Mein seliger Vater Lexington Johns hatte eine Autowerkstätte und impfte mir die Leidenschaft zu diesem Beruf ein. Als Siebzehnjähriger nahm ich erstmals an einem Autorennen teil. Seither startete ich berufsmäßig siebenundachtzigmal und habe bis heute sechzehn erste Plätze errungen, einundzwanzig zweite… Richter:
Danke, diese Einzelheiten sind für den Fall unwesentlich. Johns:
Drei Goldpokale, drei Goldpokale… Richter:
Danke, habe ich gesagt. Johns:
Und einen silbernen Kranz. Donovan, Präsident der Cybernetics Comp.:
Da! Er hat sich verklemmt! Johns:
Darauf können Sie lang warten! Richter:
Bitte um Ruhe! Haben Sie einen Rechtsvertreter? Johns:
Nein. Ich verteidige mich selbst. Meine Sache ist so lauter wie Kristall. Richter:
Wissen Sie, welche Forderungen die Cybernetics Company Ihnen gegenüber geltend macht? Johns:
Ich weiß. Ich bin das Opfer der schurkischen Tätigkeit tückischer Finanzhaie… Richter:
Danke. Herr Bevollmächtigter Jenkins, würden Sie dem Gericht den Gegenstand der Klage darlegen? Anwalt:
Sehr wohl, Herr Richter. Vor zwei Jahren erlitt der Beklagte bei einem Autorennen in der Nähe von Chicago einen Unfall und verlor ein Bein. Damals wandte er sich an unsere Firma. Die Cybernetics Company erzeugt bekanntlich Arm— und Beinprothesen, Kunstnieren, Kunstherzen und andere Ersatzorgane. Der Beklagte bezog gegen Teilzahlung eine linke Beinprothese und erlegte die erste Rate. Vier Monate später wandte er sich neuerlich an uns, diesmal bestellte er Prothesen zweier Arme, eines Brustkorbs und eines Genicks. Johns:
Quatsch! Das Genick, das war im Frühling, nach dem Bergrennen! Richter:
Unterbrechen Sie nicht. Anwalt:
Nach dieser zweiten Transaktion belief sich die Verschuldung des Beklagten an die Firma auf 2967 Dollar. Nach weiteren fünf Monaten wandte sich namens des Beklagten dessen Bruder an uns. Der Beklagte weilte damals im Monte-Rosa-Krankenhaus bei New York. Der neuen Bestellung gemäß lieferte die Firma nach Erhalt einer Anzahlung eine Reihe von Prothesen, deren Einzelaufzählung bei den Akten liegt. Dort figuriert unter anderem als Ersatz für eine Großhirnhalbkugel ein Elektronengehirn Marke Geniox zum Preis von 26 500 Dollar. Hohes Gericht, bitte die Tatsache zu beachten, daß der Beklagte bei uns die Luxusausführung des Geniox bestellt hat, mit Stahlröhren, farbentreuer Traumbildanlage, Stimmungsentstörer und Sorgendämpfer, obwohl dies die finanziellen Möglichkeiten des Beklagten klar überstieg. Johns:
Freilich, das tät' euch so passen, wenn ich jetzt mit eurem Serienkleinsthirn herumholpern müßte! Richter:
Bitte um Ruhe! Anwalt:
Daß der Beklagte in der bewußten böswilligen Absicht handelte, der Firma die bezogenen Teile nicht zu bezahlen, davon zeugt auch die Tatsache, daß er bei uns keine gewöhnliche Armprothese bestellte, sondern eine Spezialprothese mit eingebauter Schweizer Uhr Marke Schaffhausen mit achtzehn Steinen. Als die Schuld des Beklagten auf 29 863 Dollar angestiegen war, klagten wir auf Rückgabe aller bezogenen Prothesen. Jedoch das Staatsgericht wies unsere Klage mit der Begründung ab, daß ihn der Entzug der Prothesen um das weitere Dasein gebracht hätte. Zu jener Zeit war nämlich von dem ehemaligen Mister Johns nur noch die eine Gehirnhälfte übrig. Johns:
Was heißt „ehemaliger Johns“? Wirst du von der Firma für Schimpfwörter bezahlt, Prozeßverpfuscher? Richter:
Bitte um Ruhe. Wenn Sie die klagende Partei nochmals beleidigen, Mister Johns, dann werde ich Sie mit einer Geldbuße bestrafen. Johns:
Aber er beleidigt doch mich! Anwalt:
In diesem Zustand, das heißt, verschuldet und prothesenbestückt bis über beide Ohren bei der Cyberneties Company, die ihm soviel Güte bezeigt und im Nu alle seine Wünsche erfüllt hat, begann der Beklagte öffentlich nach allen Seiten unsere Erzeugnisse anzuschwärzen und über ihre Qualität zu meckern. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab, nach drei weiteren Monaten bei uns vorzusprechen. Er klagte über eine Reihe von Beschwerden und Gebrechen, die sich, wie unsere Experten feststellten, daraus ergaben, daß sich seine alte Hirnhalbkugel in der neuen, sozusagen zur Gesamtprothese gewordenen Umgebung nicht wohl fühlte. Aus Menschenfreundlichkeit ließ sich die Firma nochmals herbei, die Bitte des Beklagten zu erfüllen und ihn ganz zu genialisieren, das heißt, seinen eigenen alten Gehirnteil durch einen genauen Zwilling des bereits eingebauten Apparats Marke Geniox zu ersetzen. Für diese neue Forderung stellte uns der Beklagte Wechsel auf die Summe von 26 950 Dollar aus, wovon er bis heute lediglich 232 Dollar und 18 Cents bezahlt hat. In Anbetracht des geschilderten Sachverhalts… Hohes Gericht, der Beklagte sucht mir böswillig das Reden zu erschweren, indem er mich mit allerlei Gezisch, Gezwitscher und Geknirsche übertönt. Hohes Gericht, bitte ihn zu vermahnen! Richter:
Herr Johns… Johns:
Das bin nicht ich, das ist mein Geniox. Der macht das immer, wenn ich intensiv denke. Bin ich etwa für die Cybernetics Comp. verantwortlich? Das hohe Gericht kann Herrn Präsidenten Donovan vermahnen, für diese Pfuscharbeit! Anwalt:
Dem geschilderten Sachverhalt entsprechend ersucht die Firma das Gericht, ihrer Forderung stattzugeben und ihr die vollen Eigentumsrechte an dem von ihr hergestellten, hier im Gerichtssaal befindlichen, eigenmächtig aufmuckenden Prothesengefüge zuzuerkennen, das sich unrechtmäßig für Harry Johns ausgibt. Johns:
So eine Frechheit! Und wo ist Johns, Ihrer Ansicht nach, wenn nicht hier? Anwalt:
Hier im Saal ist Johns nicht, denn die irdischen Überreste dieses bekannten Rennchampions ruhen verstreut an verschiedenen Autobahnen in ganz Amerika. Durch ein Gerichtsurteil zu unseren Gunsten wird demnach keine physische Person geschädigt, da die Firma nur das in Besitz nehmen wird, was von der Nylonhülle bis zum letzten Schräubchen rechtens ihr gehört! Johns:
Freilich! In Stücke wollen mich die zerlegen, in Prothesen! Präsident Donovan:
Was wir mit unserem Eigentum tun, das geht Sie nichts an! Richter:
Herr Präsident, ich ersuche Sie höflichst, Ruhe zu bewahren. Danke, Herr Bevollmächtigter. Was haben Sie zu sagen, Mister Johns? Anwalt:
Herr Richter, zu der Hauptsache möchte ich noch bemerken, daß der Beklagte im Grunde genommen gar kein Beklagter ist, sondern ein materieller Gegenstand, der behauptet, sich selbst zu gehören. Da er jedoch in Wirklichkeit nicht lebt… Johns:
Sie, kommen Sie mal rüber zu mir, dann zeig ich Ihnen, ob ich lebe oder nicht! Richter:
Tja… Hm, das ist wirklich ein sehr, sehr merkwürdiger Fall. Hm… Herr Bevollmächtigter, diese Frage der Belebtheit beziehungsweise Unbelebtheit des Beklagten lasse ich vorläufig in Schwebe, bis zum Ergehen des Urteils, da andernfalls der normale Gang des Verfahrens erschwert würde. Sie haben jetzt das Wort, Mister Johns. Johns:
Hohes Gericht, und ihr, Bürger der Vereinigten Staaten, ihr, die ihr die schurkischen Anschläge eines Großkonzerns auf das Leben einer freien denkenden Persönlichkeit vor euch seht… Richter:
Bitte nur zum Gericht zu sprechen. Sie sind hier nicht bei einer Demonstration. Johns:
Sehr wohl, Herr Richter. Die Sache steht so: ich habe von der Firma Cybernetics wirklich ein paar Prothesen bezogen… Präsident Donovan:
Ein paar Prothesen! Soll wohl ein Witz sein! Johns:
Hohes Gericht, bitte diesen Herrn zur Ordnung zu rufen! Also, ich habe diese Prothesen bezogen. Schweigen wir davon, wie sie sind. Schweigen wir davon, daß ständig, ob ich gehe oder sitze, esse oder schlafe, in meinem Kopf etwas brummt, so daß ich in ein Einzelzimmer übersiedeln mußte, weil ich nachts meinen Bruder aufgeweckt habe. Schweigen wir davon, daß ich durch diese gepriesenen Genioxen, die einfach Umarbeitungen ausrangierter Rechenmaschinen sind, in Zählsucht verfallen bin, so daß ich fortwährend alles zählen muß, Katzen und Glatzen und Pfähle und Leute auf der Straße und weiß Gott was sonst noch alles. Darüber werde ich mich nicht verbreiten. Jedenfalls hatte ich die redliche Absicht, alle Forderungen zu begleichen, aber zu Geld kann ich nur dadurch kommen, daß ich Rennen gewinne. Indessen hatte ich eine Pechsträhne, verfiel in Depressionen, verlor den Kopf und… Anwalt: