramphoren gemalt wird, ebenso über die drei polyaromatischen Geschmacksarten des ozeanischen Schwamms auf Aquatien und über das Blümchen Wiedehopf, das vor Rührung über die Morgenröte mit allem Ungestüm die altmälfischen Jäger zum alten Eisen legte, auch darüber, wie man die Formel für den Kosinus des Winkels der Basis des Vielecks, Ikoseder genannt, deduziert und wer der Juwelier des Falucius, jenes linkshändigen Schlächters der Buwanten, war und wie viele philatelistische Schriften im Jahre siebzigtausend auf Markonautien erscheinen werden und wo sich die kleine Leiche der Schönfersigen Kybricja befinde, die ein gewisser Malkonder im trunkenen Zustand mit einem Nagel durchbohrte, auch wodurch sich ein Kritiker von einem Haarspalter unterscheide, desgleichen, wer im Kosmos die kleinste Längsjätedecke besitze und warum drachenhintrige Flöhe kein Moos essen wollen, worin das Spiel „Herunterziehen des Hinteren Baluciers“ bestehe und wie viele Samenkörner von Löwenkraut sich in dem Häufchen befanden, das Burkan der Blättrige mit dem Fuß anstieß, als er beim achten Kilometer der Chaussee nach Albazia im Tal der Greisen Seufzer ausrutschte — und nach und nach wurde er fuchsteufelswild, denn ihm schwante, daß er all diese gänzlich echten und über die Maßen sinnvollen Informationen überhaupt nicht brauchte, denn sie waren wie Kraut und Rüben, wovon einem der Kopf platzen wollte und die Füße zitterten.
Der Dämon Zweiter Ordnung arbeitete mit einer Geschwindigkeit von dreihundert Millionen Informationen in der Sekunde, der Papierstreifen ringelte sich bereits meilenweit und bedeckte nach und nach den diplomierten Räuber mit seinen Schleifen, es war, als würde er in weiße Spinnweben eingesponnen, und der kleine Brillant des Schreibers zitterte wie rasend, und der Räuber glaubte, er werde nun gleich unerhörte Dinge erfahren, solche, die ihm die Augen auf das Wesen des Seins öffnen würden, also las er alles, was unter dem kleinen Brillanten hervorsprudelte, und das waren Trinklieder der Kwaidonesen, die Größen der Nachtpantoffeln mit Troddeln auf dem Kontinent Gonduana, die Dicke der Haare, die auf der Kupferstirn des Euerburger Tausendfüßlers wachsen, und die Breite der Fontanellen bei den Futtersäuglingen und die sechs Methoden, eine Grießsuppe zu kochen, und wirksames Gift für Tanten und die Art, wie man bis zur Übelkeit kitzelt, und alle Namen auf M der Einwohner von Finsterangstglauba und die Beschreibungen des vom Schimmel befallenen Bieres… Ihm wurde von alledem dunkel vor Augen, und er brüllte laut los, denn er hatte es satt, doch hatte ihn bereits die Information mit dreihunderttausend Papiermeilen umwickelt und gefesselt, so daß er sich nicht mehr rühren konnte und weiterlesen mußte, darüber, welchen Anfang des zweiten „Dschungelbuches“ Rudyard Kipling geschrieben hätte, wenn ihn damals Bauchschmerzen geplagt hätten, und woran ein von Ehelosigkeit geplagter Walfisch denkt, welcher Art das Liebeswerben der weißen Fliegenpilze sei, wie man einen alten Sack stopfe, was Amüsierschoten sind, warum man Schmied und Schneider und nicht Schneid und Schmieder sage, wie viele blaue Flecke man auf einmal haben könne, dann folgte eine Reihe von Merkmalen zur Unterscheidung von Trillern und Aprikosen: die ersten seien kahl, die anderen hätten Härchen, ferner welches die Reime zu dem Wort „Kohl“ seien und mit welchen Worten Papst Ulm von Pendera den Antipapst Mulma beleidigt habe und wer eine Kammbläse besitze. Hier nun vermochte er in äußerster Verzweiflung, sich aus dem Papiergewirr zu befreien, bald jedoch verließen ihn die Kräfte; er stieß die Papierstreifen zurück, zerriß sie und warf sie beiseite, aber er hatte viel zu viele Augen, als daß nicht wenigstens durch einige ein paar neue Informationen drangen, also erfuhr er gezwungenermaßen, welches die Kompetenzen eines Nachtwächters in Indochina sind und weshalb die Nadojderer aus Flutorsien stets behaupten, sie seien verweht worden. Doch da schloß er die Augen und erstarrte, erdrückt von der Informationslawine, der Dämon indes wickelte ihn weiter in die Papierstreifen ein und strafte somit auf entsetzlichste Weise den diplomierten Räuber Mäuler für seine maßlose Gier nach jedwedem Wissen.