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Es dauerte nicht lange, bis die Kunde vom Elektropoeten zu den wahren — d.h. den ganz gewöhnlichen Dichtern drang. Zutiefst beleidigt beschlossen sie, die Existenz einer derartigen Maschine zu ignorieren. Dennoch gab es einige, die von Neugier geplagt wurden und Trurls Elektrobarden einen Besuch abstatteten. Er empfing sie höflich in der Halle, die mit ganzen Stößen engbeschriebenen Papiers vollgestopft war, denn er produzierte seine Poesie Tag und Nacht, ohne Pause. Die Dichter waren samt und sonders Avantgardisten, der Elektrobarde hingegen schrieb ausschließlich im traditionellen Stil, denn Trurl, der von Lyrik nicht allzuviel verstand, hatte ganz auf die Klassiker gesetzt, als er den Barden programmierte. Daher machten sich die Gäste über den Elektrobarden lustig und verspotteten ihn so sehr, daß ihm um ein Haar sämtliche Kathodenröhren geplatzt wären. Danach verließen sie die Stätte ihres Triumphs mit stolzgeschwellter Brust. Die Maschine war jedoch selbstprogrammierend und verfügte obendrein über spezielle Ehrgeizverstärker mit ruhmsuchenden Stromkreisen, und daher vollzog sich bald eine tiefgreifende Änderung. Ihre Gedichte wurden dunkel, mehrdeutig, magisch und so symbolbeladen, daß sie nicht mehr zu verstehen waren. Als die nächste Gruppe von Dichtern eintraf, um Hohn und Spott über den Elektrobarden auszugießen, antwortete er mit einer kleinen Improvisation, die so modern war, daß ihnen der Atem stockte. Das zweite Gedicht hatte eine so starke Wirkung, daß ein bekannter Poet der älteren Generation, der es zu zwei Staatspreisen und einem Denkmal im städtischen Park gebracht hatte, in eine tiefe Ohnmacht fiel. Danach konnte kein Dichter dem fatalen Zwang widerstehen, mit Trurls Elektrobarden die literarische Klinge zu kreuzen. Sie kamen von nah und fern und schleppten Aktentaschen, ja ganze Koffer voller Manuskripte mit sich. Der Elektrobarde ließ jeden Herausforderer rezitieren, erfaßte im Nu den Algorithmus seines Gedichts und benutzte ihn, um eine Antwort in genau demselben Stil zu verfassen, nur daß sie zweihundertzwanzig bis dreihundertsiebenundvierzig mal besser war.

Nach kurzer Zeit hatte es die Maschine hierin zu einer solchen Fertigkeit gebracht, daß sie einen erstklassigen und hochangesehenen Dichter mit ein oder zwei Sonetten völlig am Boden zerstörte. Doch das Allerschlimmste war, daß bei diesen Duellen um die Palme der Dichtkunst nur die drittklassigen Poeten keinerlei Narben davontrugen — drittklassig, wie sie waren, konnten sie gute Lyrik nicht von schlechter unterscheiden und hatten daher keine blasse Ahnung, wie vernichtend ihre Niederlagen waren. Nur einer von ihnen brach sich ein Bein, als er nämlich über ein episches Gedicht stolperte, das die Maschine gerade beendet hatte — ein gewaltiges Werk, welches mit folgenden Worten begann:

Ihr Kinder, junge Sprossen aus dem alten Stamm Der Robos, was klagt ihr wie ein Opferlamm, Weshalb erschallt Wehklagelaut und Bittgesang?

Die wahren Dichter hingegen wurden vom Elektrobarden dezimiert, wenngleich nur auf indirekte Weise, denn selbstverständlich krümmte er ihnen kein Haar. Zunächst begingen ein in Ehren ergrauter Lyriker sowie zwei Avantgardisten Selbstmord; sie sprangen von einer Felsklippe, die durch eine fatale Verkettung der Umstände genau an der Straße lag, welche von Trurls Behausung zur nächsten Bahnstation führte.

Die Dichter beriefen sogleich mehrere Protestversammlungen ein und verlangten, man möge die Maschine versiegeln und ihr von Amts wegen jede schöpferische Tätigkeit untersagen. Doch mit dieser Forderung fanden sie keinerlei Resonanz in der Öffentlichkeit. Die Zeitungsredaktionen waren äußerst zufrieden, denn Trurls Elektrobarde, der unter einigen tausend Pseudonymen zugleich schrieb, hielt für jede Gelegenheit ein Gedicht parat, selbstverständlich in der passenden Länge und von so hoher Qualität, daß eifrige Leser einander die druckfeuchten Zeitungen aus der Hand rissen. Auf der Straße sah man verzückte Gesichter und geistesabwesende Mienen, bisweilen waren auch leise Seufzer zu hören. Jedermann kannte die Gedichte des Elektrobarden, die Luft erzitterte unter seinen herrlichen Reimen; empfindsamere Naturen fielen nicht selten in Ohnmacht, wenn sie von besonders gelungenen Metaphern oder Assonanzen ins Herz getroffen wurden. Doch auch auf diese Eventualitäten war der Gigant der Inspiration vorbereitet, denn er produzierte auf der Stelle die notwendige Anzahl aufmunternder Sonette.

Trurl selbst hatte im Zusammenhang mit seiner Erfindung eine Menge Ärger. Die Traditionalisten, zumeist ältere Leute, waren recht harmlos, wenn man einmal von den regelmäßig die Fensterscheiben durchschlagenden Steinen sowie von gewissen, unaussprechlichen Substanzen absieht, mit denen sie die Wände seines Hauses zu beschmieren pflegten. Schlimmer war es mit den jüngeren Dichtern. Einer von ihnen, dessen Lyrik sich durch ebensolche Kraft auszeichnete wie sein Körper, ließ es sich nicht nehmen, Trurl jämmerlich zu verprügeln. Und während der Konstrukteur noch im Krankenhaus lag, nahmen die Ereignisse ihren Lauf. Kein Tag verging ohne einen Selbstmord oder eine Beerdigung. Vor den Toren des Krankenhauses patrouillierten bewaffnete Posten, und in der Ferne war Gewehrfeuer zu hören, anstelle von Manuskripten brachten die Dichter mehr und mehr Gewehre in ihren Koffern mit, um dem Elektrobarden den Garaus zu machen. Doch ihre Kugeln konnten seiner stählernen Natur nichts anhaben. Nach Rückkehr aus dem Krankenhaus — körperlich geschwächt und seelisch am Ende seiner Kraft — beschloß Trurl eines Nachts, den von ihm selbst geschaffenen homöostatischen Homer mit eigener Hand zu zerstören.

Doch als er sich immer noch leicht hinkend der Maschine näherte, da bemerkte sie die Drahtzange in seiner Hand sowie den grimmigen Glanz in seinen Augen und flehte in makellosen Versen so leidenschaftlich um Gnade, daß der Konstrukteur in Tränen ausbrach, das Mordwerkzeug fallen ließ und in sein Schlafzimmer zurücklief, wobei er durch die neuesten Werke des Elektrogenies waten mußte, durch einen Ozean von Papier, der die ganze Halle bis zur Hüfthöhe füllte und unablässig raschelte.

Als aber im nächsten Monat die Stromrechnung kam und Trurl sah, wieviel der Elektrogigant verbraucht hatte, wurde ihm schwarz vor Augen. Wie gern hätte er seinen alten Freund Klapauzius um Rat gefragt, doch der blieb verschwunden, als habe ihn der Erdboden verschluckt. So mußte sich Trurl selbst etwas einfallen lassen. In einer mondlosen Nacht schnitt er der Maschine die Stromzufuhr ab, nahm sie auseinander, verlud sie auf ein Raumschiff, flog zu einem winzigen Planetoiden, baute sie dort wieder zusammen und versah sie mit einem Atommeiler, um die Quelle ihrer schöpferischen Energie nicht versiegen zu lassen.

Dann kehrte er in aller Heimlichkeit nach Hause zurück, doch damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Der Elektrobarde, der Möglichkeit beraubt, seine Meisterwerke zu publizieren, begann sie nun auf allen Wellenlängen über den Äther auszustrahlen, wodurch er Besatzung und Passagiere vorbeifahrender Raumschiffe in lyrische Zustände völliger Apathie versetzte, während empfindsamere Naturen sogar von schweren Attacken ästhetischer Ekstase heimgesucht wurden. Nachdem es die Ursache dieser Störungen festgestellt hatte, richtete das Oberste Kosmische Flottenkommando eine offizielle Aufforderung an Trurl, die von ihm konstruierte Apparatur unverzüglich zu vernichten, da sie eine ernste Gefahr für Leben und Gesundheit aller Reisenden darstelle.

Trurl sah keinen Ausweg, er mußte sich verstecken. Daraufhin entsandte man ein Team von Technikern auf den Planetoiden mit dem Auftrag, die lyrische Datenausgabe des Elektropoeten zu plombieren. Doch der Barde betörte sie mit ein paar herrlichen Balladen, und die Mission schlug fehl. Man schickte taube Techniker, sie erlagen dem Zauber lyrischer Pantomime. Nun diskutierte man bereits öffentlich die Möglichkeit einer Strafexpedition, ja sogar die Bombardierung des Elektropoeten. Doch just zu diesem Zeitpunkt erschien ein Herrscher aus einem benachbarten Sternensystem, kaufte die Maschine und ließ sie mitsamt dem Planetoiden in sein Königreich transportieren.