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»Ich bin in nichts mehr dogmatisch.« Sie lächelte. »Das wenigstens habe ich gelernt.«

O'Donnell fragte sich, wie von seinem Standpunkt aus eine Ehe mit Lucy aussehen mochte. Würde sie liebevoll und anschmiegsam sein? Oder war ihr Leben zu weit und zu lange auf parallelen Gleisen verlaufen, als daß sie es jetzt noch ändern und sich anpassen konnte? Wie mochten sie ihre Mußestunden verbringen, wenn sie verheiratet wären? Würden ihre Gespräche vertraulich sein und sich mit ihrem Privatleben befassen? Oder würden sie vom Krankenhaus reden? Würden beim Abendessen Krankengeschichten auf dem Tisch liegen und der Nachtisch mit diagnostischen Problemen gewürzt werden? Er sagte: »Wissen Sie, Lucy, ich war immer der Ansicht, daß wir vieles gemeinsam haben.«

»Ja, Kent«, antwortete Lucy, »das glaube ich auch.«

O'Donnell trank sein Glas aus und stand auf, um zu gehen. Er war sich bewußt, daß sie beide sehr viel mehr gesagt hatten, als ihre Worte ausdrückten. Jetzt wollte er Zeit, um darüber nachzudenken und alles genau zu überlegen. Es ging um zuviel für eine hastige Entscheidung.

»Sie brauchen wirklich noch nicht zu gehen, Kent. Bleiben Sie, wenn Sie mögen.« Lucy sagte es einfach, und er wußte, wenn er bliebe, hing es von ihm ab, was als nächstes geschah.

Er war halb geneigt, zu bleiben, aber seine Vorsicht und die Gewohnheit siegten. Er nahm ihre Hände. »Gute Nacht, Lucy. Wir wollen uns das alles überlegen.«

Als sich der Fahrstuhl hinter ihm schloß, stand sie noch in der offenen Tür ihres Apartments.

VI

»Ich habe Sie hierhergebeten«, sagte O'Donnell zu der Gruppe um den Tisch im Sitzungszimmer, »weil ich Sie um Ihre Unterstützung bitten möchte.«

Die anderen hörten aufmerksam zu. Von den Gebetenen waren alle außer Reubens erschienen, der für diese Zeit eine Bruchoperation angesetzt hatte.

O'Donnell fuhr fort: »Ich denke, es ist uns allen bekannt, daß wir in der Pathologie vor einem Problem stehen. Ich glaube, Sie werden mir auch zustimmen, daß dieses Problem sowohl persönlicher als auch medizinischer Natur ist.«

»Was für ein Problem?« Das war Charlie Dornberger. Der alte Geburtshelfer stopfte seine Pfeife, während er sprach. »Ich glaube nicht, daß ich ganz verstehe, worauf Sie hinauswollen, Kent.«

O'Donnell hatte etwas Derartiges erwartet. Er wußte, daß Dornberger und Pearson eng befreundet waren. Höflich erwiderte er: »Ich möchte Sie bitten, mich zu Ende anzuhören, Charlie. Ich werde versuchen, mich klar auszudrücken.«

Methodisch legte er die Schwierigkeiten dar, um die es sich handelte - die Verzögerungen bei den pathologischen Befunden, die steigenden Anforderungen, die das Krankenhaus an die pathologische Abteilung stellte, seine persönlichen Zweifel, daß Joe Pearson allein sie erfüllen konnte. Er berichtete den Vorfall mit Bill Rufus' Patientin, wandte sich an Rufus um dessen Bestätigung und schilderte im Anschluß den Fall, den er an diesem Morgen von Reubens erfahren hatte. Er schilderte ferner sein eigenes Gespräch mit Pearson und die Weigerung des alten Mannes, einen zweiten Pathologen zu akzeptieren. Er schloß mit den Worten: »Ich bin überzeugt, daß wir einen neuen Mann brauchen, um Joe zu helfen. Ich möchte Sie um Ihre Unterstützung bitten, um das durchzusetzen.«

»Auch ich habe mir Gedanken über die Pathologie gemacht.« Unmittelbar nach O'Donnell ergriff Harvey Chandler, der Chef der inneren Abteilung, das Wort, als wolle er sichergehen, daß das Protokoll gewahrt werde. Seine Worte hatten den Ton, als ob er einer wohlüberlegten Meinung nachdrücklich Ausdruck geben wolle. Wie üblich enthielt selbst seine einfachste Erklärung einen leicht bombastischen Ton. Er fuhr fort: »Aber in Anbetracht von Joe Pearsons Haltung kann sich die Sache als schwierig erweisen. Schließlich ist er der Leiter der Abteilung, und wir müssen alles vermeiden, was so ausgedeutet werden könnte, als wollten wir seine Autorität untergraben.«

»Das ist ganz meine Ansicht«, erwiderte O'Donnell, »und deshalb suche ich ja Unterstützung.« Er klopfte mit dem Finger auf den Tisch, um seine Worte zu unterstreichen. »Ihre Unterstützung, um Joe Pearson davon zu überzeugen, daß es anders werden muß.«

»Ich weiß nicht, ob die Art unseres Vorgehens ganz richtig ist«, meinte Bill Rufus.

»Weshalb, Bill?« O'Donnell bemerkte, daß Rufus heute eine seiner weniger aufdringlichen Krawatten trug. Sie hatte nur drei statt der sonst üblichen vier grellen Farben.

»Ich glaube nicht, daß ein paar von uns, die sich in dieser Weise zusammensetzen, das Recht haben, über Veränderungen in der Pathologie zu verhandeln.« Rufus sah die anderen der Reihe nach an. »Gewiß, ich habe mit Joe Pearson Schwierigkeiten. Das haben wohl die meisten von uns. Aber das bedeutet noch nicht, daß ich mich einer geheimniskrämerischen Verschwörung anschließe, um ihn auszubooten.«

O'Donnell war froh, daß dieser Punkt aufgeworfen wurde, und er war darauf vorbereitet. »Darf ich mit allem Nachdruck versichern«, erklärte er, »daß weder meinerseits noch bei irgend jemand anderem die Absicht besteht, Dr. Pearson« - er sah Rufus an - »auszubooten, wie Sie es bezeichneten.« Ein allgemeines Murmeln stimmte ihm zu.

»Betrachten Sie es folgendermaßen«, fuhr O'Donnell fort. »Allgemein scheint man darin übereinzustimmen, daß ein Wandel in der Pathologie unerläßlich ist. Schon allein wegen der pathologischen Befunde. Jeder Tag Verzögerung in Fällen, in denen Operationen notwendig sind, bedeutet eine Gefährdung der Patienten. Ich weiß, daß ich diesen Punkt nicht weiter hervorzuheben brauche.«

Harry Tomaselli warf dazwischen: »Wir sollten auch nicht vergessen, daß durch unnötige Verzögerungen Krankenhausbetten belegt werden, die wir dringend brauchen. Unsere Warteliste für die Aufnahme ist immer noch sehr lang.«

O'Donnell ergriff wieder das Wort: »Selbstverständlich könnte ich mich auch an den Exekutivausschuß wenden, statt das Problem in dieser Weise anzufassen.« Er schwieg kurz. »Wenn es sein muß, werde ich das auch tun. Aber ich glaube, Sie wissen, was dann geschieht. Joe ist selbst ein Mitglied des Exekutivausschusses, und da wir Joe alle kennen, wissen wir, daß jede Diskussion zu einer schweren Auseinandersetzung ausarten wird. Und was hätten wir damit gewonnen, wenn wir in dieser Form auf eine Klärung der Frage drängen? Wir hätten Joe Pearson bewiesen, daß er seine eigene Abteilung nicht mehr in der Hand hat. Und damit würden wir medizinisch und in jeder anderen Weise unser eigenes Ansehen und das des Krankenhauses untergraben, wie Harvey es gerade bezeichnet hat.« O'Donnell dachte noch an etwas anderes, worüber er hier nicht sprechen konnte, daran, daß er auch Pearsons Einfluß auf die alte Garde im Krankenhausausschuß und die hauspolitischen Auswirkungen berücksichtigte, die eine schwerwiegende Auseinandersetzung nach sich ziehen mußte.

»Ich will damit nicht sagen, daß ich mich Ihnen anschließe, aber was wollen Sie vorschlagen?« Diese Frage kam von Charlie Dornberger. Er akzentuierte seine Worte mit Puffen an seiner Pfeife, während er sie in Brand setzte.

Rufus schnüffelte. »Wir beeilen uns wohl besser. Hier wird man bald nicht mehr atmen können. Importieren Sie diesen Kameldung selbst, Charlie?«

Während die anderen lächelten, entschloß sich O'Donnell, sie einzuweihen. »Mein Vorschlag, Charlie, besteht darin, daß Sie mit Joe sprechen - in unser aller Namen.«

»O nein.« Dornbergers Reaktion entsprach weitgehend dem, was O'Donnell erwartet hatte. In überredendem Ton fuhr er fort: »Charlie, wir wissen, daß Sie ein enger Freund von Joe sind, und das hatte ich berücksichtigt, ab ich Sie zu dieser Besprechung bat. Sie könnten ihn in diesem Punkt überreden.«

»Mit anderen Worten, ich soll für Sie das Kriegsbeil schwingen«, antwortete Dornberger trocken.

»Charlie, glauben Sie mir: es ist kein Kriegsbeil.«

Dr. Charles Dornberger zögerte. Er bemerkte, daß die anderen ihn beobachteten, während sie auf seine Antwort warteten. Er war unschlüssig. Sollte er das tun, worum O'Donnell ihn bat? Er wurde von zwei widerstrebenden Empfindungen hin und her gerissen: seiner Anteilnahme an dem Wohl des Krankenhauses und seiner persönlichen Freundschaft mit Joe Pearson.