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»Darauf können Sie sich verlassen«, antwortete O'Donnell, und dann fügte er hinzu: »Jedenfalls danke ich Ihnen sehr für Ihre Mühe, Charlie.«

Anschließend führte Dornberger ein zweites Telefongespräch. Diesmal mit Mrs. John Alexander, die am Vormittag angerufen und ihre Telefonnummer hinterlassen hatte. Ehe er anrief, sah er in seiner Patientenkartei nach und erinnerte sich, daß sie die Frau eines Laboranten in der Pathologie war, die ihm Joe Pearson empfohlen hatte. Von Mrs. Alexander erfuhr er, daß sie gerade erst in Burlington angekommen war. Sie vereinbarten einen Termin in der kommenden Woche, an dem sie Dornberger in seiner Privatsprechstunde in der Stadt aufsuchen solle.

Etwa zur gleichen Zeit, als Mrs. Alexander mit Dornberger sprach, wurde ihr Mann zum erstenmal von Dr. Joseph Pearson abgekanzelt. Das geschah auf folgende Weise.

Nach Pearsons Ausbruch an diesem Morgen über die schlechten Schnitte kam Bannister in das serologische Labor zurück, wo Alexander arbeitete, und berichtete ihm den ganzen Vorfall. Bannister kochte inzwischen selbst vor Wut und ließ später einen Teil seines Ärgers an den beiden Laborantinnen und ihrem Helfer aus, die im angrenzenden histologischen Labor arbeiteten. Alexander hörte durch die Tür, die Bannister hinter sich offenstehen ließ, alles mit an.

Ihm war es allerdings klar, daß die Schuld an den schlechten Präparaten nicht ausschließlich die Laboranten in der Histologie traf. Trotz der kurzen Zeit, die er in dem Krankenhaus war, hatte er schon erkannt, wo das wirkliche Problem lag. Darum sagte er nachher zu Bannister: »Wissen Sie, Carl, ich glaube nicht, daß es allein ihre Schuld ist. Ich finde, sie haben zuviel zu tun.«

Mürrisch antwortete Bannister: »Wir haben alle zuviel zu tun.« Und mit plumpem Hohn fügte er noch hinzu: »Aber wenn Sie schon soviel davon verstehen, können Sie ja vielleicht zu Ihrer eigenen Arbeit den anderen noch einen Teil abnehmen.«

Alexander ließ sich dadurch nicht provozieren. »Das ist kaum möglich. Ich glaube aber, daß alles viel besser ginge, wenn sie einen automatischen Einbettungs- und Schneidapparat benutzten, statt alles auf die altmodische Weise mit der Hand zu machen.«

»Kümmern Sie sich darum nicht, mein Junge. Das geht Sie gar nichts an«, antwortete Bannister hochmütig und herablassend. »Und außerdem ist hier alles, was mit Geldausgaben verbunden ist, von vornherein gestorben.«

Alexander sagte nichts weiter, war aber entschlossen, bei der ersten Gelegenheit, die sich bot, die Frage Pearson gegenüber anzuschneiden.

An diesem Nachmittag mußte er eine Reihe von Berichten Pearson zur Unterschrift in sein Büro bringen. Er traf den Pathologen an, wie er offensichtlich ungeduldig einen Stoß Post durchlas. Pearson blickte kurz zu Alexander auf, gab ihm dann einen Wink, die Papiere auf den Schreibtisch zu legen, und las weiter. Alexander zögerte und der alte Mann bellte ihn an: »Sonst noch was? Was gibt's denn?«

»Dr. Pearson, darf ich mir einen Vorschlag erlauben?«

»Muß das gerade jetzt sein?«

Ein Erfahrener hätte erkannt, daß sein Ton bedeutete: Laß mich in Ruhe. Alexander antwortete aber: »Ja, Sir.«

Seufzend sagte Pearson: »Also, was wollen Sie?«

Etwas nervös begann Alexander: »Es ist wegen der pathologischen Befunde, Doktor.« Als er pathologischen Befunde< sagte, legte Pearson seinen Brief hin und sah ihn scharf an. Alexander fuhr fort: »Ich frage mich, ob Sie schon einmal daran gedacht haben, einen automatischen Einbettungsund Schneidapparat anzuschaffen.«

»Was verstehen Sie vom Gewebepräparieren?« Pearsons Stimme hatte einen drohenden Klang. »Überhaupt, ich denke, Sie sind der serologischen Abteilung zugeteilt worden, oder nicht?«

»Ich habe auf der Laborantenschule auch einen vollen Kurs in Histologie absolviert, Doktor«, erinnerte Alexander. Darauf folgte eine Pause. Als Pearson nicht antwortete, fuhr Alexander fort: »Ich habe mit einem automatischen Apparat gearbeitet, und das ist eine gute Maschine, Sir. Wir würden bei der Anfertigung der Schnitte mindestens einen Tag einsparen. Statt das Gewebe mit der Hand in all den verschiedenen Lösungen vorzubereiten, schaltet man über Nacht den Apparat ein und hat am Morgen..«

Pearson unterbrach ihn scharf: »Ich weiß, wie sie arbeitet. Ich habe sie gesehen.« Alexander sagte: »Ich verstehe, Sir. Dann glauben Sie nicht.«

»Ich sagte, ich habe diese sogenannten automatischen Apparate gesehen und sie haben mich nicht beeindruckt.« Pearsons Ton war hart und ungnädig. »Die Schnitte haben nicht die gleiche Qualität, wie wenn sie mit der Hand angefertigt werden. Außerdem sind diese Maschinen teuer. Sehen Sie das hier?« Er wischte durch einen Stoß ausgefüllter Formulare in einem Korb auf seinem Schreibtisch.

»Ja, Sir.«

»Das sind Einkaufsanforderungen für Dinge, die ich in der Abteilung brauche. Und jedesmal, wenn ich sie weiterreiche, habe ich einen Kampf mit dem Verwaltungsdirektor. Er behauptet, wir geben zuviel Geld aus.«

Alexander hatte seinen ersten Fehler begangen, als er seinen Vorschlag zu einem Zeitpunkt vorbrachte, an dem Pearson ihn nicht hören wollte. Nun beging er seinen zweiten Fehler. Er mißverstand Pearsons Antwort als Aufforderung, das Gespräch fortzusetzen.

Er sagte besänftigend: »Aber wenn es doch einen ganzen Tag einsparen würde, vielleicht sogar zwei.« Sein Ton wurde eindringlicher. »Dr. Pearson, ich habe Schnitte gesehen, die mit dem Apparat angefertigt wurden, und die waren wirklich gut. Vielleicht wurde die Anlage, die Sie sahen, nicht richtig bedient.«

Jetzt erhob sich der alte Mann von seinem Stuhl. Worin Alexanders Provokation auch bestehen mochte, er hatte die Grenze zwischen Arzt und Laborant überschritten. Den Kopf vorgebeugt, schrie Pearson: »Nun reicht es mir. Ich habe gesagt, daß ich an diesem automatischen Apparat nicht interessiert bin und nicht beabsichtige, darüber zu diskutieren.« Er kam um seinen Schreibtisch, bis er unmittelbar vor Alexander stand, sein Gesicht dicht vor dem des jungen Mannes. »Und ich will Sie an noch etwas erinnern. Ich bin hier der Pathologe, und ich leite diese Abteilung. Ich habe nichts gegen Vorschläge, solange sie vernünftig sind. Aber halten Sie sich in Ihren Grenzen, verstanden?«

»Ja, Sir.« Gedemütigt und beschämt, aber ohne im geringsten zu verstehen, ging Alexander an seine Arbeit im Labor zurück.

Mike Seddons war den ganzen Tag in Gedanken versunken gewesen. Ein paarmal mußte er sich zusammenreißen und sich bewußt zwingen, seine Gedanken auf die Arbeit zu richten, die er gerade vor sich hatte. Einmal, während einer Obduktion, mußte McNeil ihn warnen. »Sie haben Ihre Hand gerade unter dem Stück, das Sie schneiden. Wir legen Wert darauf, daß die Leute, die bei uns arbeiten, ihre Finger alle wieder gesund mitnehmen.«

Seddons änderte schnell seinen Griff. Es wäre nicht das erstemal, daß ein unerfahrener Assistent sich mit einem der rasiermesserscharfen Instrumente in der Pathologie einen Finger samt dem Handschuh abhackte.

Dennoch schweifte seine Aufmerksamkeit immer wieder ab und wandte sich der ständig auftauchenden Frage zu: Was versetzte ihn an Vivian so in Unruhe? Sie war anziehend und begehrenswert, und er war darauf versessen, so bald wie möglich mit ihr ins Bett zu gehen - darüber machte sich Mike Seddons keine Illusionen. Auch sie schien dazu bereit, wenn man annahm, daß der Schmerz in ihrem Knie am Abend vorher echt gewesen war. Und das glaubte er jetzt. Er hoffte, daß sie noch das gleiche wie gestern empfand, obwohl es dafür natürlich keine Garantie gab. Manche Mädchen waren so wankelmütig. An einem Tag waren sie für die exotischsten Intimitäten zu haben, und beim nächstenmal wiesen sie sogar die geringfügigste Annäherung zurück und taten so, als ob die frühere Begegnung nie stattgefunden habe.

Aber bei ihm und Vivian war mehr als lediglich Sex im Spiel. Mike Seddons begann sich zu wundern. Ganz gewiß hatte keine der früheren Episoden - und deren hatte es einige gegeben - ihn so gründlich zum Nachdenken veranlaßt, wie es jetzt der Fall war. Ein neuer Gedanke ging ihm durch den Kopf: Vielleicht wurde ihm alles andere klarer, wenn seine sexuellen Wünsche befriedigt waren. Er entschloß sich, Vivian um eine weitere Verabredung zu bitten, und der heutige Abend war, vorausgesetzt, daß sie Zeit hatte dazu, so geeignet wie jede andere Stunde.