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Carl Bannister ordnete Papiere auf Dr. Pearsons Schreibtisch, als Coleman an dem Arbeitszimmer des Pathologen anklopfte und eintrat.

»Guten Morgen.«

Überrascht blickte der erste Laborant auf. Es war ungewöhnlich, daß so früh am Morgen Besucher kamen. Die meisten im Krankenhaus wußten, daß Joe Pearson selten vor zehn Uhr im Krankenhaus erschien, manchmal wurde es noch später.

»Guten Morgen.« Er erwiderte den Gruß nicht allzu freundlich. Am frühen Morgen war Bannister nie in der besten Laune. Er fragte: »Suchen Sie Dr. Pearson?«

»In gewisser Weise, ja. Ich beginne heute hier zu arbeiten.« Als er Bannisters Überraschung bemerkte, fügte er hinzu: »Ich bin Dr. Coleman.«

So ähnlich muß eine Henne reagieren, wenn man ihr Knallfrösche unterschiebt, dachte Coleman. Bannister ließ die Papiere schnell fallen und kam fast im Laufschritt um den Schreibtisch herum. Sein kahler Schädel glänzte. »Oh, verzeihen Sie, Doktor. Das wußte ich nicht. Ich habe zwar gehört, daß Sie kommen, hatte aber keine Ahnung, daß es so bald sein würde.«

Ruhig antwortete Coleman: »Dr. Pearson erwartet mich. Ist er übrigens schon im Haus?«

Bannister schien schockiert. »Dazu ist es noch zu früh. Er wird kaum vor zwei Stunden kommen.« Sein Gesicht verzog sich zu einem vertraulichen Von-Mann-zu-Mann-Lächeln. Er schien zu sagen: Ich erwarte, daß Sie die gleichen Arbeitsstunden einhalten, sobald Sie hier nicht mehr neu sind.

»Ah so.«

Während Coleman sich umsah, fiel Bannister ein, daß er etwas versäumt hatte. Er sagte: »Übrigens, Doktor, ich bin Carl Bannister, der erste Laborant.« Mit wohlüberlegter Liebenswürdigkeit fügte er hinzu: »Ich nehme an, wir werden viel miteinander zu tun haben.« Aus Prinzip riskierte Bannister gegenüber jedem, der ihm vorgesetzt war, nichts.

»Ja, das nehme ich auch an.« Coleman war sich nicht sicher, ob ihm die Aussicht besonders zusagte. Aber er drückte Bannister die Hand und sah sich dann nach einem Platz um, wo er den leichten Regenmantel aufhängen konnte, den er mitgebracht haue. Der Wetterbericht hatte am frühen Morgen Gewitter im Verlauf des Tages vorausgesagt. Wieder bemühte Bannister sich eifrig, gefällig zu sein und einen guten Eindruck zu machen.

»Geben Sie mir Ihren Mantel.« Er fand einen Kleiderbügel und hängte den Mantel auf dem Bügel sorgfaltig an einen Haken neben der Tür.

»Danke«, sagte Coleman.

»Nichts zu danken, Doktor. Soll ich Sie jetzt durch die Labors führen?«

Coleman zögerte. Vielleicht war es richtiger, auf Dr. Pearson zu warten. Andererseits waren zwei Stunden eine lange Zeit, um nur herumzusitzen, und er konnte in der Zwischenzeit ebensogut etwas tun. Die Labors würden ohnehin sein Arbeitsbereich sein. Was machte es also aus? Er antwortete: »Einen Teil der Labors hat mir Dr. Pearson bereits gezeigt, als ich vor ein paar Wochen hier war. Aber ich werde sie mir noch einmal ansehen, falls Sie nicht zuviel zu tun haben.«

»Nun, wir haben natürlich immer viel zu tun, Doktor, aber ich nehme mir gern die Zeit für Sie. Es ist mir sogar ein Vergnügen.« Bannisters Gedanken waren unglaublich leicht zu durchschauen.

»Hier, bitte.« Bannister hatte die Tür zum serologischen Labor geöffnet und trat beiseite, um Coleman vorzulassen. John Alexander, der Bannister seit der Auseinandersetzung am Abend vorher noch nicht gesehen hatte, blickte von der Zentrifuge auf, in die er gerade eine Blutprobe einsetzte.

»Das ist John Alexander, Doktor. Er ist kürzlich bei uns eingetreten.« Carl Bannister erwärmte sich an der Rolle des Fremdenführers. Er fügte scherzend hinzu: »Noch nicht ganz trocken hinter den Ohren. Kommt unmittelbar von der Fachschule, nicht wahr, John?«

»Wie Sie meinen«, antwortete Alexander unverbindlich. Die Herablassung ärgerte ihn, aber er wollte nicht grob werden.

Coleman trat vor und streckte seine Hand aus. »Ich bin Dr. Coleman.«

Während sie sich die Hände schüttelten, fragte Alexander interessiert: »Dann sind Sie der neue Pathologe, Doktor?«

»Ja, das bin ich.« Coleman sah sich um. Wie bei seinem vorhergehenden Besuch konnte er sehen, daß hier sehr vieles anders wer den mußte.

Bannister sägte großspurig: »Sehen Sie sich nur um, Doktor. Betrachten Sie sich alles, was Sie wollen.«

»Danke.« Coleman wandte sich wieder Alexander zu und fragte: »Woran arbeiten Sie gerade?«

»An einem Blutsensibilitätstest.« Er deutete auf die Zentrifuge. »Diese Probe stammt übrigens von meiner Frau.«

Coleman stellte fest, daß dieser junge Laborant ihm erheblich besser gefiel als Bannister, jedenfalls in der äußeren Erscheinung. »Wann erwartet Ihre Frau das Kind?« fragte er.

»In etwas über zwei Monaten.« Alexander balancierte die Zentrifuge aus, schaltete sie ein und griff dann nach der Zeiteinstellung. Coleman bemerkte, daß seine Bewegungen knapp und flink waren. In der Art, wie der junge Mann mit seinen Händen arbeitete, lag etwas Müheloses, Fließendes. Höflich fragte Alexander: »Sind Sie verheiratet, Doktor?«

»Nein.« Coleman schüttelte den Kopf.

Alexander schien im Begriff, eine weitere Frage zu stellen, unterdrückte sie dann aber.

»Wollten Sie noch etwas fragen?«

Für einen Augenblick entstand eine Pause. Dann entschloß sich Alexander. »Ja, Doktor. Das würde ich gern«, antwortete er.

Ob es nun Ärger gibt oder nicht, dachte Alexander, zumindest konnte er seine Zweifel offen aussprechen. Gestern abend nach der Auseinandersetzung mit Bannister, war er versucht gewesen, die ganze Frage des dritten Sensibilitätstests mit den Blutproben, die ins Labor kamen, fallenzulassen. Er entsann sich nur zu gut der Abfuhr, die er von Dr. Pearson bei seinem letzten Vorschlag erhalten hatte. Mit diesem neuen Arzt schien sich allerdings besser reden zu lassen. Und selbst wenn er der Ansicht war, daß Alexander sich irrte, schien es nicht wahrscheinlich, daß er daraus eine große Szene machen würde. Alexander wagte es also. »Es geht um die Bluttests, die wir hier zur Sensibilitätsbestimmung durchführen.«

Als er sprach, wurde ihm bewußt, daß Bannister im Hintergrund stand. Der erste Laborant bewegte seinen Kopf in gespannter Aufmerksamkeit hin und her, damit ihm nichts entging, was gesagt wurde. Jetzt trat er verärgert und aggressiv vor, um Alexander zur Ordnung zu rufen. »Hören Sie mal. Wenn Sie mit der gleichen Geschichte wie gestern abend anfangen wollen, behalten Sie das besser für sich.«

Coleman fragte interessiert: »Über was sprachen Sie gestern abend?«

Bannister ignorierte die Frage und fuhr in zurechtweisendem Ton zu Alexander fort: »Ich will nicht, daß Dr. Coleman mit diesen Geschichten, schon fünf Minuten, nachdem er hier ankommt, belästigt wird. Haben Sie verstanden?« Er wandte sich Coleman zu und setzte sein automatisches Lächeln auf. »Das ist nur eine verrückte Idee von ihm, Doktor. Wenn Sie jetzt mit mir weiterkommen wollen, zeige ich Ihnen das histologische Labor.« Er legte eine Hand auf Colemans Arm, um ihn fortzuführen.

Ein paar Sekunden bewegte Coleman sich nicht. Dann griff er nach unten und schob die Hand nachdrücklich von seinem Arm fort. »Einen Augenblick noch«, sagte er ruhig. Dann zu Alexander: »Handelt es sich um eine medizinische Frage? Hat es mit der Laborarbeit zu tun?«

Alexander vermied geflissentlich, in Bannisters finsteres Gesicht zu sehen und antwortete: »Ja, Doktor.«

»Also gut. Lassen Sie hören.«

»Die Frage wurde durch den Test für meine Frau aufgeworfen«, antwortete Alexander. »Sie ist Rh-negativ, und ich bin Rh-positiv.«

Coleman lächelte. »Das ist bei vielen Eheleuten der Fall. Daraus ergibt sich noch kein Problem, solange der Sensibilitätstest negativ ausfällt.«

»Das ist ja gerade der Punkt, Doktor, der Test.«

»Wieso?« Coleman war verwundert. Ihm war durchaus nicht klar, worauf der junge Laborant hinauswollte.

Alexander erklärte: »Ich bin der Ansicht, wir sollten bei Sensibilitätstests mit allen Blutproben einen indirekten Coombs-Test ausführen, nach den Tests in Salzlösung und konzentriertem Protein.«